Die Augen des Computers

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Der kommerzielle Wert guter Gesichtserkennungsverfahren steigt unterdessen. Dutzende Firmen wollen Geld mit Systemen verdienen, die Zugangsberechtigungen biometrisch absichern oder Menschen überprüfen sollen. Neben Konzernen wie Toshiba und Samsung traten deshalb auch kleine Unternehmen wie Neven Vision (kürzlich von Google aufgekauft) sowie Viisage und Identix (demnächst unter dem Namen L1 Identity Solutions fusioniert) beim Wettbewerb an. Auch Universitäten waren zahlreich vertreten – Peking, Cambridge, Carnegie Mellon, um nur einige zu nennen. Aber was hat zum Beispiel Google mit Gesichtserkennung vor? Laut Pressestelle will die Firma die Technik seiner Akquisition Neven Vision beispielsweise in Web-Foto-Dienste wie Picasa integrieren: "Wir glauben, dass das Nutzern hilft, ihre eigenen Fotos zu durchsuchen und zu organisieren."

Die Carnegie-Mellon-Forscher leisten derweil Amtshilfe. Laut Forscher Gross arbeitet man etwa mit örtlichen Führerscheinstellen zusammen – und hilft, Betrugsfälle aufzudecken. So konnte man dank der Gesichtserkennungstechnologie schon Personen herausfinden, die versucht hatten, trotz Sperre unter einem falschen Namen einen neuen Führerschein zu beantragen. Auch Doppelbeantragungen wurden schon erkannt. Laut Gross werden ähnliche Verfahren bereits in elf US-Bundesstaaten verwendet.

Dennoch müssten sich die Bürger zunächst nicht vor Totalüberwachung fürchten. Der Abgleich von Führerscheinfotos sei noch weit von einer automatisierten Überwachung der Straßen einer Stadt mit Webcams entfernt. "Bei Führerscheinfotos arbeiten wir in einer Umgebung mit festgelegten Parametern. Man muss sein Gesicht immer exakt gleich ausrichten und die Bilder werden unter vergleichbaren Bedingungen aufgenommen." Das habe mit dem "Face in the crowd"-Problem wenig zu tun.

Den Weg in diese Richtung sieht der Forscher allerdings schon vorgezeichnet. Bis vor kurzem hätten die meisten Überwachungskameras noch auf Analogtechnik gesetzt – mit langen Kabeln bis zur Kontrollstation. Inzwischen steigt die Industrie aber auf Internet-basierte Lösungen um. Dank WLAN und Ethernet werde die Installation wesentlich erleichtert, so Gross: "Man kann schon digitale Videorekorder im Laden kaufen, die auf Bewegungen reagieren. Dank digitaler Speichermedien kann man die Bilder dann eine kleine Ewigkeit aufheben."

So dürfte es also nicht mehr lange dauern, bis Behörden mit Gesichtserkennungssoftware nach bestimmten Personen in einem Netzwerk aus Webcams suchen können werden. Gross macht sich deshalb durchaus Sorgen um die Privatsphäre – und arbeitet derzeit an einer Technologie, die Gesichtsbereiche in Überwachungskameras blockieren kann. Die ungesicherten Bilder würden dann nur im Ermittlungsfall freigegeben. "Das mag so klingen, als würden wir hier das Gegenteil von Gesichtserkennung treiben. Dabei gehören solche Verfahren eindeutig in dieses Feld", meint Gross. Eine ähnliche Privatsphären-Technologie wird auch an der University of California in Berkeley entwickelt. (bsc)