Die Neuerungen von Linux 2.6.31

Seite 6: Fazit, Statistik, Trends

Inhaltsverzeichnis

Zur wichtigsten Neuerung der gerade freigegebenen Kernel-Version zählt langfristig wohl die USB-3.0-Unterstützung. Besitzer einer PCI-Soundkarte aus der Soundblaster-X-Fi-Reihe von Creative dürfen sich sicher sehr über das Ende der Treiber-Odyssee freuen, auch wenn der aufgenomme Treiber zahlreiche Funktionen sowie Unterstützung für manche X-Fi-Hardware missen lässt.

Mit der KMS-Unterstützung für Radeon-Hardware und durch die Fokussierung auf KMS bei Intel etabliert sich die Technik mehr und mehr. KMS-Code für Nvidia-Chips ist bereits in Arbeit – dass er eine Aufnahme bei 2.6.32 schafft, scheint eher unwahrscheinlich, aber nicht vollkommen unmöglich.

Die rasante und von Entwicklern vieler unterschiedlicher Firmen mitgetragene Btrfs-Entwicklung lässt zudem Hoffnung aufkommen, dass das experimentelle Dateisystem schneller als ursprünglich erwartet reif für den Alltag wird – bis dahin gehen aber sicherlich noch mehrere Monate in Land.

Zu diesen wichtigsten Änderungen kommen bei der neuen Kernel-Version wie üblich haufenweise Detailverbesserungen, darunter das schnellere Booten bei Systemen mit neueren Southbridges von Intel, das renovierte Rfkill-Framework und die bessere Unterstützung für Stromspartechniken von WLAN-Hardware. Dutzende neue und überarbeitete Treiber verbessern zudem die Hardware-Unterstützung für Linux wieder erheblich.

Linux-
Version
Anzahl
Dateien¹
Zeilen
Quelltext²
(Ohne Doku)
Entwicklungs-
zeitraum
Anzahl
Commits³
Diffstat⁴
2.6.26 24270 9411724
(8535933)
88 Tage 9941 8676 files changed,
 595393 insertions(+),
 416143 deletions(-)
2.6.27 24354 9709868
(8690888)
88 Tage 10628 15127 files changed,
 1131171 insertions(+),
 912939 deletions(-)
2.6.28 25255 10195507
(9128690)
76 Tage 9048 11090 files changed,
 975689 insertions(+),
 490047 deletions(-)
2.6.29 26668 11010647
(9871260)
89 Tage 11718 10933 files changed,
 1347290 insertions(+),
 532055 deletions(-)
2.6.30 27879 11637173
(10419567)
78 Tage 11989 10259 files changed,
 1086737 insertions(+),
 460298 deletions(-)
2.6.31 29111 12046317
(10778469)
92 Tage 10883 8938 files changed,
 914135 insertions(+),
 504980 deletions(-)

Wer die Informationen in der kürzlich aktualisierte Studie "Linux Kernel Development: How Fast it is Going, Who is Doing It, What They are Doing, and Who is Sponsoring It: An August 2009 Update" interessant fand, findet Angaben zu den wichtigsten Entwicklern von Linux 2.6.31 in dem LWN.net-Artikel "Development statistics for 2.6.31".

Direkt nach der Fertigstellung von 2.6.31 beginnt nun das üblicherweise zwei Wochen lange Merge Window, in dem die Kernel-Entwickler den Großteil der Änderungen für die darauf folgende Kernel-Version in den Hauptentwicklungszweig integrieren. Für diese erste Phase im Entwicklungszyklus stehen schon wieder zahlreiche, teilweise bereits erwähnte Änderungen bereit.

Recht wahrscheinlich scheint die Aufnahme der vor allem im High-Availability(HA)-Umfeld genutzte Replikationslösung DRBD (Distributed Replicated Block Device). Die im Kernel-Log bereits erwähnten VGA-Arbitration-Patches dürften die Kernel-Hacker ebenfalls für 2.6.32 einpflegen; auch die KVM-Entwickler haben bereits zahlreiche Verbesserungen zur Aufnahme vorbereitet. Die Hyper-V-Treiber von Microsoft sollen vorerst nur in den Staging-Bereich einziehen, wo mit rt3090 ein weiterer WLAN-Treiber für Ralink-Chipsätze landen soll. Eine Mail von Verwalter des Staging-Zweigs listet zahlreiche andere in diesem Bereich vorgesehene Änderungen. Einigen der Staging-Treiber wird dabei der Rausschmiss angedroht, da sich niemand um deren Code kümmert – der Staging-Bereich sei keine Müllhalde für ungewarteten, toten Code ("First off, drivers/staging/ is NOT a dumping ground for dead code. If no one steps up to maintain and work to get the code merged into the main portion of the kernel, the drivers will be removed."). Möglicherweise fliegen die Hyper-V-Treiber daher schon bei Linux 2.6.33 wieder raus, da die für den Treiber zuständigen Microsoft-Entwickler verschwunden zu sein scheinen.

Mehr Infos

Entwicklungszyklus des Linux-Kernels

Durch den öffentlichen Entwicklungsprozess (und einen tiefen Blick in den Kaffeesatz) können das Kernel-Log und der von der Linux-Foundation gewartete Radarschirm des Linux Weather Forecast bereits bei der Vorstellung einer neuen Kernel-Version einige Neuerungen benennen, die die darauffolgende Version mitbringen dürften. [...] (...mehr...)

Gute Chancen für eine Integration bei 2.6.32 haben auch die Patches, die eine Nutzung der Stromsparmechanismen von I/O-Geräten zur Laufzeit ermöglichen – Details zu diesem "Core framework for run-time PM of I/O devices" liefert der LWN.net-Artikel "Runtime power management". Die schon bei der Vorstellung von 2.6.30 erwähnten Patches zum Nachrüsten des Ext3-Betriebsmodus "data=guarded" haben die Aufnahme bei 2.6.31 verpasst – der Entwickler plant einen weiteren Anlauf bei 2.6.32. Vermutlich nehmen die Kernel-Hacker auch die Unterstützung für Intels Simple Firmware Interface (SFI) auf, das bei der für Smartphones, Mobile Internet Devices (MIDs) und Embedded-Umgebungen abgestimmten Moorestown-Plattform zum Einsatz kommen soll.

Greg Kroah-Hartman hat zudem devtmpfs zur Aufnahme vorgeschlagen. Mit dessen Hilfe legt der Kernel das Device-Dateisystem selbst an, bevor später wieder das derzeit zu diesem Zweck genutzte Udev die Verwaltung übernimmt. Das soll den Startvorgang erleichtern und beschleunigen (siehe auch LWN.net-Artikel "The return of devfs"). Einige Kernel-Entwickler sind über die Idee aber alles andere begeistert, da es sie an das zu Zeiten von Linux 2.4/2.5 favorisierte Devfs erinnert, das sich nicht durchsetzen konnte und viele Probleme hatte.

Wie üblich wird das Kernel-Log in c't und auf heise open in den kommenden Wochen über die wichtigsten Neuerungen der nächsten Kernel-Version in einer Mini-Serie "Was 2.6.32 bringt" berichten. Parallel wird das reguläre Kernel-Log andere Entwicklungen im Umfeld des Linux-Kernels zusammenfassen – dazu zählen auch neue Versionen der Stable-Kernel-Series (2.6.x.y), die in den nächsten Wochen den einen oder anderen Fehler korrigieren dürften, der bei der Arbeit an 2.6.31 übersehen wurde.

Ungefähr Ende November dürfte Torvalds dann die Linux-Version 2.6.32 freigeben, sofern er sich denn an den üblichen Entwicklungsrhythmus hält. Die wichtigsten Änderungen dieser Version wird dann wieder ein Kernel-Log wie dieses auf heise open zusammenfassen. (thl/c't) (thl)