Schutz gegen Staub und Wasser: So prüft der TÜV Smartphones, Fitnesstracker & Co

Seite 3: IP-Codes im Alltag

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Im Alltag springen einen die zwei Ziffern des IP-Codes eher selten an. Hersteller werben lieber mit Strandbildern oder zeigen Ihr Gerät unter Wasser – es ist nicht sehr sexy, groß die Buchstaben I und P sowie zwei Ziffern auf die Verpackung zu drucken. Der IP-Code landet dann eher klein auf der Verpackung oder wird gleich in die Bedienungsanleitung verbannt.

Auf Websites von Produkten landen der Code und seine Erklärung ebenfalls eher im Kleingedruckten, versteckt hinter hochgestellten Ziffern oder Sternchen. Zusätzlich denkt sich der Hersteller eigene Bilder aus: Wer kann einem Regenschirm, Wassertropfen oder Staubpartikel in einem Logo schon widersprechen? Dieses Versteckspiel hat Folgen: "Der normale Verbraucher kann mit den zwei IP-Ziffern nichts anfangen", sagt Hockel.

Dazu kommt ein weiteres Problem: Trotz der umfangreichen Tests bildet die IP-Prüfung nur einen Teil der Realität ab. Dass ein technisches Gerät gleichmäßig von allen Seiten Wasser abbekommt oder in einer Staubkammer liegt, kommt eher selten vor. Die zwei Ziffern des IP-Codes können daher immer nur eine Annäherung an den Alltag sein.

Selbst wenn ein Nutzer die IP-Schutzart seines Geräts kennt und ungefähr weiß, was es bedeutet, kann er sie falsch interpretieren. Eine typische Fehleinschätzung dürfte bei der zweiten Ziffer geschehen, dem Schutz gegen Wasser. Ein Beispiel: Eine 8 an dieser Stelle bedeutet, dass ein Gerät gegen dauerhaftes Untertauchen geschützt ist. Wer nun sein Handy für den Badeurlaub einpackt oder mit ihm vom 10-Meter-Brett des Schwimmbads springen will, sollte sich das ganze nochmal überlegen: Der Schutz gilt nur für klares Wasser, kein Salzwasser, kein Wasser mit Chlor. Selbst duschen ist mit einigen Geräten problematisch, da Shampoos oder Lotionen die Dichtung angreifen können.

Natürlich könnten diese Geräte auch im Meer oder Pool funktionieren, aber getestet hat sie darauf keiner – jedenfalls nicht, wenn nur eine IP-Schutzart draufsteht. "Wenn ich nur die IP-Ziffern draufschreibe, dann sind es die Bedingungen mit normalem Wasser", sagt Krämer. "Wenn der Hersteller das unter anderen Bedingungen testen will und die Anlage das hergibt, dann wäre das möglich. Bisher hatten wir aber noch keinen Fall, dass ein Hersteller Chlor- oder Salzwasser verwenden wollte."

Eigene Experimente sollte man mit den teuer gekauften Gadgets eher nicht veranstalten. Bevor Sie Ihr Gerät im selbstgebastelten Chlorwassertank versenken, fragen Sie lieber beim Hersteller nach, ob Sie es im Pool oder am Strand verwenden können. Vielleicht hat er ja eigene Tests durchgeführt, die über die IP-Prüfung hinausgehen.

Ansonsten weisen einige Hersteller von sich aus darauf hin, wenn ihre Geräte mehr können sollen. So schreibt etwa Apple, dass Nutzer die Apple Watch ab der Series 2 auch im Schwimmbad oder im Meer tragen können – aber nicht beim Wasserski oder Sporttauchen. Samsung garantiert etwa für die Gear Sport und die Gear Fit2 Pro einen ähnlichen Schutz gegen Wasser wie Apple.

Apple und Samsung beziehen sich bei diesen Geräten auf eine weitere Norm: den ISO-Standard 22810, der für Uhren gilt. Dabei werden die Geräte in Druck-Klassen von 3 bis 20 bar eingeteilt. Diese Norm ist vergleichbar mit der DIN 8310.

Weiteres Problem in der Realität: Alle Angaben gelten nur für neue Geräte. Ob ein Produkt nach zwei Jahren im Dauereinsatz noch einmal dieselbe IP-Prüfung bestehen würde wie am Anfang, kann keine Norm und kein Prüfverfahren garantieren. Trotzdem implizieren Hersteller immer wieder etwas anderes, wenn sie sich auf den IP-Code beziehen.

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