Kernel-Log: X-Server 1.7 später; Compiz läuft auf neueren Radeon-GPUs; DRBD bald im Kernel

Neue Treiber von AMD, Intel und Nvidia sowie neue Kernel bringen zahlreiche Korrekturen und Verbesserungen im Grafikbereich. Compiz läuft mit X.org-Treibern auf neueren Radeon-GPUs. DRBD soll Bestandteil von Linux 2.6.32 werden.

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Von
  • Thorsten Leemhuis
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Auch einige Open-Source-Entwickler der Nordhalbkugel scheinen derzeit ihren Sommerurlaub zu genießen, denn von der Veröffentlichung von Microsofts Hyper-V-Treiber für Linux unter der GPL und den Diskussionen zwischen Linux-Gurus Alan Cox und Linus Torvalds abgesehen geht es derzeit vergleichsweise ruhig zu. Inaktiv ist die Open-Source-Gemeinde aber keineswegs, einiges Berichtenswertes für das Kernel-Log gibt es durchaus.

Nvidia hat vergangene Woche die Version 185.18.29 der eigenen proprietären Linux-Grafiktreiber freigegeben (x86-32, x86-64). Sie enthalten eine Reihe von Fehlerkorrekturen sowie kleinere Verbesserungen – insbesondere für das im vergangenen November vorgestellte Video Decode and Presentation API for Unix (VDPAU). Der Grafikchiphersteller arbeitet derweil an größeren Neuerungen und Unterstützung für OpenGL 3.2 in den Treibern der 190er-Reihe; deren aktuelle Vorabversion trägt die Versionsnummer 190.18.03.

Bereits zuvor hatte AMD die Version 9.7 seiner Catalyst oder Fglrx genannten proprietären Grafiktreiber für Linux veröffentlicht. Sie spielen wie ihre Vorgänger nicht mit den gar nicht mehr so neuen Linux-Kerneln 2.6.29 und 2.6.30 zusammen, obwohl 2.6.29 bereits vor über viereinhalb Monaten erschienen ist. Beide Kernel enthalten zudem eine Reihe von Treibern und Funktionen, die älteren Versionen fehlen – besonders in der Bredouille stecken so Anwender, die den proprietären AMD-Treiber einsetzen möchten, aber einen der nur in 2.6.29 oder 2.6.30 enthaltenen Treiber für eine andere Hardware-Komponente benötigen.

Die Open-Source-Entwickler bei X.org waren ebenfalls aktiv – Intel-Entwickler Keith Packard etwa hat die Version 1.6.3 des X-Servers von X.org veröffentlicht, die einige Fehler der Vorversion korrigieren soll. Freigegeben wurden auch neue Versionen zahlreicher X.org-Grafiktreiber, damit diese mit API und ABI des derzeit noch in Entwicklung befindlichen X-Servers 1.7 zusammenarbeiten. Dessen Fertigstellung war ursprünglich mal für Juli anvisiert, dann aber auf Mitte August verschoben worden. Diesen Termin werden die Entwickler wohl nicht halten können, denn das zuletzt für den 6. Juli geplante Branching im Quellcodeverwaltungssystem ist bis dato nicht erfolgt – somit hängen die Entwickler derzeit ungefähr einen Monat hinter dem derzeit aktuellen Zeitplan.

Die Intel-Entwickler haben derweil die Version 2.8 ihres Grafiktreibers veröffentlicht, die zum Grafiktreiberpaket 2009Q2 gehört. Wie erwartet erfordert er mindestens einen X-Server ab Version 1.6, da die Entwickler den Code zur Unterstützung von DRI1, EXA, XXA und NoAccel entfernt haben, um die Treiberpflege zu erleichtern. Mit der Ende August/Anfang September erwarteten Linux-Version 2.6.31 soll der Treiber am besten zusammenarbeiten, da sie einige Verbesserungen für GEM (Graphics Execution Manager) und Kernel-based Mode-Setting (KMS) enthält; den Einsatz von Letzterem empfehlen die Programmierer in den Freigabe-Mails. Intel-Entwickler Eric Anholt gibt in seinem Blog einen ausführlicheren Überblick über einige der Neuerungen der Version 2.8 und erwähnt einige Hintergründe zu den Arbeiten für die Version 2.9.

Einige weitere Geschehnisse rund um Linux-Treiber für Grafik-Hardware:

  • Nachdem Alex Deucher kürzlich größere Fortschritte bei den 3D-Treibern für die auf Radeon-Karten der Serie 2000, 3000 und 4000 eingesetzten R6xx- und R7xx-GPUs vermeldete, kündigte er vergangenes Wochenende in seinem Blog an, dass nun auch Compiz laufe. Es arbeitete zwar noch sehr langsam, das solle sich aber schon bald ändern.
  • X-Entwickler Peter Hutterer hat seine Serie "XI2 recipes" mit den Teilen 4, 5 und 6 fortgesetzt. Zwischenzeitlich hat der Programmierer auch die Hauptentwicklungsphase des für den X-Server 1.7 vorgesehenen Subsystems X Input 2 abgeschlossen.
  • Einige Entwickler arbeiten derzeit wieder verstärkt an einem "VGA Arbiter", der Kernel-seitig den Zugriff auf einige Ressourcen von Grafik-Hardware koordiniert, damit sich mehrere parallel laufende X-Server nicht ins Gehege kommen. Das soll unter anderem das Aufsetzen von Multiseat-Umgebungen vereinfachen. Details finden sich in Blog-Einträgen von Dave Airlie und Tiago Vignatti.

Die Betreuer der Linux-Stable-Series haben vor dem Wochenende die Versionen 2.6.27.29 und 2.6.30.4 veröffentlicht. Sie korrigieren einige Fehler und bringen kleinere Verbesserungen; bei der Freigabe rieten die Betreuer der Stable-Series allen Anwendern der jeweiligen Vorversionen wie üblich zum Wechsel auf die neuen Versionen, ohne explizit anzugeben, ob diese sicherheitsrelevante Fehler beheben.

Die Entwicklung von Linux 2.6.31 ist kürzlich bei der fünften Vorabversion angekommen. Die Liste mit bekannten Fehlern, die 2.6.30 nicht hatte, umfasste am Wochenende noch 28 ungelöste Probleme; die Liste der zwischen 2.6.29 und 2.6.30 eingeschleppten Fehler enthält 39 Fehler.

Auch die 2.4er-Serie haben die Entickler nicht vergessen: Ihr Betreuer Willy Tarreau veröffentlichte kürzlich die Versionen 2.4.37.3 und 2.4.37.4.

Einige Entwickler des Realtime-Trees haben diesen derweil auf die Version 2.6.31-rc4 portiert; in der Freigabe-Mail zu 2.6.31-rc4-rt1 liefert Thomas Gleixner einige Informationen zu den Änderungen und Verbesserungen.

  • Andrew Morton machte sich kürzlich auf der LKML für die Aufnahme von DRBD (Distributed Replicated Block Device) stark. Nach derzeitigem Anschein wird die vor allem im High-Availability(HA)-Umfeld genutzte Replikationslösung mit Linux 2.6.32 in den Hauptentwicklungszweigs einziehen; linux-next enthält DRBD bereits.
  • Frederic Weisbecker arbeitet weiter an Patches für ReiserFS, die die Nutzung des Big Kernel Lock reduzieren. Das verbessert die Performance teilweise – der Entwickler musste aber eingestehen, bislang keine größeren Belastungstests durchgeführt zu haben.
  • Die Dateisystem-Entwicklerin Valerie Aurora (ehemals Henson) hat die Geschichte des als "Next Generation Filesystem" für Linux auserkorenen Dateisystem Btrfs in dem LWN.net-Artikel "A short history of btrfs" zusammengefasst. Dabei geht sie auch auf die Unterschiede zu ZFS ein, an dem sie mitgearbeitet hat. In dem Artikel "Das Dateisystem Btrfs" hatte sich auch heise open kürzlich näher mit Btrfs beschäftigt.
  • Die Entwicklung des Dateisystems Tux3 ist vorübergehend zum Stillstand bekommen, weil andere Arbeiten den Hauptprogrammierer vollauf beschäftigen. Ext-Dateisystementwickler Theodore Tso gab derweil einige Ratschläge zum Fortkommen. Er fragt in dem Zusammenhang aber auch kritisch, wie sich Tux3 überhaupt von Btrfs abheben würde.
  • Mark Lord hat in den vergangenen Tagen an Unterstützung für das ATA-Trim-Kommando in hdparm gearbeitet; Details finden sich in den Freigabe-Mails zu hdparm 9.17, 9.18 und 9.20.
  • In einem als Video verfügbaren Vortrag hat der auf Powermanagement spezialisierte Kernel-Entwickler Matthew Garrett kürzlich auf dem Gran Canaria Desktop Summit versucht, einige Mythen rund um Stromspartechniken auszuräumen.
  • ACPI-Maintainer Len Brown hat kürzlich eine grobe Zusammenfassung der Diskussionen veröffentlicht, die auf dem im Rahmen des Montreal Linux Symposium abgehaltenen "Power Management mini-summit" zur Sprache kamen.
  • WLAN-Entwickler Johannes Berg hat die erste, als 0.1 bezeichnete Version des Programms rfkill veröffentlicht. Mit ihm und dem Rfkill-Framework neuerer Kernel lässt sich unter anderem der Status der vornehmlich bei Notebooks zu findenden Schiebeschalter oder Tastenkombinationen zum Ein- und Ausschalten von WLAN oder Bluetooth abfragen und überwachen.
  • Novell-Entwickler Gregory Haskins hat das AlacrityVM-Projekt sowie die AlacrityVM-Version 0.1 angekündigt. Bei AlacrityVM handelt es sich um einen auf KVM basierenden Hypervisor, der speziell für HPC (High-Performance Computing) und Echtzeit-Umgebungen optimiert ist.
  • Upstart-Entwickler Scott James Remnant hat die Version 0.6.3 von Upstart veröffentlicht.
  • In seinem Blog und auf der LKML hat Greg Kroah-Hartman angekündigt, Linux-Treiber für den VME Bus in den Staging-Bereich aufzunehmen. Zu verdanken sei das Martyn Welch, der fünf verschiedene und teilweise schon mehrere Jahre alten Code-Zweige zur Unterstützung des VME Bus zusammengeführt habe und sich mit den Copyright-Haltern auf eine Freigabe unter der GPL einigen konnte.
  • Die Gutenprint-Entwickler haben die Version 5.2.4 der Druckertreibersammlung veröffentlicht. Sie unterstützt mehrere Drucker, mit denen die Vorversion nicht zurecht kam.

Weitere Hintergründe und Informationen rund um Entwicklungen im Linux-Kernel und dessen Umfeld finden sich in den vorangegangen Ausgaben des Kernel-Logs auf heise open. (thl/heise open) (thl)