Elektromobilität: Teslas richtungsweisende Pläne
Bei Tesla gibt es zurzeit vier große Projekte, den batterieelektrischen Pick-up Cybertruck, ein 25.000-Dollar-Elektroauto, das Robotaxi und die Powerwall 3.
- Christoph M. Schwarzer
Tesla hat angeblich über zwei Millionen Reservierungen für den Cybertruck: Kaufwillige zahlen 100[ ]US-Dollar für diese digitale Wartemarke. Das Geld gibt es auf Wunsch jederzeit zurück. So lange ist es Teil eines gigantischen, zinslosen Kredits. Kommt es zum Kauf, werden die 100 US-Dollar angerechnet. Der Cybertruck, dessen Prototyp im November 2019 gezeigt wurde, hat bis heute keinen Starttermin. Aber die Serienversion des elektrischen Pick-up-Trucks wurde zuletzt immer häufiger auf US-amerikanischen Straßen gesehen. Gerne mit einer Tarnfolie, die an Konkurrenten wie den Ford F-150 oder den Toyota Tundra erinnert. Es kann nicht mehr lange dauern bis zu einer jener Veranstaltungen mit Elon Musk, die von der Community gefeiert werden, als wäre Steve Jobs auferstanden: Das Launch Event steht unmittelbar bevor.
Der Hype um den Cybertruck geht an der deutschen Öffentlichkeit weitgehend vorbei. Der simple Grund: Pick-up-Trucks spielen bei uns eine untergeordnete Rolle. Marktführer in Deutschland ist der Ford Ranger (Test), gefolgt vom Dodge Ram und dem Toyota Hilux (Test). Es ist unklar, ob der Cybertruck überhaupt nach Europa kommt, obwohl es eine offizielle Webpräsenz gibt. Die Vorgaben der EU-Zulassung zu erfüllen ist zwar keineswegs ausgeschlossen, doch stellt sich die Frage, ob es sich ein Export in die alte Welt überhaupt lohnt. Die Priorität für Tesla liegt klar auf dem US-Markt, wo der Ford F-150 über Jahrzehnte so etwas wie der VW Golf bei uns war. Überhaupt haben Pick-up-Trucks anderswo eine viel größere Bedeutung, vor allem auf dem gesamten amerikanischen und dem afrikanischen Kontinent.
Serien-Cybertruck fünf Prozent kleiner als der Prototyp
Bekannt ist, dass die Serienversion des Cybertrucks etwa fünf Prozent kleiner als der Prototyp wird. Es wird keine farbigen Lackierungen geben, sondern lediglich eine Beschichtung für den blanken Edelstahl. Besonders widerstandsfähig sollen die Scheiben sein. Vielleicht sind sie sogar schussfest. Eine Ankündigung, die bei der Vorstellung 2019 grandios an einer geworfenen Metallkugel scheiterte. Es kann trotzdem niemand bezweifeln: Der Cybertruck ist one more thing von Tesla. Er ist zwingend notwendig für die Weltstrategie der Marke. Die Preise dürften bei geschätzten 60.000 US-Dollar beginnen.
Kommt der Cybertruck nach Europa, könnte er auch bei uns zu einem Boom der Pick-up-Trucks führen. Wahrscheinlicher aber ist, dass das nicht passiert und das kantige Design auf Wunsch von Elon Musk auf eines der beiden Elektroautos unterhalb von Model 3 und Model Y übertragen wird.
Cybertruck-Kanten fürs "25.000-Dollar-Auto" Model Q
In der Community ist vom 25.000-Dollar-Elektroauto die Rede. Das lässt sich nicht eins zu eins in deutsche Verkaufspreise übertragen, weil Preise in den USA meistens ohne Mehrwertsteuer angegeben werden. Außerdem orientiert sich die Autoindustrie an jeweiligen Konkurrenz. Nach heutigem Marktgefüge sollte eher mit mindestens 35.000 Euro gerechnet werden.
Das sogenannte Gigacasting – also die Fertigung von großen Karosserieteilen durch Druckguss – könnte hier eine neue Stufe erreichen: Es ist möglich, den gesamten Fahrzeugboden als Einzelteil zu produzieren. Die beiden vergleichsweise preisgünstigen Elektroautos könnten Model Q für ein SUV mit Designelementen des Cybertrucks und Model 2 für ein Heckklappenauto nach Art des VW Golf heißen. Erfolgversprechender ist in jedem Fall das SUV – kein Segment hat so nachhaltige Wachstumsraten.
Auslieferung ab 2027
Allerdings ist erst 2027 mit der Auslieferung von Model Q und 2 zu rechnen. Derzeit befindet sich Tesla auf Standortsuche: Mexiko ist ganz oben auf der Liste. Zuletzt wurde Elon Musk auch beim türkischen Präsidenten Erdogan gesehen. In der Türkei ist die Autoindustrie inzwischen ein wichtiger Wirtschaftszweig, und fraglos gibt es dort das Potenzial für eine weitere Gigafactory. Bei streng sachlicher Betrachtung ist offensichtlich, dass Tesla der internationalen Industrielogik folgt und versucht, wichtige Segmente und Märkte zu bedienen und von den jeweils relevanten Konkurrenten Marktanteile zu gewinnen. Das gilt heute für Model Y und Model 3 und bald für den Cybertruck sowie Model Q und 2.
Revolution Robotaxi
Eine Revolution dagegen wäre es, wenn es gelingt, das Robotaxi zu bauen. Damit ist ein Elektroauto gemeint, das den Menschen nicht die Wahl zwischen dem Selbstfahren und dem Chauffeurmodus lässt. Vielmehr soll es grundsätzlich kein Lenkrad haben und immer autonom fahren. Ein Taxi eben. Teslas Designer Franz von Holzhausen wird in der jüngst erschienenen Biografie von Elon Musk mit einer sogenannten Sitzkiste gezeigt: Zu sehen ist ein eher kleines, zweisitziges Fahrzeug mit etwas Kofferraum und einer aerodynamisch vorteilhaften harten Abrisskante am Heck. Es ist reine Spekulation, ob diese Sitzkiste lediglich ein beliebiges Experiment, ein Ausblick auf das Robotaxi oder das Model 2 ist.
Sicher ist, dass viele Menschen in vielen Unternehmen weltweit an einem autonomen Fahrzeug arbeiten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das irgendwann gelingt. Es darf darüber diskutiert werden, ob das im Sinne der Sicherheit ein Segen für alle wäre oder ob die niederschwellige Möglichkeit, sich einfach durch die Gegend fahren zu lassen, nicht zum sofortigen Verkehrskollaps führen würde.
2024: Powerwall 3
Weitaus mehr im Hier und Jetzt ist die Powerwall 3. Die dritte Generation des Heimspeichers ist noch nicht in Deutschland bestellbar. Der technische Rahmen: Anders als bisher setzt Tesla auf LFP-Zellen.
Das führt zu einem leichten Gewichtszuwachs. Ein Mehr gibt es auch bei der Leistung, die vermutlich bei 11,5 kW an drei Phasen liegt statt 4,6 kW an einer Phase wie bisher. Das bringt nicht nur eine bessere Versorgung bei einem Stromausfall, der in den USA häufiger ist als bei uns. Hierzulande ist relevanter, dass damit nicht nur mehr Leistung abgerufen werden kann, sondern auch schneller geladen wird. Scheint am Tag die Sonne nur eine Stunde richtig kräftig, hat man mit der aktuellen Powerwall in dieser Zeit bestenfalls nur 4,6 kWh (minus die Ladeverluste) eingesammelt, egal ob auf dem Dach 8, 10 oder 20 kWp installiert sind. Mit einer höheren Ladeleistung steigt in so einem Fall der Grad der Autarkie.
Die Powerwall 3 soll sich noch simpler an eine Fotovoltaikanlage anschließen lassen, unter anderem, weil der Wechselrichter bereits integriert ist. Da er in der Regel das erste ist, was bei einer Fotovoltaikanlage kaputtgeht, hat Tesla hoffentlich daran gedacht, dass man ihn trotz Integration einzeln tauschen kann. Ein Nachteil aus Sicht der Bestandskunden ist, dass die Powerwall 3 nicht abwärtskompatibel ist. Eine bestehende Anlage lässt sich also nicht um eine weitere Powerwall der nächsten Generation erweitern.
Im Markt der Heimspeicher wird der Wettbewerb zunehmend härter, und das ist angesichts der ziemlich hohen Preise in der Vergangenheit auch gut. Die Powerwall 3 ist erst 2024 bestellbar. Zu welchem Preis wird sich zeigen. Tesla ist mit diesem Produkt nicht an der Spitze der allgemeinen Entwicklung: Eigentlich wäre es Zeit fürs bidirektionale Laden. Vielleicht kommt das noch. Es wäre one more thing.
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(fpi)