Lautsprecher statt Kompressor: Wärmepumpen heizen mit Schall
"Thermoakustische" Wärmepumpen kommen ohne klimaschädliche Kältemittel und anfällige Mechanik aus. Zudem können sie einen größeren Temperaturbereich nutzen.
Die zugrundeliegende Idee kursiert schon lange: Wärmepumpen arbeiten mit Druckunterschieden, Schallwellen sind Druckunterschiede, also sollten sich Wärmepumpen auch mit Schallwellen betreiben lassen. Doch bisher reichte die Leistung solcher "thermoakustischen Wärmepumpen" für die meisten Anwendungen nicht aus. Zwei neue Ansätze sollen dies nun ändern.
In der Praxis sieht das so aus: Ein Lautsprecher erzeugt stehende oder wandernde Schallwellen in einer geschlossenen Röhre, die mit Gasen wie Stickstoff oder Helium gefüllt ist. Das bedeutet: Es gibt dort abwechselnd Bereiche mit hohem und niedrigem Druck. Bei niedrigem Druck kühlt das Gas ab, und es kann über einen Wärmetauscher die Wärme der Umgebung aufnehmen. Bei hohem Druck erwärmt es sich und gibt die aufgenommene Wärme über einen weiteren Wärmetauscher an einen Heizungskreislauf ab.
Durch eine Veränderung der Schallwelle lassen sich die Druckspitzen innerhalb der Röhre verschieben, sodass warmes Gas seine Energie abgeben und abgekühltes Gas neue Wärme aufnehmen kann. "Obwohl jede Druckwelle immer nur wenig Gas über eine kurze Distanz bewegt, kumuliert sich der Effekt wie bei einer Eimerkette", zitiert APS News Nathan Blanc vom israelischen Technion-Forschungsinstituts in Haifa.
Wärmepumpe in der Raumfahrt
Solche Geräte können sowohl kühlen als auch heizen. Ihre mechanische Robustheit prädestiniert sie beispielsweise für einen Einsatz in der Raumfahrt. So wird etwa ein Infrarot-Spektrometer des James-Webb-Weltraumteleskops von einer thermoakustischen Kältemaschine gekühlt.
Für eine Anwendung als Wärmepumpe waren die Geräte bisher nicht leistungsfähig genug, unter anderem wegen der geringen Druckunterschiede. Das niederländische Start-up Blue Heart will dies nun ändern, indem es statt eines Lautsprechers zwei gegeneinander arbeitende Kolben nutzt. Diese erzeugen Druckwellen mit einer Frequenz von 100 Hertz bei einem Druck von 50 bar.
Anders als bei einer herkömmlichen Wärmepumpe muss dabei kein Kältemittel verdampft werden. Das hat zwei Vorteile: Erstens sind keine speziell auf einen bestimmten Temperaturbereich optimierte Kältemittel nötig, die oft klima- und umweltfeindlich sind. Die Maschine arbeitet stattdessen mit ungefährlichem Helium. Zweitens kann die thermoakustische Wärmepumpe in einem größeren Temperaturbereich arbeiten. Laut Blue Heart funktioniert sie mit Wärmequellen von -20 bis +50 Grad und kann Vorlauftemperaturen von +7 bis +80 Grad erzeugen.
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Einen ersten Prototyp mit 3 kW haben die Niederländer im Mai auf der Hannover Messe vorgestellt. 2023 soll ein marktreifes System mit 6 kW folgen, das sich von Herstellern einfach in bestehende Systeme integrieren lassen soll.
Papierstreifen in der Wärmepumpe
Am Technion verfolgen die Forschenden einen anderen Ansatz, um die Effizienz zu verbessern. Sie haben Ende November einen Demonstrator vorgestellt, der neben Gas (in diesem Fall Stickstoff) noch einen flüssigen Wärmeträger nutzt (Wasser, Ethanol oder Isopropanol). Dieser wird über saugfähige Papierstreifen abgegeben und wieder aufgenommen. Indem Teile der Flüssigkeit an Stellen mit niedrigem Druck verdampfen und bei hohem Druck wieder kondensieren, transportieren sie "latente" Wärme durch das System und erhöhen so dessen Kapazität – allerdings auf Kosten der Einfachheit und des breiten Einsatzspektrums.
"Im Inneren der Röhre ist es so laut wie Rock'n Roll, aber außen herrscht Totenstille", sagte Technion-Forscher Guy Ramon gegenüber dem New Scientist (€). Der Demonstrator sei zwar noch hunderte Male weniger leistungsfähig als eine konventionelle Wärmepumpe, aber bereits ähnlich effizient. Für jede Kilowattstunde Antriebsenergie erzeuge er bis zu vier Kilowattstunden Wärme.
Besonders bei niedrigen Temperaturdifferenzen, so Berechnungen des Teams, könnten "feuchte" thermoakustische Wärmepumpen ("Phase-change thermoacoustic engines") bis zu drei Mal so leistungsfähig sein wie die "trockenen" Versionen. Bei höheren Temperaturdifferenzen kehre sich dieses Verhältnis allerdings um.
Das Team glaubt, die Effizienz durch Optimierungen noch weiter steigern zu können. Außerdem sollen künftige Versionen nicht mehr nur durch Strom, sondern auch durch Abwärme angetrieben werden können.
(grh)