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Strategiespiel "Empire of the Ants": Hammer-Grafik und clevere Spielideen

Das hübscheste Strategiespiel der Gamescom handelt aus unerfindlichen Gründen von kriegerischen Ameisen. Aber "Empire of the Ants" hat auch gute Ideen.

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Screenshot aus "Empire of the Ants"

Kein Grafik-Blender: Hinter der atemberaubenden Fassade von "Empire of the Ants" stecken clevere Ideen.

(Bild: Microids)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Als Ameise hat man es nicht leicht. Futter sammeln, Holz transportieren, andere Viecher bekämpfen – das Ameisendasein ist ein Knochenjob. Und perfekter Stoff für ein Strategie-Videospiel, dachte sich Microids jetzt schon zum zweiten Mal.

"Empire of the Ants" (2024) ist nach "Empire of the Ants" (2000) tatsächlich schon das zweite Ameisen-Strategiespiel des französischen Publishers. Heise online konnte auf der Gamescom selbst Hand anlegen und feststellen, dass der neue Teil auch abseits des abenteuerlichen Settings mehrere spannende Ideen mitbringt.

Zuerst muss aber festgehalten werden, dass "Empire of the Ants" umwerfend aussieht. Das von Microids engagierte Entwicklerstudio Tower Five nutzt die Unreal Engine in der aktuellen Version 5.4, um atemberaubende Waldszenen auf den Bildschirm zu werfen. Nanite verleiht dem Spiel einen gnadenlos detaillierten Detailgrad auf Mikroebene, Lumen sorgt für stimmige Waldbeleuchtung, grandiose Unschärfe-Effekte verleihen dem digitalen Mikrokosmos Tiefe. Kein Strategiespiel dieser Welt sieht besser aus.

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Die Grafik kommt besonders gut zur Geltung, weil "Empire of the Ants" von weit unten gespielt wird: Während traditionelle Strategiespiele inklusive der 2000 erschienenen Vorlage aus der Vogelperspektive gesteuert werden, hat sich Tower Five für eine viel nähere Third-Person-Ansicht entschieden. Anstatt als körperlose Entität das Geschehen von oben herab zu steuern, bewegt man hier eine Kommandanten-Ameise über den Bildschirm.

Dieses spielergesteuerte Chef-Insekt darf nicht direkt an den Kämpfen teilnehmen, aber die Karte erkunden, Befehle erteilen und ab und zu mal einen Buff absetzen. Das funktioniert ähnlich wie in "Mount and Blade" recht simpel: Erst wählt man die richtige Einheit aus, dann schickt man sie mit der rechten Schultertaste an den anvisierten Ameisenhügel oder hetzt sie den gewünschten Feinden auf den Hals. Es folgen nett animierte Insektengefechte, bei denen sich die Sechsbeiner gegenseitig mit ihren Zangen aufspießen.

Gebäude bauen und Einheiten rekrutieren kann man ebenfalls aus der Schulterperspektive: Befindet man sich in der Nähe eines als Basis dienenden Ameisenhügels, wird auf den Waldboden um ihn herum ein Kreismenü projiziert, das in mehrere Abschnitte unterteilt ist. Einzelne Abschnitte wählt man einfach aus, indem man mit der Ameise darauf läuft.

Ameisen-Strategiespiel "Empire of the Ants" (7 Bilder)

(Bild: Microids)

Will ich etwa Käfer als neue Kampfeinheit rekrutieren, husche ich also erst auf den Kreisabschnitt "Einheiten", der sich dann in neue Kreisabschnitte mit den einzelnen Untertypen aufteilt. Per Knopfdruck wird die passende Einheit dann ausgebildet. Das ist clever gelöst, weil man sich so nie durch abstrakte Menüs klicken muss, sondern immer in der Spielwelt bleiben kann.

Hat man sich erstmal an das Szenario und die Steuerung gewöhnt, schimmert auch bei "Empire of the Ants" ein wenig klassisches RTS-Spieldesign durch. Über die Karten verstreut findet sich Futter und Holz, das von Arbeiterameisen abgebaut und zu den Basen transportiert werden muss. Damit baut man Gebäude, Verteidigungsanlagen und Einheiten – im Kern auch nicht anders als bei "Starcraft" und Co.

Interessant ist aber eine Spielmechanik, die es bei "Starcraft" so nicht gibt: Informationskrieg. Zu Beginn einer Partie gibt es keine Minimap, sie muss erst per Gebäude freigeschaltet werden. Weitere Bauten verbessern das Radar und geben Einblick in gegnerische Stellungen. Weil die Bau-Slots pro Ameisenhügel begrenzt sind, kann man solche Anlagen aber nicht in jede Basis stellen. Heißt: Wenn man herausfindet, wo der Gegner seine Radaranlagen gebaut hat, kann man sie gezielt ausschalten und dem Gegner damit völlig die Orientierung rauben – und ja, es gibt von Fluginsekten abgesetzte Fallschirmjägerameisen, die sich dafür besonders gut eignen.

Gespielt wird "Empire of the Ants" vorrangig in einer Story-Kampagne, die dem gleichnamigen Science-Fiction-Buch des französischen Autors Bernard Werber nachempfunden ist. Über drei Jahreszeiten (im Winter ruhen die Ameisen!) können Spieler eine Reihe von Missionen erfüllen, die neben klassischen Ameisenschlachten auch Entdeckungsmissionen umfassen. Zudem kann man sich außerhalb der Kampagne in Gefechte und Mehrspieler-Partien stürzen.

"Empire of the Ants" steckt voller witziger und aberwitziger Ideen, die dem Strategie-Genre frischen Wind verleihen. Nicht immer läuft das Ergebnis reibungslos: Aus der Schulterperspektive fällt es dem insektenunkundigen Normalo-Gamer möglicherweise schwer, die verschiedenen Ameisentypen im Schlachten-Chaos auseinanderzuhalten. Und dass das unorthodoxe Szenario wirklich die für 20 Stunden angesetzte Kampagne tragen kann, müssen Tower Five und Microids erst noch beweisen.

Die Kühnheit von Microids, 25 Jahre nach dem originalen "Empire of the Ants" noch mal Geld in die Entwicklung eines Ameisen-Strategiespiels zu stecken, verdient in jedem Fall Hochachtung. Und eines ist jetzt schon klar: "Empire of the Ants" ist kein Grafik-Blender, sondern hat auch spielerische Substanz. Trotzdem ein Tipp zum Schluss: Spieler mit Arachnophobie bleiben besser bei "Starcraft".

"Empire of the Ants" erscheint am 7. November für PC, Xbox Series X/S und Playstation 5.

(dahe)