Ideen gehören allen!

Seite 7: Ideen gehören allen!

Inhaltsverzeichnis

Diese Verbesserungen zielen auf Effizienz, auf wachsenden Wohlstand ab. Aber beide Bewegungen erfahren zunehmend eine politische Unterstützung, die kaum an Effizienz und Wohlstand interessiert ist. Es handelt sich vielmehr um eine Rachepolitik, die weniger mit Idealen zu tun hat als mit dem weltweit wachsenden Unmut über die Vereinigten Staaten. Aus der Sicht der Vereinigten Staaten ist Brasilien eine Piratennation. Die International Intellectual Property Alliance (die entgegen ihrem Namen amerikanische Urheberrechtsinteressen vertritt) schätzt, dass diese Piraterie die vom Urheberrecht abhängige US-Industrie letztes Jahr rund eine Milliarde Dollar kostete. Dabei überweist laut brasilianischer Regierung das Land rund eine Milliarde Dollar jährlich nach Norden, nur um Softwarelizenzen zu bezahlen.

Aus Sicht der Brasilianer ist das ganze Eigentumsdenken rundweg schlecht -- es kostet die USA eine Milliarde Dollar, und Brasilien ebenfalls. Die offensichtliche Lösung besteht darin, vom Eigentumsdenken abzugehen. So drängt die brasilianische Regierung dazu, geschützte Software durch freie Software zu ersetzen. Wie ein Regierungsmitglied in einer Rede auf dem Weltsozialforum sagte: "Wir sind gegen Softwarepiraterie. Wir meinen, dass die Rechte von Microsoft respektiert werden sollten. Und die einfachste Art für Brasilianer, diese Rechte zu respektieren, ist der Wechsel zu freier Software."

Die brasilianische Regierung macht sich inzwischen auch die Position der kulturellen Befreiungsbewegung zu eigen. Kulturminister Gilberto Gil ist der Anführer einer Initiative für eine praxisorientierte Reform des Urheberrechtssystems. Sein Ministerium hat ein Projekt namens "Kulturpunkte" (Pontos de Cultura) begonnen, das Werkstätten in Tausenden Städten und Dörfern ganz Brasiliens einrichten soll, in denen die Menschen -- ausgestattet mit freier Software -- Kultur mit Werkzeugen schaffen können, die eine freie Verbreitung fördern.

Wenn alles nach Plan läuft, wird daraus ein Archiv brasilianischer Musik entstehen, die digital gespeichert ist und unter einer Lizenz nach dem Vorbild der Software-GPL steht. Gil ist ausdrücklich nicht gegen das Urheberrecht. Er ist einer der erfolgreichsten brasilianischen Musikschaffenden und hat dabei erheblich vom Urheberrecht profitiert. Aber er ist gleichzeitig einer der sehr wenigen brasilianischen Künstler, die auch außerhalb Brasiliens Erfolg haben. Und er ist überzeugt, dass ein anderes Wirtschaftssystem der brasilianischen Kunst zu weiterer Verbreitung verhelfen würde.