Die dumpfe Enttäuschung: 25 Jahre "Star Wars: Episode I"​

Seite 2: Lucas, der Linke

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Es ist kein Geheimnis, dass George Lucas ein bekennender Linker ist. Inspiration für die Hybris der Bösewichte Tarkin und Vader waren Nixon und Kissinger, den Look der Offiziersuniformen prägte überdeutlich das Dritte Reich. Pate für den Kampf der technisch unterlegenen Rebellen gegen das übermächtige Imperium war der Vietnamkrieg. Ob das die Ewoks rechtfertigt, sei dahingestellt.

Die Prequels benutzen Anakin Skywalker als Aufhänger für eine Parabel darüber, wie sich Demokratien von innen unterwandern lassen, bis sie zu Diktaturen mutieren. Als Vorbild dienten hier das Römische Reich und die Weimarer Republik. Während der Prequel-Dreharbeiten sah Lucas schockiert zu, wie die USA unter George W. Bush im Zuge des "War on Terror" immer autoritärer wurden – die Realität drohte, die Science Fiction einzuholen. Kurzentschlossen arbeitete Lucas in Teil II und III entsprechende Anspielungen ein.

Doch schon in "Episode I" verweisen die Namen zweier Handlanger des Bösen deutlich auf konservative US-Politiker: "Nute Gunray" ist eine Verschmelzung von Newt Gingrich und Ronald Reagan (Reagan > Ray Gun > Gunray); "Lott Dod" setzt sich aus den Nachnamen der US-Senatoren Trent Lott und Chris Dodd zusammen.

George Lucas hatte also ganz eindeutig eine Agenda, die er in den Prequels mal subtil umsetzte, mal mit dem Holzhammer. Diesmal plante er von Anfang an fest eine Trilogie, was "Episode I" deutlich anzumerken ist. Der ursprüngliche "Star-Wars"-Film steht komplett auf eigenen Beinen, die Fortsetzungen sind rein optional. Ganz anders "Episode I". Ohne die ursprüngliche Trilogie im Rücken und den folgenden Filmen ergibt die Handlung wenig Sinn.

Anakin Skywalker ist ein überdurchschnittlich begabter Neunjähriger, der gerne "Jippie" sagt und ganz offensichtlich eine große Zukunft vor sich hat. Die Hauptfigur, der Jedi-Ritter Qui-Gon, wird in einem Lichtschwert-Duell von einem unfairen Gegner getötet. Immerhin fällt letzterer kurz darauf zweigeteilt in den vermeintlichen Tod. (Das "Star Wars"-Universum ist für seinen akuten Mangel an Geländern berüchtigt.)

Es gibt eine clevere Prinzessin mit einem Double und ein großes doofes Alien mit Stielaugen und seltsamer Sprechweise. Irgendwelche Typen konspirieren wegen eines Handelsembargos mit irgendeinem Typen, der sein Gesicht im Schatten der Kapuze seines Bademantels verbirgt. Der Höhepunkt des Films jongliert mit vier Handlungssträngen – für Kinder mindestens zwei zu viel, für Erwachsene mindestens einer. "Episode I" besteht aus vielen Stücken, die nie zu einem kohärenten Ganzen verschmelzen.

Doch selbst wenn "Episode I" als Ganzes nicht überzeugt, ist der Film um ein Vielfaches besser als sein Ruf. Der Planet Naboo ist wunderschön anzusehen, sowohl die Städte der Landbewohner als auch die Unterwasserwelt der Gungans.

Bis zum echten Höhepunkt sind allerdings satte 55 Minuten abzusitzen: Das Pod-Rennen auf dem Wüstenplaneten Tatooine reißt einen auch 25 Jahre später noch in seinen Bann. Eine Viertelstunde lang zeigt sich "Die dunkle Bedrohung" von ihrer besten Seite: Hier sitzt jeder Schnitt, jede dramatische Wendung funktioniert. Wer hier kein bisschen mitfiebert, muss dem klinischen Tod nahe sein.

Der große Kampf um Naboo ist dann wiederum wieder etwas viel des Guten: Spätestens als sich die Handlung von drei auf vier Schlachtfelder verzweigt (Wiese, Palast, Weltraum und Jedi-Triell), wird es unübersichtlich. Vor allem aber untergraben die vielen Ortswechsel den dramatischsten Moment des Films, das tödliche "Schicksals-Duell" (Duel of the Fates).

Aber kritisieren ist leicht, besser machen ist schwer: Zu diesem Zeitpunkt sind die Handlungsstränge so dicht miteinander verwebt, dass nichts davon mehr verzichtbar ist. Hier war kein beherzter Schnitt mehr möglich – das Problem liegt im Drehbuch.

Zunächst wollte George Lucas die Prequels gar nicht selbst schreiben. Bei "Das Imperium schlägt zurück" und "Rückkehr der Jedi-Ritter" hatte Lawrence Kasdan das Drehbuch übernommen, der eine Mitarbeit an den Prequels jedoch ablehnte. Auch die Suche nach einem anderen Regisseur scheiterte: Weder Ron Howard noch Robert Zemeckis noch Steven Spielberg wollten den Job. Also war Lucas auf sich selbst gestellt, wie einst 1977.

Höhepunkte von "Star Wars: Episode I" (10 Bilder)

Wenn Sie dies lesen können, brauchen Sie keine Brille: Ohne ellenlangen Textvorspann wär's kein echtes Star Wars. (Bild: Lucasfilm / Disney)

Als er "Star Wars" schrieb, war Lucas noch in seinen frühen Dreißigern; zum Erscheinungstermin von "Episode I" war er gerade 55 geworden. Zwar soll Carrie Fisher ein bisschen mitgeholfen haben, aber im Großen und Ganzen ist George Lucas allein für alle Stärken und Schwächen des Drehbuchs verantwortlich. Er nutzte die Chance, um Dinge nachzuholen, die er schon lange unterbringen wollte – so stammt etwa der Name des Jedi-Ritters "Mace Windu" aus der allerersten Fassung des "Star-Wars"-Drehbuchs. Auch der hohe Gehalt an "Midi-Chlorianern" im Jedi-Blut war schon in alten Notizen vorgemerkt worden.