Die höchste CO2-Abgabe der Welt?

Unbeirrt vom neuen Präsidenten Trump will Kalifornien die Kosten für Kohlendioxid-Emissionen drastisch erhöhen: Ein neues Gesetz könnte sie so teuer machen wie nirgendwo sonst auf der Welt.

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Von
  • James Temple
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Ein Senator der demokratischen Mehrheit im US-Bundesstaats Kalifornien hat ein neues Gesetz vorgestellt, das auf einen der höchsten Preise für Kohlendioxid-Emissionen weltweit hinauslaufen würde. Die Einnahmen daraus sollen mehrere Milliarden Dollar pro Jahr betragen und mit der Zeit stetig zunehmen. Ungefähr 90 Prozent davon gehen in Form einer "Klimadividende" direkt an die Bürger im Bundesstaat zurück, wobei der exakte Mechanismus dafür noch nicht feststeht.

Die Gesetzesinitiative ist der jüngste Versuch der sechstgrößten Volkswirtschaft der Welt, eine führende Stellung in der Klimapolitik einzunehmen und einen Weg zu niedrigeren Treibhausgas-Emissionen aufzuzeigen, dem andere Bundesstaaten oder Länder folgen könnten.

"Das neue Cap-and-Trade-Programm für die Zeit nach 2020 zeigt die Entschlossenheit des kalifornischen Senats, die Wirtschaft im Bereich saubere Energie zu vergrößern, Gesundheit und Wohlergehen der Bürger zu schützen und die Verschmutzung in allen Teilen des Bundesstaats zu verringern", sagte Senator Bob Wieckowski von der Demokratischen Partei bei einer Pressekonferenz am Montag.

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Die so genannten Cap-and-Trade-Systeme sind marktbasierte Mechanismen, bei denen Unternehmen für eine begrenzte und mit der Zeit sinkende Menge an Zertifikaten für die Emission von Treibhausgasen bieten müssen. In seinem ersten Programm dieser Art, eingeführt 2013, organisiert Kalifornien quartalsweise Auktionen für große Kraftwerke, Fabriken und Treibstoff-Vertriebsfirmen mit einem steigenden Mindestpreis von derzeit 13,57 Dollar pro Tonne. Der Großteil des damit eingenommenen Geldes wird zur Finanzierung von Umweltprojekten in dem Bundesstaat verwendet.

Bei dem von Wieckowski vorgeschlagenen neuen System würde es einen Preiskorridor geben, also sowohl eine Ober- als auch eine Untergrenze für Kohlendioxid-Emissionen. In 2021 als dem ersten Jahr soll die Bandbreite zwischen 20 und 30 Dollar liegen, 2022 zwischen 20 und 40 Dollar; anschließend würde die Untergrenze pro Jahr um 5 Dollar und die Obergrenze um 10 Dollar erhöht, jeweils plus Inflationszuschlag. Die Obergrenze läge ab dem Start über dem Preis für Emissionen in den meisten europäischen Ländern und bald auch über der Steuer von rund 37 Dollar pro Tonne Kohlendioxid, die Kanada ab 2022 verlangen will. Irgendwann in den 2030er Jahren würde Kalifornien, wenn sich ansonsten nichts ändert, auch die Kohlendioxid-Steuer in Schweden übertreffen, die mit bis zu 110 Euro pro Tonne derzeit die höchste der Welt ist.

Das aktuelle Cap-and-Trade-System Kaliforniens wurde anfangs als Modell für andere Bundesstaaten gesehen. Jedoch hat es mit einer Reihe von Problemen zu kämpfen: Unter anderem gab es eine Klage der kalifornischen Handelskammer mit dem Argument, das Programm sei eine illegale Steuer, eine noch anhaltende Debatte darüber, ob es nach 2020 weiterlaufen kann, und geringe Nachfrage wegen der Unsicherheit über die zukünftige Regelung.

Adele Morris, Leiterin Politik beim Projekt für Klima- und Energieökonomie des Brookings Institute, ist dennoch optimistisch: Das neue Programm könne durch die Klärung der Rechtslage die Auktionen effektiver machen und das Bunkern von Zertifikaten für spätere Jahre beenden; außerdem biete es Informationen über die längerfristige Preisentwicklung.

Weil es Einnahmen erbringt, ist für die Verabschiedung des Gesetzes eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern der kalifornischen Legislative erforderlich. Anhänger glauben, dass dies gelingen könnte, weil die Demokraten derzeit eine Zwei-Fünftel-Mehrheit in beiden Kammern haben. Zudem könnten die Preisobergrenze und der Marktmechanismus dafür sorgen, dass auch einige moderate Republikaner zustimmen – zumal die direkten Rückzahlungen an Verbraucher bei den Wähler gut ankommen dürften.

(sma)