Robotertaxis laden beim Fahren

Die drahtlose Übertragung von Strom über Induktion funktioniert auch im größeren Maßstab. Dadurch könnten elektrische Fahrzeuge in Zukunft einfach aus der Straße laden.

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Laden beim Fahren

(Bild: Ariel Davis)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Elizabeth Woyke
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Elektrische Roboter-Taxis sind in der Entwicklung. Doch damit jeder einen Pool von autonomen Elektroautos nutzen kann, müssen sie regelmäßig geladen werden. Nach Prognosen von McKinsey werden große Volkswirtschaften (China, EU, Indien und die USA) bis zum Jahr 2031 rund 55 Milliarden Dollar in Lade-Infrastruktur investieren müssen, um die 140 Millionen Elektroautos zu versorgen, die es bis dahin geben soll. Hinzu kommt das Problems mit dem Einstecken des Ladekabels – in Roboter-Taxis wird es definitionsgemäß keine menschlichen Fahrer für die Handhabung der langen, dicken Kabel mehr geben.

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An diesem Punkt setzt ein Start-up namens WiTricity an: Es hält kabelloses Laden über eine resonant induktive Kopplung für eine bessere Lösung. Bei der Technologie wird Strom über Kabel aus dem Netz entnommen und in eine Kupferspule am Boden gespeist, wodurch ein Magnetfeld entsteht. Wenn eine zweite Kupferspule an der Unterseite eines Autos in die Reichweite dieses Feldes kommt, entsteht auf der Fahrzeug-Seite eine elektrische Spannung, die sich zum Laden der Batterie nutzen lässt.

Zum Laden muss ein Elektroauto also nur über eine Spule fahren und dort ein paar Stunden stehenbleiben. Laut WiTricity ist diese Methode nicht weniger effizient als das Laden über ein Kabel.

Die Technologie soll mit jeglichen Marken und Modellen funktionieren und wichtige Sicherheitsmerkmale bieten, gibt WiTricity an. Zum Beispiel wird die Ladung automatisch gestoppt, wenn Kinder oder Tiere zwischen die Spulen geraten. Außerdem soll die Energie ausreichen, um Asphalt oder Pflastersteine zu durchdringen.

Laut WiTricity lässt sich das System in Parkplätzen, Garagen und Straßen verbauen und braucht dann wenig Wartung, bringt keine Sicherheitsprobleme und lockt keine Kupferdiebe an. All das wird für lokale Regierungen, Immobilien-Makler und Gebäude-Manager Anreiz genug sein, um neue Ladestationen zu finanzieren, hofft das Unternehmen. „Wenn wir wollen, dass es wirklich die enormen Investitionen in Elektro-Infrastruktur gibt, die in den nächsten zehn Jahren gebraucht werden, dann müssen wir herausfinden, wer dafür bezahlt und warum“, sagt Alex Gruzen, CEO von WiTricity.

Der Preis ist eine entscheidende Frage für das Unternehmen. Derzeit kosten die Systeme 1000 bis 1500 Dollar pro Stück, während eine normale Ladestation für weniger als 1000 Dollar zu haben ist. WiTricity hofft, einen Markt bei Parkplätzen und Garagen an größeren Wohngebäuden zu finden, nicht nur bei Eigenheim-Garagen und -Einfahrten.

Letztlich will sich das Unternehmen nicht nur mit dem Aufladen geparkter Autos begnügen. Eine Idee ist, die Technologie unter einem Stück Straße zu verbauen, sodass Autos während der Fahrt darüber laden könnten. Gruzen hofft, dass Flughäfen und Bahnhöfe dieses System für ihre Taxi-Spuren einführen werden. „Städte und Bundesstaaten werden wahrscheinlich nicht meilenweise Straßen dafür aufreißen“, sagt er. „Sinnvoll ist es aber für Taxi-Schlangen, wo man nur 100 Meter elektrifizieren müsste statt 100 Kilometer. Die Autos könnten während des Wartens die ganze Zeit laden.“

Und dann gibt es noch das ehrgeizigste Ziel von WiTricity: Autos als mobile Power-Bänke. Das Unternehmen stellt sich Autos als rollende Batterien vor, die Strom speichern, bis er in Spitzenzeiten gebraucht wird. Dann speisen sie einen Teil ihrer Ladung zurück ins Netz, wofür sie mit kostenlosem Strom, wenn sie ihn das nächste Mal brauchen, belohnt werden. Diese Art von Tausch könnte zwar auch über normale Kabel und Stecker erfolgen, doch kabellos würde er – zumindest theoretisch – schneller und einfacher ablaufen, vor allem wenn Autos autonom unterwegs sind.

Manche dieser Ideen sind realistischer als andere. WiTricity hat Partnerschaften mit mehr als einem Dutzend Autohersteller geschlossen, darunter neun der zehn größten weltweit. In den meisten Fällen ist dabei noch nicht mehr herausgekommen als F&E-Experimente wie das kabellose Ladesystem, das Hyundai im März 2018 mit seinem Elektroauto Kona vorstellte. Inzwischen aber verkauft BMW ein Hybridauto, das in manchen Regionen mit der Technologie von WiTricity zu haben ist. Weitere Hersteller werden laut Gruzen folgen, vor allem, wenn ein globaler Standard für kabelloses Laden von Autos vereinbart wurde.

Gruzen erwartet, dass in den nächsten zwei Jahren Parkplätze und Garagen mit dem WiTricity-System ausgestattet werden. Die ersten wird es wohl in chinesischen Städten geben, sagt er, weil dort ein großer Teil der Bevölkerung in Appartement-Gebäuden lebt.

Elektrifizierte Straßen und drahtlose Strom-Übertragung zwischen Fahrzeug und Netz dagegen dürften noch mehrere Jahre auf sich warten lassen. Doch einen Prototypen dafür hat WiTricity zusammen mit Honda schon entwickelt. Laut Gruzen haben japanische Stromversorger Interesse daran bekundet, zum Teil weil das Land seinen Energiemarkt dereguliert hat und die Unternehmen nach besonderen Services suchen, mit denen sie sich von der Konkurrenz absetzen können.

(sma)