Games: Kann KI das Spiele-Erlebnis verbessern?

Seite 2: KI wie vor 20 Jahren

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Das Verhalten von NPCs in Games ist in den letzten Jahrzehnten kaum klüger geworden – aber das ist auch so gewollt. Denn hätte tatsächlich generative KI die freie Kontrolle in Videospielen, wäre das Erlebnis der Spielenden ein ganz anderes. Statt einer durchdachten Dramaturgie und angemessener Herausforderung gäbe es wohl nur: Chaos. "Als junger Spund habe ich gedacht, dass ich mal superintelligente KI schreiben werde, um Videospiele dadurch viel besser zu machen. Aber das stimmt einfach nicht", sagt Paul Lawitzki. Er ist Designer und Programmierer beim Stuttgarter Spielentwickler Chasing Carrots.

"Man muss Agenten in Spielen in ihre Schranken weisen, sonst kann die Spielerfahrung kaputtgehen." Dass sich in Sachen KI kaum etwas getan habe, liege nicht am fehlenden technologischen Fortschritt, sondern daran, dass Videospiele in erster Linie Spaß machen und eben keine hochkomplexen Realitäts-Simulationen sein sollen.

Würde KI etwa zum Gegner in Kampfszenen, wäre der Spielspaß in großen Teilen dahin. Welchen Schwierigkeitsgrad Gegner haben, welche Schadenswerte die Waffen, wie häufig und wo es zu Auseinandersetzungen kommt – all das ist fein ausbalanciert, um die Chancen der Spielenden im Gleichgewicht zu halten. "Nicht jeder intelligente Gegner macht auch Spaß als Spielelement. Nur weil ein NPC dich intelligent plattmacht, macht er das Spiel nicht gut", sagt der Indie-Entwickler.

In der Testphase eines Spiels werden genau diese Feinheiten immer wieder nachgeprüft und justiert. Aber auch Dialoge verändern sich im Laufe des Spiels. Wenn etwa eine bestimmte Mission abgeschlossen ist, reagiert ein NPC anders auf den Spieler – geht dann auch auf die Erfolge ein.

Um den Spielspaß zu erhalten, bewegen sich die Interaktionen mit NPCs auch heute noch auf dem Niveau des Spiels Half Life aus dem Jahr 1998. Damals war der Shooter eine Sensation. Grafik, Story, Künstliche Intelligenz der Gegner – alles State of the Art, alles beeindruckend. Da, wo Gegner vorher nur plump auf die Spieler zuliefen, bewegten sie sich nun geschickt. Gingen in Deckung, wichen den Schüssen aus, formierten sich. Heute sprechen NPCs zwar miteinander. Sie haben detailreiche Mimik und Gestik. Aber grundsätzlich hat sich die Interaktion der Spielenden mit den NPCs kaum verändert. Sie werden vom Computer gesteuert und gehen festgelegte Wege. Reaktionen auf die Aktionen der Gamer sind eher marginal.

Würde eine generative KI Half Life steuern, wäre das Balancing passé, das sich intelligent anfühlende, aber doch einschätzbare Verhalten der Charaktere dahin. "Es gibt KI im Schach, die Meister schlagen kann. Die ist nicht da, um den Spielspaß zu erhöhen", sagt Paul Lawitzki. So könnten KI-gesteuerte Gegner einfach ihre Plätze verlassen und sich dem Spiel entziehen. Oder sie agieren so intelligent, dass ein Sieg durch menschliche Spielende nicht mehr möglich wäre. Oder sie verweigern einfach das Gespräch. Dass KI in Games seit etwa 20 Jahren die gleiche (oder keine) Rolle spielt, ist eine bewusste Entscheidung der Spieleentwickler – den Spielenden zuliebe.

Um Spaß mit generativer KI im Spiel zu haben, sind neue Spielkonzepte nötig, die keine klassischen Spielziele mehr verfolgen. Erste Spiele mit integrierter generativer KI wie Hello Neighbour passen sich beispielsweise dem Spielverhalten an. In dem Spiel gilt es, das Haus eines Nachbarn zu erkunden, ohne dass dieser einen dabei erwischt. Versuchen die Spielenden etwa, immer über den gleichen Weg in das Haus einzudringen, merkt die KI sich das und stellt sich ihnen gezielt in den Weg. Auch wenn die Meinungen zu dem Spiel geteilt sind, die Anpassung an die Spieler funktioniert gut – allerdings ist Hello Neighbour eher ein Kammerspiel als eine Spielwelt und es gibt nur einen Gegner.