Kompromiss: Bundesrat weicht Schutz für Whistleblower auf

Nachdem die unionsgeführten Länder im Januar ein Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern blockiert hatten, haben Bundestag und Bundesrat einen Kompromiss gefunden.

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(Bild: CarpathianPrince/Shutterstock.com)

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Von
  • Markus Montz

Bundesrat und Bundestag haben sich auf einen Kompromiss für das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) geeinigt. Dabei konnte die Länderkammer eine Reihe von Änderungen durchsetzen, nachdem sie im Januar auf Initiative von CSU und CDU den Vermittlungsausschuss angerufen hatte. Nach Darstellung des bayerischen Justizministers Georg Eisenreich (CSU) hätte der ursprüngliche Gesetzentwurf speziell für kleinere und mittlere Unternehmen höhere Kosten und zusätzliche Bürokratie bedeutet. Zudem sei der Entwurf über die EU-Richtlinie hinausgegangen, die das HinSchG umsetzen soll.

Geändert hat der Ausschuss vor allem, wie Organisationen – neben Unternehmen zum Beispiel auch die öffentliche Verwaltung – mit anonymen Hinweisen umgehen müssen. Obligatorische interne Stellen für anonyme Meldungen entfallen, außerdem empfiehlt der Kompromiss nun nur noch, diese zu bearbeiten. Dennoch sollen Whistleblower Missstände nach Möglichkeit zunächst intern gemeldet haben, bevor sie sich an einen externen Kanal wie die Medien wenden. Zudem muss der Hinweisgeber mindestens beruflich mit der betroffenen Institution in Kontakt stehen.

Auch den Schutz vor Kündigung, Diskriminierung und anderen Repressalien hat der Vermittlungsausschuss aufgeweicht. Zwar muss weiterhin der Arbeitgeber nachweisen, dass er den Hinweisgeber nicht benachteiligt, weil dieser Missstände gemeldet hat. Der Whistleblower soll den Verdacht nun aber selbst juristisch geltend machen. Zudem erhält er bei immateriellen Schäden, zum Beispiel durch Mobbing, keine Ansprüche auf Schmerzensgeld mehr. Überdies halbierten die Verhandlungsführer das maximal mögliche Bußgeld von 100.000 auf 50.000 Euro. Unangetastet blieb hingegen der Katalog der Missstände, die unter das HinSchG fallen.

Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) sah im ursprünglichen Gesetzentwurf zu hohe Kosten und zu viel Bürokratie für Unternehmen.

(Bild: Sven Hoppe/dpa)

Kritikern zufolge weicht der Kompromiss den Bundestags-Entwurf der Ampelkoalition deutlich auf und ignoriert Vorgaben der EU-Richtlinie. Der Verein "Whistleblower-Netzwerk" bemängelte neben der entfallenen Entschädigungsregelung, dass interne und externe Meldekanäle nicht gleichrangig behandelt würden und dass keine Option auf Anonymität mehr bestünde. Das verhindere ein effektives internes Meldesystem.

Das HinSchG soll Personen vor Kündigung und anderen Nachteilen schützen, wenn sie auf Missstände in Unternehmen, Körperschaften oder in der öffentlichen Verwaltung aufmerksam machen. Damit setzt der Gesetzgeber verspätet eine Richtlinie der EU um. Aufgrund der Verzögerung zahlt Deutschland derzeit pro Tag 61.600 Euro Strafe an die EU.

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(mon)