Elektroautos: Neue Zellchemie für das Tesla Model Y

Tesla wird sein Model Y ab viertem Quartal 2022 mit einer neuen Zellchemie anbieten. Dann soll das SUV-Modell mit 72 kWh aus LFMP-Zellen auf den Markt kommen.

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Tesla Model 3

LFP- können zu LFMP-Zellen weiterentwickelt werden. Das soll die Energiedichte bei ähnlich niedrigen Kosten verbessern. Tesla, so berichten es chinesische Medien, wird solche LFMP-Zellen von CATL ins Model Y einbauen. Ob diese Version nach Deutschland kommt, ist unklar.

(Bild: Christoph M. Schwarzer)

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Von
  • Christoph M. Schwarzer
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Tesla wird das Model Y mit neuer Zellchemie in den Akkumulatoren anbieten. Das berichten chinesische Medien. Ab dem vierten Quartal soll das SUV Model Y mit 72 kWh Energieinhalt aus LFMP-Zellen auf den Markt kommen. Wann und ob diese Variante in Deutschland bestellbar sein wird, ist unklar.

Das Kürzel LFMP steht für Lithium-Eisen-Mangan-Phosphat. Diese Zusammensetzung ist eine Weiterentwicklung der LFP-Zellchemie (Lithium-Eisen-Phosphat), die in der Limousine Model 3 zum Verkauf steht. Der Zulieferer ist CATL, der größte Batterielieferant der Welt. Mehr als ein Drittel aller Batteriezellen kommen derzeit von CATL, wo für den neuen Typ die Bezeichnung M3P verwendet wird. Was kann LFMP?

Der Aufbau der meisten Zellen, die zu Traktionsakkus für Elektroautos in einem System zusammengefasst werden, ist ähnlich. Als Anodenmaterial kommt fast ausschließlich Graphit zum Einsatz. In einigen Elektroautos ist dem Graphit ein geringer Anteil Silizium beigemischt. An der Kathode dagegen gibt es deutliche Unterschiede. In Deutschland ist eine Mischung aus den Metallen Nickel, Kobalt und Mangan (NMC) am weitesten verbreitet. NMC-Kathoden haben eine besonders gute Energiedichte; es kann also pro Liter Bauraum und pro Kilogramm Gewicht relativ viel Strom gespeichert und abgegeben werden.

Tesla bietet das Model Y in Deutschland zurzeit nur als "Long Range" ("maximale Reichweite") und als "Performance" an. Beide Versionen haben Allradantrieb. Eine Einstiegsversion wie beim Model 3 mit Heckantrieb und preisgünstigen LFP-Zellen gibt es nicht.

(Bild: Tesla)

Viele Elektroautos sind um die Batterie konstruiert worden. Zwischen den Achsen steht viel Platz zur Verfügung. So viel, dass auch bei Zellen mit weniger Energiedichte eine angemessene Reichweite erzielt werden kann. Die teuren Kathodenmaterialien Nickel und Kobalt sind darum nicht mehr automatisch die erste Wahl.

Das beste Beispiel dafür ist Tesla: Die Basisversion des Model 3, die anders als zu Beginn (damals: Standard Range Plus) keinen Namenszusatz mehr trägt und auf den Allradantrieb Dual Drive verzichtet, nutzt kostengünstige LFP-Zellen mit Eisen und Phosphat an der Kathode. Die Reichweite ist mit 491 statt 602 km im Model 3 Long Range zwar geringer – aber ein Preisunterschied von fast 10.000 Euro (aktuell 49.990 statt 59.490 Euro laut Konfigurator) ist ein schwerwiegendes Argument.

In China wird das Model Y demnächst mit LFMP-Zellen angeboten. Sie sind eine Weiterentwicklung der bekannten LFP-Zellchemie. Durch die Beimischung von Mangan steigt die Energiedichte. Allerdings ist das Produktionsverfahren sensibel.

(Bild: Tesla)

Dazu kommt, dass LFP-Zellen sehr dauerhaltbar und unempfindlich sind: Das gefürchtete thermische Durchgehen ist unwahrscheinlich. Ein Abstrich ist allerdings das Ladeverhalten bei Minusgraden. Hier wird die elektrische Energie an der Ladestation zu Beginn genutzt, um die Zellen auf ihre optimale Betriebstemperatur zu bringen.

Die niedrigen Kosten sprechen klar für weitere Verbreitung von LFP-Zellen. Die Energiedichte nicht unbedingt, was vor allem bei Elektroautos mit weniger Platz zwischen den Achsen wichtig werden könnte. Also in Fahrzeugsegmenten, die unterhalb des Model Y liegen, bei denen die Kunden aber trotzdem eine gute Reichweite wollen.

Ob die 4680-Rundzellen noch eine hohe Relevanz bekommen werden, ist offen. Dieses Format kann mit unterschiedlichen Zellchemien produziert werden. Sollte Tesla von CATL oder BYD massenhaft preisgünstige Zellen mit anderen Bauformen erhalten, könnte das das Ende von 4680 bedeuten.

(Bild: Tesla)

"LFMP-Zellen würden in Elektroautos wie dem VW ID.3 oder dem Opel Corsa-e bei vertretbaren Kosten zu einer verbesserten Reichweite führen", sagt Prof. Dr. Markus Hölzle. Er leitet den Bereich Elektrochemische Energietechnologien am ZSW (Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg). Zuvor hatte Hölzle die Produktentwicklung für Batteriematerialien bei BASF verantwortet.

LFP könne chemisch zu LFMP erweitert werden, erklärt Hölzle. Durch den teilweisen Ersatz von Eisen durch Mangan wachse die Zellspannung. Dadurch steige die Energiedichte und mittelbar die Reichweite. Zwar sinke zugleich die Lade- und Entladeleistung, die aber sei bei den meisten Elektroautos ohnehin nicht der Engpass: "Die Herausforderung bei der Produktion ist, das Mangan präzise in die Struktur einzulagern. Sonst leiden die Stabilität und die Dauerhaltbarkeit." LFP sei ein gutmütiges robustes Material, während LFMP sensibel ist: LFMP ist sowohl bei der Produktion als auch bei der Verarbeitung anspruchsvoll.

Die Einstiegsversion des Model 3 hieß zu Beginn Standard Range Plus und hatte noch Kobalt in der Mischung des Kathodenmaterials. Heute ist jede Zusatzbezeichnung entfallen, und LFP-Zellen enthalten weder Kobalt noch Nickel. Die Erweiterung zu LFMP könnte eine harte Konkurrenz werden.

(Bild: Christoph M. Schwarzer)

Das traut sich CATL offenbar zu. Die Energiedichte von LFMP-Zellen schätzt Professor Hölzle rund 20 Prozent höher als bei LFP-Zellen. Damit reicht man zwar noch nicht an NMC-Zellen heran; in der Abwägung von Kosten und Eigenschaften ergibt sich aber eine attraktive Kombination.

Einmal mehr zeigt sich die Zusammenarbeit von CATL als Lieferant und Tesla als Autohersteller innovationsstark. Stand heute gibt es keine heckgetriebenes Einstiegsvariante fürs Model Y wie beim Model 3. Aktuelle Meldungen sagen, dass der Konkurrent BYD die Blade-Batterie mit LFP-Zellen nach Grünheide liefern wird. LFMP-Zellen von CATL wären eine ideale Ergänzung – oder die härteste Konkurrenz.

(fpi)