Hitzewellen: Wenn es zu heiß zum Überleben wird

Seite 2: Kollektives Handeln eingeschränkt

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Der so unweigerlich entstehende Hitzestress mindert nicht nur die körperliche Leistungsfähigkeit. In einem Experiment ließen Yuta Masuda von der internationalen Naturschutzorganisation Nature Conservatory und Kollegen 2019 indonesische Landarbeiter 90 Minuten lang im Wald und in einer entwaldeten Umgebung arbeiten, um sie danach standardisierten Kognitions- und Gedächtnistests zu unterziehen. Die Gruppe, die in der heißeren Umgebung gearbeitet hatte, schnitt in den Tests signifikant schlechter ab. Da Hanna in Australien lebt, weiß sie besonders gut, wie sich extreme Hitze auf Menschen und Gemeinden auswirkt. "Die Welt erwärmt sich", sagt Hanna, "und diese Erwärmung wird über das hinausgehen, was die normale Physiologie verkraften kann".

Selbst wenn die globale Erwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Temperaturmittel begrenzt werden kann – was zurzeit längst nicht klar ist – drohen also drastische Hitzefolgen. International diskutieren Mediziner, Klimawissenschaftler aber auch Stadtplaner deshalb vermehrt über Schutz- und Gegenmaßnahmen, die punktuell in einigen besonders betroffenen Regionen bereits umgesetzt werden.

Nach einer Hitzewelle im Jahr 2010, bei der mehr als 1300 Menschen starben, organisierten die Behörden im indischen Ahmedabad mit rund sieben Millionen Einwohnern beispielsweise ein Frühwarnsystem, das an zahlreichen öffentlichen Orten warnt, wenn die Temperaturen in den nächsten sieben Tagen 41 Grad übersteigt. Stadtplaner propagieren die Bewässerung und Begrünung urbaner Flächen, viele Städte in den USA, wie etwa Los Angeles, unterstützen das Streichen von Flachdächern mit weißer Farbe.

Erschwerend kommt jedoch hinzu, dass die Folgen der Erwärmung vor allem die Armen des globalen Südens treffen werden. "Der hervorstechendste Aspekt der prognostizierten Auswirkungen extremer Hitze – und eine besondere Herausforderung aus politischer Sicht – ist die Tatsache, dass sie in hohem Maße regionaler Natur sind, wobei schwere oder lebensbedrohliche Auswirkungen an einigen Orten in scharfem Kontrast zu harmlosen Auswirkungen an anderen stehen", schreiben Colin Raymond und Kollegen im "Oxford Handbook of Planning for Climate Change Hazards". In tropischen und subtropischen Ländern werde, obwohl sie voraussichtlich die geringste absolute Erwärmung erfahren werden, die Belastung durch Hitzestress am stärksten zunehmen.

"Künftige extreme Hitze wird die Fähigkeit zum kollektiven Handeln und zur Anpassung vieler (vielleicht der meisten) Gesellschaften auf der ganzen Welt auf die Probe stellen", schreiben die Autoren. Die bisherige Erfahrung mit weltweiter Klimapolitik vermittelt allerdings nur begrenzten Optimismus, dass die Welt dieses – zusätzliche – Problem besser in den Griff bekommt als die anderen gravierenden Auswirkungen des Klimawandels.

(wst)