GPS – Der "magische Kompass" mit gewollter Ungenauigkeit

Seite 4: Bush drohte mit GPS-Abschaltung

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Clinton betonte am 1. Mai 2000, dass SA im Anlassfall regional wieder aktiviert werden könnte. Unklar ist, ob das je gemacht wurde. Großräumige Störungen sind jedenfalls nicht bekannt. Spätere US-Regierungen haben versichert, SA nie wieder einsetzen zu wollen. Die ab 2018 gestarteten GPS-Satelliten des dritten Blocks sollen gar nicht mehr in der Lage sein, SA-Störungen einzuspeisen.

US-Präsident George Walker Bush im Jahr 2006

(Bild: Shealah Craighead/Weißes Haus (gemeinfrei))

2004 hat allerdings Clintons Nachfolger George W. Bush Pläne für temporäre Abschaltungen von GPS ausarbeiten lassen. Im Dezember des Jahres bestätigte das Weiße Haus, dass Selective Availability nicht mehr genutzt werden würde – aber im Sinne der nationalen Sicherheit könnte der Präsident Teile des GPS-Systems überhaupt deaktivieren lassen.

Ein solcher Schritt dürfte heutzutage der US-Wirtschaft enormen Schaden zufügen, durchaus vergleichbar mit der Coronavirus-Pandemie. Zudem gibt es mit dem russischen Glonass, dem chinesischen BeiDou und dem europäischen Galileo Alternativen, die den Zweck einer GPS-Abschaltung unterwandern würden. Eine GPS-Abschaltung wäre absurd – was aber nichts beweist, wie die Geschichte zeigt:

So streuten GPS-Ortungen mit Selective Availability - ein Beispiel vom 1. Mai 2000.

(Bild: NOAA (gemeinfrei))

Selective Availability war am 25. März 1990 aktiviert worden. Am 2. August des Jahres brachten die USA den achten GPS-Satelliten des zweiten Blocks ins All. Damit stieg die Zahl aktiver GPS-Satelliten auf 14. Am selben Tag besetzte der Irak das Nachbarland Kuwait. Iraks Diktator Saddam Hussein sollte sich verkalkuliert haben.

Im Oktober und November 1990 starteten die USA, wie schon lange geplant, zwei weitere GPS-Satelliten. Damit war das Navigationssystem ab Dezember mit Einschränkungen einsatzfähig. Weil sich der Krieg bereits im Sommer 1990 abgezeichnet hatte, wurden für die im Herbst gestarteten GPS-Satelliten neue Umlaufbahnen programmiert. Das verbesserte die GPS-Abdeckung in der Golfregion, so dass Bodentruppen fast 24 Stunden am Tag, Kampfflugzeuge fast 18 Stunden täglich GPS nutzen konnten.

Die Chuzpe: Gerade im Krieg mussten die USA Selective Availability abschalten. Denn die US-Streitkräfte hatten zunächst nur 500 militärische GPS-Vorführgeräte zur Verfügung und musste sich mit zivilen Geräten aushelfen. Da kam SA ungelegen und wurde vorübergehend deaktiviert.

So wenig streuten Ortungen nach Abschaltung von Selective Availability - ein Beispiel vom 3. Mai 2000.

(Bild: NOAA (gemeinfrei))

Doch auch die zivilen Produktionskapazitäten reichten bei Weitem nicht aus, um die Truppen umfassend mit GPS-Geräten zu versorgen. Nicht wenige US-Soldaten sollen ihre Familien gebeten haben, GPS-Empfänger per Feldpost zu schicken. Die Furcht, irakische Soldaten könnten sich ebenfalls ausstatten, erwies sich als unbegründet.

Tatsächlich dürfte es an GPS gelegen haben, dass der Krieg 1990/1991 gegen den Irak dermaßen einseitig verlaufen ist. Die Amerikaner und ihre Verbündeten waren plötzlich nicht nur in der Lage, in der Wüste Haken zu schlagen ohne sich zu verlaufen. Sie konnten auch in Sandstürmen zielgerichtet angreifen. Davon waren die irakischen Streitkräfte völlig überrumpelt. Hinzu kam ein bescheidenes Arsenal GPS-gesteuerter Raketen. Nur 42 sollen eingesetzt worden sein, das aber mit Erfolg, nicht zuletzt psychisch und propagandamäßig.

Im Juli 1991, nach geschlagenem Golfkrieg, schaltete die Luftwaffe SA wieder ein. Während des Haiti-Feldzuges 1994 wurde SA noch einmal vorübergehend deaktiviert. Es sollte trotzdem noch sechs Jahre dauern, bis der SA-Unfug beendet wurde.