Einblicke in Microsofts Linux- Open-Source- Software-Lab

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Natürlich gibt es unterschiedliche Wege, um Wissen über OSS zu sammeln. Beispielsweise wäre es einfacher, auf die Interpretation der Daten anderer Organisationen zuzugreifen. In vielerlei Hinsicht wäre dieser Ansatz aber mit dem Versuch gleichzusetzen, ein fremdes Land zu verstehen, ohne jemals dort gewesen zu sein. Der Erwerb einer Sprach-CD oder eines Reiseführers mag einem Touristen den Eindruck vermitteln, er sei Teil der Kultur des Landes, das er bereist. In Wahrheit bleibt man so lange Tourist, bis man tatsächlich einige Zeit in dem Land gelebt hat.

Diese Philosophie verfolgen wir auch bei unserem Open-Source-Labor. Anstatt OSS "von außen" zu bewerten, ist es unser Ziel, uns in diese Welt zu vertiefen und Experten zu beschäftigen, die auf Fakten basierte, vorurteilslose und wissenschaftliche Informationen sammeln. Aufgabe des Labors ist, wissenschaftliche Erkenntnisse zusammenzutragen, welche die Aussagen belegen, die über Linux gemacht werden. Auf diese Weise muss Microsoft nicht über Linux philosophieren oder Mutmaßungen über OSS anstellen. Da das Labor Kompetenzzentrum für das Thema Open Source ist, werden den Produktteams aussagekräftige Daten und Schlussfolgerungen unserer Open-Source-Experten zur Verfügung gestellt, wenn diese zum Beispiel nach dem Status bei den Management-Tools für Linux oder beim Linux-Desktop fragen.

Als ich 2003 zu Microsoft kam, um das Linux-/Open-Source-Software-Labor aufzubauen und ein Team aus Linux- und Unix-Forschern zu leiten, damit das Unternehmen Kenntnisse über OSS gewinnen kann, war mir nicht ganz klar, dass man mich buchstäblich mit dem "Aufbau" des Labors beauftragt hatte.

Da die IT-Abteilung bei Microsoft praktisch nur Microsoft-Software nutzt, wurde mir die Aufgabe übertragen, ein Labor mit einer reinen Linux-/OSS-Umgebung aufzubauen. Das bedeutete: Mir stand ein Raum zur Verfügung. Die ersten Tage verbrachte ich in einem ziemlich leeren Raum und wartete, bis die IT-Leute über mir ein Netzwerkkabel durch ein frisch in die Deckenwand gebohrtes Loch gezogen hatten. Da stand ich nun und starrte auf das Stück Glasfaserkabel in meiner Hand, als die IT-Leute herunterkamen und sagten: "Das ist alles, was wir für dich tun können. Ab hier stehst du auf eigenen Füßen". Abgesehen von den Wänden, der Decke und einem Stückchen Kabel mussten wir das Labor von Grund auf aufbauen.

Die erste Phase bestand natürlich darin, Mitarbeiter einzustellen - das wichtigste Kapital in unserem Labor. Heute beschäftigen wir Vollzeitmitarbeiter und Subunternehmer, die alle Entwicklungsexperten oder Systemadministratoren im Bereich Open Source sind. Einige Teammitglieder, wie zum Beispiel Daniel Robbins, Gründer von Gentoo Linux, der Anfang 2005 zu Microsoft kam, sind führende Architekten oder Entwickler von Linux-Distributionen. Andere verfügen über weitreichende Unix-Kenntnisse und sind Autoren populärer Bücher über Unix oder Tools. Einige sind Sicherheitsexperten für Linux/OSS, Embedded Developers, Experten für Virtualisierung und Clustering oder Entwickler mit Erfahrung in den Bereichen GTK+, GNOME/KDE und Lokalisierung. Dazu kommen Mitarbeiter, die sich mit dem Einsatz von Microsoft-Produkten in großen Data-Center-Umgebungen wie MSN auskennen. Die Breite unserer Expertise im Team ist sehr eindrucksvoll; fast alle Teammitglieder haben Erfahrungen mit komplexen und stark gemischten IT-Umgebungen.

In der zweiten Phase musste das Labor eingerichtet werden. Wir schafften es, das Labor in knapp zwei Jahren mit einer enormen Anzahl unterschiedlicher Technologien und verschiedensten Hardware- und Software-Elementen sowie Anwendungen auszustatten. Mit über 300 Servern von Anbietern wie Dell, Hewlett-Packard, IBM, Microtel, Penquin, Pogo und Sun sowie über 20 Unix- und 48 Linux-Versionen, zu denen auch weniger bekannte Distributionen wie Asianux, CentOS und NetBSD gehören, ist das Linux-/Open-Source-Labor eines der am besten ausgestatteten Forschungslabors, die sich ganz auf Open Source konzentrieren.

Da Dutzende unterschiedliche Versionen verschiedenster Produkte permanent im Einsatz sind, können wir die Interoperabilität von Open Source in einer Vielzahl von Szenarien testen. Da wir unser eigenes Netzwerk und unsere eigenen Sicherheits-Services betreiben sowie unser Patching und Updating selbst durchführen, reproduziert unser Labor die tatsächlichen IT-Umgebungen bei unseren Kunden. Ich sage unseren Produktteams oft: "Wenn es euer Produkt durch dieses Labor schafft, dann wird es 90 Prozent der Linux-/Unix-/OSS-basierten Kundenumgebungen überleben."

Betriebssystem Version/Distribution
Windows Windows 2000 Server, Windows Server 2003 Enterprise, Windows Vista, Windows XP
Linux Arch Linux, Ark Linux, Asianux, Crux Linux, Debian, Fedora Core, Foresight Linux, Freedows, Linux From Scratch, Gentoo, Libranet, Mandrake Linux, Mandriva, MEPIS, Novell Open Enterprise Server, Red Hat Enterprise Linux, Red Hat Linux, Rocks, Slackware, SuSE Linux Enterprise Server, SuSE Linux Standard Server, SuSE Pro, Tinysofa, TurboLinux, Vector Linux, Vida Linux, Ubuntu
Unix AIX5L, FreeBSD, OpenBSD, NetBSD, Solaris, Java Desktop System
Andere MacOS

Tabelle 1: Installierte Betriebssysteme im Open-Source-Software-Lab

Hersteller Hardware
Compaq Proliant DL580, Proliant BL10e, nx5000
Dell PowerEdge 2450, PowerEdge 4350, PowerEdge 1855, PowerEdge 1500SC, Optiplex GX280, Optiplex GX270, PowerEdge 1855, PowerVault 745N
HP Proliant DL380, Proliant DL585
HP Compaq nx5000, D530
IBM xSeries x342, xSeries x340, xSeries x330, xSeries x350, pSeries 630
Microtel Computer System SYSMAR715
Neoware CA5
Pogo PW 1464, PW 1180, Vorticon64
Sun SunFire V240, SunFire V20Z, SunFire 280R
Toshiba Tecra M2, Protégé

Tabelle 2: Verwendete Hardware im Open-Source-Software-Lab (ohne Spezialanfertigungen)