Das einem Menschen eingesetzte Schweineherz war mit einem Virus infiziert

Seite 2: Die Herausforderungen der Xenotransplantation

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Die Übertragung von Schweineviren auf den Menschen ist besorgniserregend. Manche befürchten, dass die Xenotransplantation eine Pandemie auslösen könnte, wenn sich ein Virus im Körper eines Patienten anpasst und dann auf Ärzte und Krankenschwestern übergreift. Diese Befürchtung könnte so schwerwiegend sein, dass die Patienten lebenslang überwacht werden müssten.

Der spezielle Virustyp, der in Bennetts Spenderherz gefunden wurde, sei jedoch nicht in der Lage, menschliche Zellen zu infizieren, sagt Jay Fishman, ein Spezialist für Transplantationsinfektionen am Massachusetts General Hospital. Fishman ist der Ansicht, dass es "kein wirkliches Risiko für den Menschen" gibt, dass sich das Virus weiter ausbreitet.

Das Problem ist vielmehr, dass das Schweinezytomegalievirus mit Reaktionen in Verbindung gebracht wird, die das Organ und den Patienten schädigen können – mit katastrophalen Folgen. So berichteten deutsche Forscher vor zwei Jahren, dass Schweineherzen, die Pavianen transplantiert wurden, bei Vorhandensein des Virus nur ein paar Wochen überlebten, während Organe, die nicht infiziert waren, mehr als ein halbes Jahr überleben konnten.

Diese Forscher erklärten, dass sie in Schweineherzen, die von Pavianen entfernt wurden, "erstaunlich hohe" Viruswerte gefunden haben. Sie glauben, dass das Virus nicht nur deshalb verrückt spielen könnte, weil das Immunsystem der Paviane mit Medikamenten unterdrückt wurde, sondern auch, weil das Immunsystem des Schweins nicht mehr vorhanden war, um das Virus in Schach zu halten. Es "erscheint sehr wahrscheinlich, dass dasselbe auch beim Menschen passieren könnte", warnten sie damals.

Für Joachim Denner vom Institut für Virologie der Freien Universität Berlin zufolge, der die Studie geleitet hat, liege die Lösung des Problems in genaueren Tests. Das US-Team scheint die Schweineschnauze auf das Virus getestet zu haben, aber oft lauert es tiefer im Gewebe.

"Es ist ein latentes Virus und schwer zu entdecken", sagt Denner. "Aber wenn man das Tier besser testet, wird das nicht passieren. Das Virus kann nachgewiesen und leicht aus Schweinepopulationen entfernt werden. Aber leider haben sie kein gutes Testverfahren verwendet und das Virus nicht nachgewiesen, und das war der Grund: Das Spenderschwein war infiziert, und das Virus wurde durch das Transplantat übertragen".

Denner hält das Experiment nach wie vor für einen "großen Erfolg". 1967 überlebte der erste Patient seine Herztransplantation nur 18 Tage. Zwei Jahre später hielt ein transplantiertes Herz in Deutschland nur 27 Stunden durch. Denner zufolge kann Bennetts Tod nicht allein auf das Virus zurückgeführt werden. "Dieser Patient war sehr, sehr, sehr krank. Das darf man nicht vergessen", sagt er. "Vielleicht hat das Virus dazu beigetragen, aber es war nicht der einzige Grund."

Bennetts Todesursache ist von Bedeutung, denn wenn sein Herz infolge einer Immunabstoßung versagt hat, müssten die Forscher möglicherweise zum Zeichenbrett zurückkehren. Stattdessen wird nun erwartet, dass Unternehmen wie United Therapeutics und eGenesis oder Wissenschaftler, die mit ihnen zusammenarbeiten, innerhalb von ein bis zwei Jahren klinische Versuche mit ihren Schweineorganen starten werden.

Bennett wurde ein Schweineherz angeboten, nachdem Griffith bei der US-Zulassungsbehörde FDA eine Sondergenehmigung für eine einmalige Transplantation eines Tierorgans beantragt hatte. Er galt als guter Kandidat für den gewagten Versuch, da er kurz vor dem Tod durch Herzversagen stand und aufgrund seiner medizinischen Vorgeschichte hinsichtlich der Missachtung ärztlicher Ratschläge kein menschliches Herz zur Transplantation erhalten konnte. Am 31. Dezember letzten Jahres teilte die FDA Griffith in einer E-Mail mit, dass er Bennett wegen "irreversiblen Herzversagens" behandeln könne, wenn der Patient und die Ethikbeauftragten zustimmten.

Bennetts Zustand blieb die ganze Zeit über labil. Doch nach der Operation drückte sein neues Schweineherz kräftig und sah "super normal" aus, so Griffith. Selbst eine am 34. Tag entnommene Biopsie zeigte keine Anzeichen des befürchteten Immunangriffs. "Es war wirklich erstaunlich. Man spricht mit diesem Mann und er hat ein Schweineherz. Er hat buchstäblich ein Schweineherz", sagte Griffith.

Das Ergebnis grenzte an ein Wunder, doch Griffith räumte ein, dass das Ärzteteam in Sorge war, ob es das Richtige tat. In gewisser Weise, so sagt er, waren sie wie eine "blinde Gruppe von Eichhörnchen", die in dem Bemühen herumeilten, Bennetts beispiellosen Zustand in den Griff zu bekommen.

Um die Gesundheit des Schweineherzens im Auge zu behalten, so Griffith, überprüfte das Team seinen Patienten ständig mit einer Reihe modernster Bluttests. Mit einem DNA-Sequenzierer wurde sein Blut auf schwimmende Fragmente von Schweinegenen untersucht – jede Zunahme wäre ein Zeichen dafür, dass Herzzellen absterben. Ein weiterer neuartiger Test, der von einer Firma namens Karius entwickelt wurde, untersuchte Bennetts Blut auf Spuren von Hunderten von Bakterien und Viren.

Dieser Test, der 20 Tage nach Bennetts Operation durchgeführt wurde, ergab den ersten "kleinen Ausschlag" über das Vorhandensein des porcinen Cytomegalovirus, so Griffith. Aber die Werte waren so niedrig, dass das Team dachte, das Ergebnis könnte ein Irrtum sein, zumal die Schweine angeblich garantiert keimfrei waren.

Die Ärzte sahen sich mit einem weiteren Problem konfrontiert: Die Durchführung des speziellen Bluttests dauerte etwa zehn Tage. Sie konnten also noch nicht wissen, dass sich das Schweinevirus in Bennetts neuem Herzen schnell zu vermehren begann und das auslöste, was Griffith jetzt für eine mögliche "Zytokin-Explosion" hält – einen Sturm von Immunmolekülen.

Auch ohne aktuelle Tests wurde um den 43. Tag des Experiments herum ein ernstes Problem deutlich. An diesem Tag wachte Bennett auf, fühlte sich warm an und atmete schwer. "Er sah wirklich komisch aus. Irgendetwas ist mit ihm passiert. Er sah infiziert aus", sagte Griffith. "Er war unaufmerksam und wollte nicht mehr mit uns sprechen."

Die Ärzte sahen sich mit einem Problem konfrontiert, das in der Transplantationsmedizin häufig auftritt: Wie kann man Infektionen bekämpfen und gleichzeitig das Immunsystem des Patienten unter Kontrolle halten? Und sie wurden auch durch das behindert, was sie nicht wussten. Nicht nur, dass sie das wahre Ausmaß der Infektion noch nicht kannten, sondern auch, dass laut Griffiths Bericht noch nie ein Mensch gegen dieses spezielle Schweinevirus behandelt worden war.

Am Ende verabreichten sie Bennett als letztes Mittel ein Medikament namens Cidofovir, das manchmal bei AIDS-Patienten eingesetzt wird. Da sein Immunsystem so geschwächt war, verabreichten sie ihm außerdem intravenös Immunglobulin-Antikörper, die von Blutspendern stammen.