Schutz gegen Staub und Wasser: So prüft der TÜV Smartphones, Fitnesstracker & Co

IP20, IP54, IP68 – der IP-Code zeigt, wie gut etwa Lampen, Fitness-Tracker oder Smartphones gegen Staub und Wasser geschützt sind. So prüft der TÜV Süd.

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IP
Lesezeit: 18 Min.
Inhaltsverzeichnis

13 Düsen richten sich im Halbkreis auf den schwarzen Fitness-Tracker. Sie sitzen auf einem silbernen Rohr in der Form eines umgedrehten Us, das mitten im Raum hängt. Zwei Rohre halten das U in der Luft und verbinden es rechts mit einem Getriebemotor und links mit einem Magnetventil. Der Motor dreht die Halterohre und das U um die eigene Achse, das Ventil steuert den Druck und die Durchflussmenge des Wassers für die Düsen.

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Dann geht es los: Alles dreht sich um den Fitness-Tracker und er dreht sich mit. 13 Wasserstrahlen schießen aus dem Halbkreis der Düsen, ein Kabelbinder hält den Tracker auf einem Metallteller voller Löcher fest. Der Teller rotiert ebenfalls um seine eigene Achse, verbunden über einen Metallstab mit einem weiteren Motor. Entkommen kann der Fitness-Tracker dem Wasser nicht: Selbst wenn der Motor die Düsen unterhalb des Tellers dreht, finden die Strahlen ihr Ziel. Wie die Sonne in unserem Sternensystem verharrt der Fitness-Tracker trotz aller Drehungen im Zentrum.

Die Schwenkrohranlage in Aktion (Das Gif wird nach der Hälfte der Zeit rückwärts abgespielt, anschließend beginnt es wieder von vorne).

Dieses Karussell steht im Keller der technischen Prüforganisation TÜV Süd in Garching bei München. Mit ihm bestimmen die Prüfer, welchen IP-Code das Gerät im Zentrum der Anlage erhalten soll. IP bedeutet International Protection, manchmal auch Ingress Protection, also Schutz gegen Eindringen. Nutzer suchen meist dann nach dem Code, wenn sie wissen möchten, wie viel Wasser ihr Gerät verträgt. Der IP-Code besteht in der Regel aus zwei Ziffern und findet sich in Bedienungsanleitungen, auf Produktwebsites, ab und zu auf Verpackungen. Die Ziffern zeigen, wie gut ein Gerät gegen Berührungen, Staub und Wasser geschützt ist.

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Ganz theoretisch machen DIN- und ISO-Normen Vorgaben für die einzelnen IP-Codes: DIN EN 60529 und ISO 20653:2013. Sie unterscheiden sich in kleinen Details, beschreiben aber beide, wie gut elektrische Geräte gegen Einflüsse von außen geschützt sind. Für verschiedene Produkte können in speziellen Produktnormen Abweichungen festgeschrieben sein: Eine Leuchte muss bei der Prüfung beispielsweise an sein oder die Dauer eines Tests verändert sich.

Ganz praktisch prüfen etwa Mitarbeiter vom TÜV, der Dekra oder vom VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik) die Geräte. Sie versuchen mit Prüffingern in die Geräte einzudringen, packen sie in Kammern mit kalibriertem Teststaub, versenken sie in Wassertanks oder richten Strahldüsen darauf.

Am Ende des Prozesses steht eine Schutzart, die durch den IP-Code ausgedrückt wird – er besteht aus den Buchstaben I und P sowie meist aus zwei Ziffern:

  • Die erste Ziffer des IP-Codes beschreibt, wie gut ein Gerät gegen Fremdkörper und Berührungen geschützt ist: 0 bedeutet keinen Schutz, bei einer 6 ist das Gerät staubdicht und vollständig gegen Berührungen geschützt.
  • Die zweite Ziffer beschreibt, wie gut ein Gerät gegen Wasser geschützt ist: Mit einer 0 besteht kein Schutz, mit einer 9 ist es gegen Wasser bei einer Hochdruckreinigung geschützt.

Jede Ziffer beschreibt einen anderen Anwendungsfall. Steht statt einer Ziffer ein X im Code, gab es keine entsprechenden Tests oder die Tests sind gerade nicht bedeutend. Beispiel: Ein Hersteller könnte schreiben: "Unser Gerät ist gegen Wasser nach IPX8 geschützt". Nur die 8 ist relevant, der Staub- und Berührungsschutz wird ausgeixt.

Verwechslungsgefahr: Schutzart und Schutzklasse

Nicht verwechseln sollte man die IP-Schutzart mit der Schutzklasse von elektrischen Geräten. Vor allem Leuchten für das Bad oder den Garten könnten mit beiden Angaben kommen. Die Schutzklasse von I bis III zeigt, wie gut ein Produkt gegen elektrische Schläge schützt, wenn man Teile anfasst, durch die Strom fließt.

An dritter Stelle kann ein Kennbuchstabe von A bis D stehen; er beschreibt den Schutz gegen Zugang zu gefährlichen Teilen. An der vierten Stelle kann zudem ein ergänzender Buchstabe stehen, der etwa zeigt, ob das Gerät unter bestimmten Wetterbedingungen getestet wurde.

IP-Schutzklassen nach DIN EN 60529
1. Kennziffer 2. Kennziffer
Fremdkörperschutz Berührungsschutz Schutz gegen das Eindringen von Wasser
0 nicht geschützt kein Berührungsschutz 0 nicht geschützt
1 (A1) Schutz gegen Eindringen von festen Fremdkörpern ≥ 50 mm Ø Handrückensicher 1 Schutz gegen senkrecht tropfendes Wasser
2 (B1) Schutz gegen Eindringen von festen Fremdkörpern ≥ 12 mm Ø Fingersicher 2 Schutz gegen tropfendes Wasser mit 15° Neigung
3 (C1) Schutz gegen Eindringen von festen Fremdkörpern ≥ als 2,5 mm Ø Geschützt gegen Berührung mit Werkzeugen (≥ 2,5 mm Ø) 3 Schutz gegen Sprühwasser (schräg bis 60°)
4 (D1) Schutz gegen Eindringen von festen Fremdkörpern ≥ als 1 mm Ø Geschützt gegen Berührung mit Werkzeugen (≥ 1 mm Ø) 4 Schutz gegen Spritzwasser
5 Staubgeschützt Vollständiger Berührungsschutz 5 Schutz gegen Strahlwasser
6 Staubdicht Vollständiger Berührungsschutz 6 Schutz gegen starkes Strahlwasser
7 Schutz gegen zeitweiliges Untertauchen
8 Schutz gegen andauerndes Untertauchen
9 Schutz gegen sehr intensiven Wasserstahl, z.B. Hochdruck-Dampfstrahlreiniger; speziell für die Landwirtschaft.
1 Ein zusätzlicher Buchstabe wird an der dritten Stelle angegeben, wenn der Berührungsschutz gegen den Zugang zu gefährlichen aktiven Teilen beschrieben werden soll.
An der vierten Stelle kann ein Kennbuchstabe für weitere Informationen stehen: H: Hochspannungs-Betriebsmittel. M: Geprüft, wenn bewegliche Teile in Betrieb sind. S: Geprüft, wenn bewegliche Teile im Stillstand sind. W: Geprüft bei festgelegten Wetterbedingungen.

"IP-Prüfungen werden immer brisanter", sagt Florian Hockel. Er ist für den TÜV Süd in Garching verantwortlich für Licht, Leuchten und Multimediageräte. "Gerade für Produkte, die im Außenbereich eingesetzt werden könnten, haben die Prüfungen zugenommen." Der TÜV Süd testet um die 100 Geräte im Jahr in Garching

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