Der Einheizer

Seite 3: Der Einheizer

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Muss der professionelle Journalismus vor dieser Bewegung, die immer mehr Anhänger findet, Angst haben? Schließlich werden dort ebenfalls Inhalte in den großen Online-Kosmos eingespeist. Hinzu kommt: Nirgendwo lassen sich Fehler von Mainstream-Medien besser aufdecken und zurückverfolgen als im Internet. Watchblogs wie Bildblog tun das täglich und halten Profis den Spiegel vor – eine Tatsache, die für Journalisten anfangs ungewohnt war, sie aber auch zu besserer Arbeit anspornen kann.

Basic will sich den Schuh der starren Konfrontation zwischen "Old Media" und "New Media" allerdings nicht anziehen: Auch als einer der deutschen "Alphablogger", die sich gerne in den Konflikt verbeißen, gibt er erstaunlich ungern den Journalistenjäger. Stattdessen hat er einige gut gemeinte Ratschläge parat, die er auch an einer Journalistenschule vermittelt sehen würde: "Professionalität leitet sich von Dauerhaftigkeit, bewusstem Umgang mit dem Fach und dem steten Aufbau der eigenen Fähigkeiten ab", sagt er und hat kein Problem damit einzuräumen, dass dies dem Mitmachnetz, in dem sich die Blogger tummeln, nicht per se innewohne.

Engagement und Liebe zum Beruf seien für Profis wichtig: "Daran scheint es hin und wieder dem einen oder anderen Schlechtverdiener unter den Journalisten zu mangeln." Das Problem: Mit schlechten Texten grenze man sich als Medienmacher von Millionen anderer schreibender Publisher-Amateure eben nicht ab. "Solange letztlich Worte Macht haben und Journalisten die Wortkunst beherrschen, muss man sich aber keine Sorgen machen um die Zukunft der schreibenden Zunft." Der Durst der Menschen nach Informationen bleibe unstillbar. Vorbilder aus dem Journalismus hat Basic trotzdem keine, die brauche er nicht. Journalist will er keiner sein.

"Wozu alles im stillen Kämmerlein?"

Es gibt Momente, in denen fürchtet sich Basic davor, zu viel Macht zu entwickeln. Er versucht dann, seine Leser bewusst in ungewohnte Richtungen zu lotsen: "Wenn zu viele Menschen auf einen hören, wird es schnell undemokratisch." Das sei im Internet inzwischen genauso wie in geschlossenen oder gelenkten Massenmedien, schließlich sei die erreichbare Zielgruppe inzwischen gigantisch. Die Zukunft des Journalismus sieht Basic daher auch in der Zusammenarbeit: "Wozu alles im stillen Kämmerlein? Ein iterativer, offener Prozess kann ungemein spannender sein", appelliert er – und empfiehlt Medienarbeitern, ihre Sozialkompetenz auch aufs Digitale anzuwenden, beispielsweise, den Aufbau von Informantennetzen über das Web zu intensivieren. Tradition sei durchaus angebracht. Die Rückbesinnung auf den Journalismus im eigentliche Sinne sieht Basic dabei als einziges verbliebenes Alleinstellungsmerkmal gegenüber der zunehmenden Intelligenz von Maschinen, die Nachrichtenrohmaterial von Agenturen inzwischen erstaunlich gut filtern und aufbereiten könnte wie etwa Google News. Nur mit eigenem Material seien klassische Medien ökonomisch künftig tragbar, Redaktionsetats müssten in Dinge investiert werden, die Journalismus vom Einheitsbrei abheben. Mit dieser Haltung dürfte Basic bei vielen etablierten Online-Chefredakteuren wie Hans-Jürgen Jakobs von sueddeutsche.de oder Jochen Wegner von focus.de offene Türen einrennen.

Was das Bloggen anbetrifft, ist Basic vorsichtig optimistisch. Der Wirbel der letzten Monate sei zwar vorbei und nicht jede Firma brauche eine solche Webpräsenz. Doch die gefühlte Krise habe eben auch damit zu tun, wie die Medien mit dem Phänomen umgegangen seien: Bloggen sei erst zum heißesten Trend in Deutschland hochgeschrieben worden, bevor es zu einem Medium auf dem absteigenden Ast tituliert wurde. "Es muss viel geschrieben werden, damit die Leute in die Köpfe bekommen, dass sie jetzt so einfach publizieren können." Dass die "Szene" gerne von einem hippen Thema zum nächsten zieht, ist auch Basic bewusst: Aktuell sei das der Online-Kommunikationsdienst Twitter, über den man in 140 Zeichen sms-mäßig der Menschheit mitteile, was man gerade tue oder was man gerade fühle. Basic selbst sieht das eher locker und wundert sich manchmal, wie es die Leute schaffen, bei solchen Diensten noch mitzuziehen. Süchtig nach immer neuem Input ist er selbst inzwischen nämlich nicht mehr – er hat kein Problem damit, wenn er ab und zu etwas verpasst. "Wenn es wirklich wichtig war, kriegt man es ja doch irgendwie etwas später mit."

Wenn man Basic nach seinen Plänen für die kommenden Jahre fragt, reichen diese erstaunlich weit in die Zukunft: Bloggen würde er am liebsten noch mit 80 Jahren. Auf der Plattform Basic Thinking wird das aber vielleicht nicht mehr sein: Kurz vor Redaktionsschluss entschied sich Basic, sein altgedientes deutsches Blog zu verkaufen, um mit einem englischsprachigen Netztagebuch namens Buzzriders, das sich aktuellen Mobile-Computing-Trends widmen soll, weiter zu machen. Die Online-Auktion sorgte Basic-typisch im deutschen Web für viel Wirbel, mancher Journalist schrieb schon den Tod der deutschen Blogs herbei. Basic ficht das nicht an: "Ich mache das, weil ich die Idee mag, alle zwei Jahre etwas Neues zu machen." Am ersten Versteigerungstag kamen immerhin bereits über 20.000 Euro an Geboten zusammen. Mein Haus, mein Himmel, mein Blog – nun auch bei eBay für am Ende immerhin 46.902 Euro. (bsc)