Deglobalisierung: Wie sich das globale Dorf verändert

Das Leben im globalen Dorf wird unbehaglich. Eine Generation nach dem Fall des Eisernen Vorhangs war die Menschheit vernetzt wie nie zuvor. Nun ändert es sich.

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Lesezeit: 24 Min.
Von
  • Ulf J. Froitzheim
Inhaltsverzeichnis

Es gibt sie noch, die Kontinentaleuropäer mit Wohnsitz und Arbeitsplatz auf der Insel. Benjamin Moll ist einer von ihnen. Der Deutsche studierte Anfang der Nullerjahre Volkswirtschaft an der renommierten London School of Economics (LSE), machte seinen Doktor in Chicago, wurde mit 35 Professor in Princeton und kehrte 2019 aus den Trump-Staaten an seine Alma Mater zurück. Seitdem erlebt der Makroökonom mit, wie es den Alltag verändert, wenn eine Regierung Brücken zur Nachbarschaft abbricht, weil eine knappe Wählermehrheit der manchmal mühsamen Verständigung mit verbündeten Völkern überdrüssig ist und den nationalen Alleingang vorzieht.

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Lässt er sich etwas aus Deutschland kommen, bleibt das Paket jetzt halt erst mal im Zoll hängen – ein befremdlicher Anachronismus für seine im Binnenmarkt sozialisierte Generation. Das Comeback der Außenhandelsbürokratie kostet aber nicht nur Expats wie ihn Zeit, Geld und Nerven. Britische Unternehmer hätten dauernd Schwierigkeiten mit Zollangelegenheiten, erzählt Moll – und nennt die Rolle rückwärts, mit der sich das Vereinigte Königreich seit nunmehr sechs Jahren abquält, beim Namen: "Der Brexit ist ein Beispiel von Deglobalisierung."

Dieses Schlagwort gehört zum aktuellen Pflichtvokabular all jener, die am Diskurs darüber teilnehmen möchten, was in der modernen Industriegesellschaft, im Welthandel und den internationalen Beziehungen nicht mehr so weitergehen kann wie in den vergangenen Jahrzehnten. Die einschlägigen Begriffe beginnen alle mit der Vorsilbe "De", also "weg von": Die Dekarbonisierung will weg vom Verbrennen fossilen Kohlenstoffs, die Degrowth-Bewegung weg vom Dogma des nie endenden Wachstums, das Decoupling weg von problematischen wirtschaftlichen Verflechtungen oder von einem Wachstum, das an der Ausbeutung natürlicher Ressourcen hängt. Die Deglobalisierung macht das Quartett komplett. Unter dem Begriff lassen sich alle Strategien und Verhaltensweisen zusammenfassen, die der Globalisierung – also dem freien internationalen Austausch von Gütern, Dienstleistungen, Kapital und Arbeitskraft – entgegenwirken. Er wird aber auch rein deskriptiv verwendet, um Trends zu beschreiben, wie die Rückkehr protektionistischer Bestrebungen oder den Umstand, dass China immer mehr Konsumgüter selbst produziert und deshalb weniger importieren muss.

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