Post aus Japan: Nippons Woche des autonomen Fahrens

Erst startet ein Robotertaxitest, dann kündigt Toyota eine Investition in Uber an. Japan signalisiert, dass es eine große Rolle bei neuen Mobilitätsdiensten spielen will.

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Post aus Japan: Nippons Woche des autonomen Fahrens

Uber und Toyota reichen sich die Hand.

(Bild: Uber)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Martin Kölling
Inhaltsverzeichnis

Die Entwicklung vollautonomer Autos scheint eine amerikanische Domäne zu sein. Seit Jahren dominieren US-Unternehmen die Schlagzeilen mehr als Konzerne anderer Ländern. Googles Waymo surrt schon lange autonom über die Straßen. GMs Cruise will mit einer 2,25-Milliarden-Dollar-Investition des japanischen Techinvestors und Mobilnetzanbieters Softbank schon bald selbstfahrende Automobile auf die Straße bringen. Und Tesla, der seinen Fahrassistenten etwas großspurig als Autopiloten verkauft, sowie Ubers Testauto verursachen Unfälle mit Todesfolge, weil die Autos die Situation falsch einschätzen und die Fahrer nicht aufpassen. Doch diese Woche zeigen zwei Initiativen aus Japan, dass auch die ostasiatische Hightechnation ein gewichtiges Wort in der automobilen Zukunft mitspielen will – und wird.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Global Schlagzeilen machte die Ankündigung, dass Toyota 500 Millionen Dollar in Uber investiert. Damit bauen die beiden eine Kooperation aus. Toyota will Uber-Technologie mit eigener Technik sowie seine Datenplattform für Mobilitätsdienste im Uber-Reich testen. Größere Pilotprojekte sollen allerdings 2021 starten.

Damit stellte Toyota endgültig klar, dass der Konzern seine eigenen Versuche im Bereich autonomes Fahren beschleunigen will. Im Juni hatte der Autokonzern schon angekündigt, eine Milliarde Dollar in Ubers südostasiatischen Rivalen und Verbündeten Grab zu investieren. Die Anstrengungen tun auch Not. Denn ein Blick auf die aktuellen öffentlichen Tests von Roboterautos und -taxis scheint zu suggerieren, dass Toyota ein bisschen hinter der Konkurrenz herrollt. Und da gab es diese Woche ein weiteres Beispiel in Japan.

Gerade daheim wird Toyota derzeit ein ums andere Mal düpiert. Am Montag begann eine Kooperation zwischen ZMP und dem Taxikonzern Hinomaru in Tokio einen weiteren Test. Ok, wie bei Nissan sind zur Sicherheit noch Fahrer und ein Techniker mit an Bord. Aber ansonsten fühlt sich der Dienst wie Science-Fiction an. Kunden buchen den Fahrdienst online, halten das Handy ans Taxi, das daraufhin die Türen öffnet, dann geht es autonom los.

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1500 Yen (rund zwölf Euro) kostet die 5,3 Kilometer lange Zeitreise zwischen dem Stadtteil Otemachi am Kaiserpalast und Roppongi. Nur eine Sache sollte Toyota peinlicher sein, als von anderen Herstellern geschlagen zu werden: ZMP bietet seinen Dienst mit einem handelsüblichen Toyota Minivan an, den der Roboterentwickler selbst zum Roboterauto umgebaut hat.

Im Frühling testete sogar Toyotas Rivale Nissan einen Robotertaxidienst, den das Unternehmen mit der Online-Gaming-Plattform DeNA entwickelt hat (DeNA war früher ZMPs Partner, doch das ist eine andere Geschichte). Der roboterisierte Nissan Leaf kreiste auf einer festgelegten Strecke um Nissans Hauptquartier in Yokohama herum.

Sehr realitätsnah war die Teststrecke nicht. Sie zeichnet sich durch breite, relativ gering befahrene Straßen aus, denen die üblichen Attribute japanischen Straßenverkehrs fehlen wie enge Straßen ohne Mittellinien, parkende Autos und Radfahrer, die auf der falschen Straßenseite dem Autoverkehr entgegen radeln. Ein richtiger Härtetest wäre die Fahrt in den engen Gassen einer typischen japanischen Nachbarschaft, in denen Hausbewohner manchmal direkt aus der Tür auf die Straße treten müssen. Aber es war ein weiteres Signal für Japans Willen, die technische Entwicklung mitzubestimmen.

Auch sonst nehmen Tests mit autonomen Fahrzeugen an Fahrt auf. Besonders rührig ist dabei die Softbank-Gruppe, die massiv in vielversprechende Firmen in den Bereichen künstliche Intelligenz, Robotik und Vernetzungstechnik investiert. Bei Uber ist Softbank einer der Großinvestoren. Abe in Japan importiert nun Softbanks eigenes Venture SB Drive autonome Busse von Baidu, der chinesischen Entsprechung Googles. Der Bus wurde schon im Dezember 2017 in Tokio getestet und soll nun in weniger betriebsamen Regionen quasi als Machbarkeitsstudie eingesetzt werden. Das Unternehmen führt zudem Tests mit anderen Bussen durch und will 2020 einen autonomen Busdienst an Tokios Stadtflughafen Haneda einführen.

Softbank steht mit diesem Zieldatum nicht allein. 2020 finden nämlich in Tokio die olympischen Sommerspiele statt. Und die Regierung will das globale Spektakel zu einem Schaufenster für Hightech aus Japan machen. Und autonome Taxis gehören mit zum Programm. Bis dahin will auch Toyota in einer begrenzten Regionen einen Dienst autonomes Fahren auf dem Level 4 von 5 Stufen demonstrieren. Das Auto soll sich also in den meisten Situation allein fahren können.

Viel Zeit bleibt allerdings keinem Hersteller bei dem Wettrennen um die Zukunft. Selbst wenn vollautonomes Fahren in begrenzten Situationen erst 2025 möglich werden sollte, wäre das für Autohersteller eine große Herausforderung. Denn sieben Jahre entsprechen gerade einem bisherigen Produktzyklus. Kleine Fehltritte können daher auch für Riesen großen Schaden bedeuten. Das Rennen um die Mobilität der Zukunft bleibt damit spannend – auch in Japan.

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