Mangel an Ladestationen in den USA – aber Hauptsache Elektroauto

Bis 2032 könnten zwei Drittel der Neuwagenverkäufe in den USA Elektrofahrzeuge sein. Ob es bis dahin genug Ladestationen gibt, ist eine andere Frage.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 5 Kommentare lesen

(Bild: Herr Loeffler / Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Casey Crownhart

Die US-Umweltschutzbehörde EPA hat kürzlich neue Vorschläge für Abgasnormen veröffentlicht, die den Autobauern Grenzwerte für den Kohlendioxidausstoß ihrer künftigen Fahrzeugflotten vorgeben. Um diese einzuhalten, müssen bis 2030 bis zu 60 Prozent und bis 2032 bis zu 67 Prozent der Neufahrzeugverkäufe auf Elektrofahrzeuge entfallen. Die Normen gelten für Fahrzeuge ab dem Baujahr 2027.

Nichts verursacht in den USA mehr Treibhausgasemissionen als der Verkehrssektor. Mit den neuen Abgasnormen will die US-Regierung den Verkauf von Elektroautos und anderen emissionsarmen Verkehrsmitteln fördern. Vor zwei Jahren gab Präsident Joe Biden das Ziel vor, dass bis 2030 die Hälfte der Neuwagenverkäufe auf E-Fahrzeuge entfallen soll. Als zusätzlichen Anreiz gibt es seit vergangenem Jahr Steuergutschriften in Höhe von 7.500 US-Dollar für neue Elektrofahrzeuge. "Die heutigen Maßnahmen werden unseren Übergang zu einer sauberen Fahrzeugzukunft beschleunigen, die Klimakrise frontal angehen und die Luftqualität für Gemeinden im ganzen Land verbessern", sagte Michael Regan, Regulierer der US-Umweltschutzbehörde, auf einer Pressekonferenz.

Je mehr Elektroautos auf den Straßen unterwegs sind, desto stärker ist die Nachfrage nach Ladestationen. Einige Branchenanalysten befürchten, dass der Ausbau der Ladestationen nicht nachkommen könnte. Selbst wenn der Anteil an Elektroautos im Jahr 2030 nur 40 Prozent betrüge, also weniger als der erwartete Schub durch die neuen EPA-Vorschriften, müssten laut einem Bericht von S&P Global aus dem Januar bis zu diesem Zeitpunkt über zwei Millionen öffentliche Ladestationen installiert werden. Das schließt auch Ladestationen mit eingeschränktem Zugang ein, etwa solche, die für Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen zur Verfügung stehen.

"Wir brauchen starke Investitionen auf Landes- und Bundesebene in Ladenetzwerke", sagt Robbie Orvis, Analyst des Think Tanks Energy Innovation, "und hier gibt es noch viel zu tun."

Nach Untersuchungen des National Renewable Energy Laboratory werden zwischen 70 und 80 Prozent der Elektrofahrzeuge zu Hause aufgeladen. Zusätzlich zu den öffentlichen Ladestationen werden also Millionen neuer Heimladestationen benötigt, um eine wachsende elektrische Fahrzeugflotte zu unterstützen. Wenn E-Autos im Jahr 2030 etwas mehr als ein Drittel der Neuverkäufe ausmachen, werden laut einem Bericht des International Council on Clean Transportation (ICCT) aus dem Jahr 2021 insgesamt 17 Millionen Heimladegeräte benötigt.

Das wird nicht billig: Allein der Bau der erforderlichen Ladestationen am Arbeitsplatz und im öffentlichen Raum wird laut ICCT-Bericht zwischen 2021 und 2030 eine Gesamtinvestition von 28 Milliarden Dollar erfordern. Die Besitzerinnen und Besitzer der Elektroautos müssten in vielen Fällen die Kosten zu Hause selbst tragen und sich mit so manchen Hindernissen herumschlagen: Bei den meisten Häusern in den USA sind nämlich elektrische Arbeiten erforderlich, um das Aufladen von E-Fahrzeugen zu ermöglichen. Eine Nachrüstung kann somit schnell teuer werden. "Die Gebäude sind noch nicht für das Aufladen vorbereitet", sagt Dan O'Brien, Modellierungsanalyst bei Energy Innovation. Erschwerend kommt hinzu, dass es im ganzen Land einen Mangel an Elektrikern gibt.

Die neuen EPA-Richtlinien gesellen sich zu einer ganzen Reihe anderer bundes- und landespolitischer Maßnahmen, mit denen der Verkauf von Elektroautos angekurbelt werden soll.

Vergangenes Jahr kündigte Kalifornien neue Fahrzeugnormen an, die die Hersteller verpflichten, anteilsmäßig mehr emissionsarme Fahrzeuge zu verkaufen, darunter E-Autos, Plug-in-Hybride und Brennstoffzellenfahrzeuge. Die Regelung verbietet zudem den Verkauf neuer Verbrenner-Fahrzeuge ab dem Jahr 2035. Das Mandat könnte landesweite Auswirkungen haben: 17 Bundesstaaten hatten sich bereits den früheren kalifornischen Vorgaben angeschlossen, und mehrere haben bereits angekündigt, dass sie auch die neuen übernehmen wollen.

Mit der jüngste Ankündigung der EPA werden die Bundesvorschriften im Wesentlichen an die neuen kalifornischen Regeln angeglichen, sagte Jonas Nahm, Assistenzprofessor für Energie, Ressourcen und Umwelt an der Johns Hopkins University. Die individuellen Steuergutschriften und andere finanzielle Anreize könnten den prognostizierten Absatz von E-Fahrzeugen von weniger als 40 Prozent im Jahr 2030 auf fast 60 Prozent steigern, so die Modellierung von Energy Innovation. Das würde den Absatz von E-Autos auf Kurs bringen, damit die Hersteller die neuen EPA-Richtlinien erfüllen können. Einige Experten befürchten jedoch, dass es nach dem Auslaufen dieser Anreize und Subventionen ab 2030 zu einer Rückbesinnung auf benzinbetriebene Autos kommen könnte, sagt Robbie Orvis.

Deshalb seien klare Vorgaben der Umweltbehörde so wichtig, sagt Nahm. Die neuen Abgasnormen könnten der Schlüssel für die Zukunft der Elektroautos sein: "Um die Ziele von Morgen zu erreichen, müssen sich die Autohersteller schon heute in einem Maße auf E-Fahrzeuge verpflichten, das ein späteres Umschwenken erschwert." Es gibt jedenfalls noch viel zu tun, sei es in Sachen Ladeinfrastruktur, der Batterietechnologie und nicht zuletzt der öffentlichen Akzeptanz von E-Fahrzeugen, damit sie das Niveau erreichen, das es benötigt um die Klimaziele zu erreichen. Politische Initiativen deuten darauf hin, dass sich auch in den USA, der Auto-Nation schlechthin, das Blatt wendet. "Die Nachfrage der Verbraucher ist da, die Märkte spielen mit und die Technologien machen es möglich", sagte EPA-Regulierer Michael Regan auf der Pressekonferenz. "Alles bewegt sich in die gleiche Richtung."

(jle)