Die Neuerungen von Linux 3.0

Seite 2: Xen, Grafik, Netzwerk

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Auch wenn Torvalds die Neuerungen von Linux 3.0 herunterzuspielen versucht: Die neue Kernel-Version enthält durchaus einige wichtige Änderungen – von denen viele allerdings schon im Hauptentwicklungszweig gelandet sind, als alle Welt noch annahm, der nächste Kernel würde die Versionsnummer 2.6.40 tragen.

Unter den Änderungen findet sich das Storage-Backend für Xen (u. a. 1, 2, 3). Damit enthält der Kernel nun endlich alle essenziellen Komponenten, um als Dom0 mit dem Xen-Hypervisor zusammen Gastsysteme zu hosten. Einige Xen-Entwickler liefern Hintergründe dazu in Blog-Einträgen (1, 2, 3, 4, 5, 6).

Bei dem in den Kernel integrierten Code handelt es sich allerdings um eine erheblich zusammengestrichene und überarbeitete Variante des Codes, den kommerzielle Xen-Produkte wie Citrix XenServer derzeit einsetzen. Der Funktionsumfang ist daher kleiner; es lassen sich beispielsweise keine USB-Geräte an Gäste durchreichen und Suspend-to-RAM funktioniert nicht.

Der Radeon-DRM/KMS-Treiber spricht jetzt auch den Grafikkern der Llano-Prozessoren an, die AMD kürzlich für Notebooks und Desktop-PCs eingeführt hat (u. a. 1, 2). Um Probleme wie dunkle Bildschirme zu vermeiden, ist die Audio-Ausgabe via HDMI für erste standardmäßig deaktiviert; sie lässt sich über den Kernel-Parameter radeon.audio=1 einschalten. Zudem gab es eine Änderung am Hilfetext zum Radeon-DRM/KMS-Treiber, die klarstellt, dass er jetzt jegliche Radeon-Grafikhardware unterstützt.

Der in Linux 3.0 enthaltene i915-DRM/KMS-Treiber für Intel-Grafikchips in Prozessoren und Chipsätzen für Notebooks und Desktop-PCs soll bereits jetzt den Grafikern der Ivy-Bridge-Prozessoren ansteuern können, die Intel vermutlich erst Anfang nächsten Jahres einführen wird (u. a. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7). Der Kernel und dessen Nouveau-DRM/KMS-Treiber erhielten einige Grundlagen zur Unterstützung verschiedener Techniken, die beim Umschalten zwischen Prozessor-/Chipsatz-Grafik und GeForce-Grafikchips involviert sind (u. a. 1, 2, 3); bei neueren Notebooks nennt Nvidia das "Optimus".

Zum Netfilter-Code gehört jetzt ein "Berkeley Packet Filter Just in Time Compiler" für x86-64-Systeme. Er erzeugt zur Laufzeit Assembler-Code, der einige Aufgaben zum Filtern von Netzwerkpaketen übernimmt, die etwa Sniffer-Werkzeuge wie Tcpdump den Kernel erledigen lassen. Der standardmässig deaktivierte JIT-Compiler lässt sich einschalten, indem man den Wert "1" in die Datei /proc/sys/net/core/bpf_jit_enable schreibt. Bei einer früheren Version des Compilers hat dessen Entwickler eine Beschleunigung um 50 Nanosekunden pro behandeltem Paket messen können.

Der WLAN-Stack des Kernels enthält jetzt grundlegende Unterstützung für die Konfiguration von Wake on Wireless LAN (WoWLAN) (1, 2). Neu ist auch der Treiber rtl8192se für die PCIe-WLAN-Chips RTL8191SE und RTL8192SE von Realtek (u. a. 1). Die im Rt2x00-Projekt entstandenen Kernel-Treiber für WLAN-Chips von Ralink bieten ab Linux 3.0 experimentelle Unterstützung für die USB-WLAN-Chipsätze der Baureihe RT5370. Der Treiber für die RT53xx-Familie gilt fürs erste weiter als experimentell, soll diese PCI-WLAN-Chips jetzt aber komplett unterstützten und besser funktionieren. Ähnlich verhält es sich bei den Treibern für die PCI- und USB-Chips für der RT33xx-Reihe, die den Status "experimentell" ablegen konnten. Die Treiber für Ralink-Chips sind derweil so weit gereift, dass die Kernel-Entwickler die von Ralink selbst entwickelten und später in den Staging-Zweig integrierten Treiber rt2860sta und rt2870sta rausgeworfen haben.