Machen Infektionen psychisch krank?

Inhaltsverzeichnis

Irgendwann konnte es Magdalena Rahms nicht mehr mit ansehen und leitete die Entlassung ihrer Tochter in die Wege. Zufällig begegnete ihr kurz darauf ein Artikel über die Anti-NMDA-Antikörper. Sie überzeugte die behandelnde Ärztin, bei ihrer Tochter die entsprechenden Tests zu veranlassen. Als das Ergebnis den Verdacht auf die Anti-NMDA-Antikörper bestätigt, erhielt Anne endlich eine Immuntherapie: eine Blutwäsche, um die Antikörper herauszufiltern, und Medikamente, um das Immunsystem von der Produktion neuer Antikörper abzuhalten – hochdosiertes Cortison sowie das Immunsystem dämpfende Mittel.

Die Therapie schlug zunächst gut an. Dann aber stellten sich starke Kopfschmerzen und Angstzustände ein. Einige der behandelnden Ärzte vermuten, dass die Antikörper das Gehirn der jungen Frau bereits zu stark geschädigt haben. "Meine Tochter hat die richtige Therapie leider zu spät bekommen", ist sich Magdalena Rahms heute sicher.

Annes Schicksal verdeutlicht ein wichtiges Problem der Immuntherapien: Schnelles Handeln ist entscheidend. Denn offenbar wirken die Therapien nur in einem engen Zeitfenster. Wird zu lange gewartet oder die wahre Krankheitsursache zu spät erkannt, kann das Gehirn bereits dauerhaft geschädigt sein. "Nur wenn wir zu Beginn der Erkrankung mit der Therapie starten, können wir mit den entzündungshemmenden Wirkstoffen etwas ausrichten", berichtet Schwarz über seine Ergebnisse.

Ebenso wichtig wird es sein, schonende Medikamente für die Behandlung zu entwickeln. Einige der Substanzen, die Anne Rahms erhielt, können starke Nebenwirkungen haben. Hochdosiertes Cortison bewirken Probleme von Muskelschwund über Osteoporose bis hin zu Diabetes. Die Medikamente wiederum, die sonst Organtransplantierten vor der Abstoßung bewahren sollen, machen sie extrem anfällig für Infektionskrankheiten. So müssen Ärzte im Einzelfall abwägen, ob die Immuntherapie mit so vielen Nebenwirkungen Sinn macht. Deshalb fordert der Münchner Forscher Schwarz: "Wir brauchen neue Wirkstoffe, die gezielt nur jene Teile des Immunsystems ausschalten, die bei den psychisch Kranken fehlgeleitet sind." Er hofft, dass die Erfolge in seinem Forschungsgebiet auch die Pharmaindustrie motivieren werden, solche Wirkstoffe zu entwickeln. (bsc)