Die Open Source Development Labs (OSDL)

Die Arbeit der OSDL spiegelt die Entwicklung von Linux und Open Source wider. Mit zunehmender Reife treten technische Lösungen hinter juristischen Fragen und der Vermittlung zwischen Unternehmen, Open-Source-Community und Anwendern zurück.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 7 Min.
Inhaltsverzeichnis

Derzeit richten Die Open Source Development Labs (OSDL) ihren Schwerpunkt neu aus. Das ursprüngliche Ziel der im Sommer 2000 von Hewlett-Packard, IBM und Intel gegründeten Initiatve war es, Open-Source-Projekte in Hinblick auf den Unternehmenseinsatz voranzubringen, wobei man zunächst vor allem die technische Weiterentwicklung von Linux-Kernel und systemnahen Linux-Tools im Blick hatte.

Zu den Mitstreitern der ersten Stunde gehörten die Linux-Distributoren Caldera (mittlerweile in SCO aufgegangen), Red Hat, Suse (inzwischen Novell) und Turbolinux, außerdem Dell, der Linux-Supportanbieter Linuxcare, Embedded-Spezialist LynuxWorks, SGI und VA Linux (heute VA Software). Weitere Unternehmen – von Google über Siemens bis Xandros – schlossen sich der Initiative an; mittlerweile umfasst die Mitgliederliste gut 70 Unternehmen. Die OSDL-Mitglieder sorgen für das nötige Geld, um unter anderem einen umfangreichen Hardware-Zoo für Tests von Open-Source-Software vorzuhalten.

Zudem bezahlen die OSDL eine Reihe prominenter Open-Source-Entwickler. So sind seit 2003 Linux-Erfinder Linus Torvalds und der Maintainer des aktuellen Linux-Kernels 2.6, Andrew Morton, bei den OSDL beschäftigt. Anfang 2005 kam der Samba-Schöpfer Andrew Tridgell hinzu, der von hier aus die Arbeit an der kommenden Version 4 von Samba koordiniert.

Ende 2006 sehen die OSDL ihre ursprüngliche Mission – als Katalysator die technische Linux-Entwicklung voranzubringen – in weiten Teilen erfüllt: Open-Source-Software (OSS) ist in der IT-Welt angekommen. Linux hat seine Unternehmenstauglichkeit längst bewiesen, bei der Netzwerkinfrastruktur ist Open Source Standard. Im Bereich Datenbanken, Application Server und Middleware hat sich Open Source bereits als ernsthafte Alternative etabliert; mittlerweile versuchen Unternehmensanwendungen auf Open-Source-Basis von der Groupware über das ERP-System bis zur Business-Intelligence-Suite, ihren Platz in den Rechenzentren zu finden.

Entsprechend verschiebt sich der Schwerpunkt der Open Source Development Labs: Nicht mehr die technischen Möglichkeiten von OSS steht im Mittelpunkt der Arbeit; stattdessen will man andere drängende Fragen anpacken. Dazu gehören juristische Probleme rund um Lizenz- und Patentfragen, wie sie das Projekt [OpenSourceasPriorArt Open Source as Prior Art] addressiert (mehr dazu später), regionale Aktivitäten wie die Unterstützung lokaler Linux-Symposien und die Förderung einer engeren Zusammenarbeit zwischen der Open-Source-Community, OSDL-Mitgliedern und Anwendern. Und natürlich möchte man weiterhin ein sicherer Hafen für zentrale Entwickler wie Torvalds und Morton sein.

Aber in anderen Bereichen allerdings müssen Entwickler gehen: Neun von derzeit 28 Angestellten verlassen die OSDL; darunter auch der im Frühjahr 2003 eingestellte CEO Stuart Cohen, der in Zukunft Open-Source-Investitionen bei OVP Venture Partners betreuen wird, einem Venture Capitalist, der sich auf Technologiefirmen spezialisiert hat. Schon 2005 hatten die OSDL einige Entwickler entlassen; seitdem ist die Zahl der Angestellten kontinuierlich geschrumpft.

In den großen Initiativen der OSDL spiegelt sich ein Stück weit der Weg von Linux in die Unternehmens-IT wider. Erstes Großprojekt der OSDL war im Januar 2002 die Arbeitsgruppe Carrier Grade Linux (CGL), die Standards und Spezifikationen für den Einsatz von Linux in der Infrastruktur von Telekom- und Daten-Carriern entwickelte. Hier arbeiten mittlerweile fast vierzig Firmen mit. Die im Februar 2006 veröffentlichte Version 3.2 der Carrier Grade Linux Requirements Definition behandelt Themen wie Hochverfügbarkeit, Cluster, Performance, Wartung, Standards, Hardware und Sicherheit.

Ein halbes Jahr später nahm die Data Center Linux (DCL) Working Group ihre Arbeit auf mit dem Ziel, Linux rechenzentrumstauglich zu machen – zu einer Zeit, als der Abstand von Linux zu kommerziellen Unix-Varianten wie AIX und HP/UX noch uneinholbar schien. Unter Federführung von Bull und IBM widmet man sich ähnlichen Themen wie CGL, allerdings mit einem Fokus auf dem allgemeinen Servereinsatz. Hier kommen Aspekte wie Skalierbarkeit sowie einfache Administration und Benutzbarkeit hinzu.

Aktuell ist die Version 1.2 der DCL Goals und Capabilities, die auf knapp 250 Seiten die technischen Fähigkeiten von Linux für unterschiedliche Einsatzszenarien vom Infrastruktur-Server über Application Server bis zum Datenbank-Server beschreibt und neue Entwicklungen wie Virtualisierung aufgreift. Dazu kommen Anforderungen an das Ökosystem rund um Linux.

weiter: Desktop, Mobilgeräte, Patente