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"Meteor Lake": Einblick in Intels nächste Prozessorgeneration

| Florian Müssig

Die kommende Prozessorgeneration "Meteor Lake" besteht aus mehreren Chiplets anstatt aus einem großen CPU-Die. Intel verspricht längere Akkulaufzeiten.

Seit geraumer Zeit trommelt Intel zwar schon für die in Kürze anstehende Prozessorgeneration Meteor Lake und dessen Chiplet-Ansatz, geizte aber bislang mit konkreten Infos zur Umsetzung. Diese lieferte Intel nun auf einer Veranstaltung für Fachjournalisten und Analysten in Malaysia.

Die Chiplet-Bauweise bringt große Veränderungen, obwohl Intel seine Mobilprozessoren schon seit Jahren aus zwei Einzelchips zusammensetzt. So vereinte das Prozessor-Die die CPU-Kerne unter anderem mit dem Speichercontroller und der integrierten Grafikeinheit (GPU), aber auch mit deren Monitorausgängen und allen flotten Schnittstellen wie USB4/Thunderbolt und PCIe. Über die OPI-Schnittstelle wurde der von Intel als "Platform Controller Hub" (PCH) bezeichnete Chipsatz angekoppelt. Im PCH stecken alle "langsamen" Schnittstellen wie USB (2.0 und 3.x), WLAN, SATA und Audio sowie die Sensor-Hubs.

Prozessoren im Test

Meteor Lake enthält weiterhin all diese Funktionsblöcke, doch sie sind nun nach anderen Gesichtspunkten in verschiedenen Chiplets gruppiert. Zu diesen Kriterien zählt Energieeffizienz, aber auch ein Blick nach vorne: Welcher Block ändert sich wegen technischer Fortschritte häufig, welcher hält länger durch? Zu ersterer Kategorie zählen etwa die CPU- und GPU-Rechenwerke und zu letzterer Schnittstellen wie PCIe, USB 2.0 oder SATA.

Blockschaltbild: Bei bisherigen Notebookprozessoren steckten die oberen Funktionsblöcke im CPU-Die und die unteren im PCH-Chipsatz. Beim Chiplet-Prozessor Meteor Lake wurden sie ganz anders sortiert: Die Mitte entspricht dem SoC-Tile, an das links das GPU-Tile und rechts die CPU- und IO-Tiles angekoppelt werden., Intel

Blockschaltbild: Bei bisherigen Notebookprozessoren steckten die oberen Funktionsblöcke im CPU-Die und die unteren im PCH-Chipsatz. Beim Chiplet-Prozessor Meteor Lake wurden sie ganz anders sortiert: Die Mitte entspricht dem SoC-Tile, an das links das GPU-Tile und rechts die CPU- und IO-Tiles angekoppelt werden.

(Bild: Intel)

Bei Meteor Lake hat Intel alle häufig verwendeten Funktionen in das "SoC-Tile" getaufte zentrale Chiplet verlagert (siehe Blockdiagramm). Ungewöhnlich ist an dieser Stelle, dass der Hersteller dabei die integrierte Grafikeinheit auseinandergerissen hat: Zum SoC-Tile gehören Monitorausgänge und Videoeinheiten. Die flächenmäßig viel größere Shader-Baugruppe mit ihren unzähligen identischen Rechenwerken, die nur bei gewissen Anwendungen wie Spielen, Videoschnitt oder generativer KI zum Einsatz kommen, wurde hingegen in ein eigenständiges GPU-Chiplet ausgelagert.

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Intel spendiert auch den CPU-Kernen ein eigenes Chiplet, das im Maximalausbau erneut sechs starke P- mit acht effizienteren E-Kernen kombiniert – so weit, so altbekannt. Das Problem: Obwohl die Kerne bei wenig Rechenlast, etwa beim Abspielen eines Videos oder dem Verfassen eines Textes, größtenteils nichts zu tun haben, müssen sie doch regelmäßig kurz aufwachen. Dieser Umstand wiegt bei einem Chiplet-Design noch schwerer, denn dort muss eben nicht nur ein CPU-Kern aufgeweckt werden, sondern ein ganzes Chiplet.

Zwei zusätzliche Low-Power-Kerne im SoC-Tile bewirken, dass bei geringer Rechenlast wie etwa Videowiedergabe nur dieses Chiplet aktiv ist (und das nicht mal vollständig), während alle anderen durchgängig schlafen., Intel

Zwei zusätzliche Low-Power-Kerne im SoC-Tile bewirken, dass bei geringer Rechenlast wie etwa Videowiedergabe nur dieses Chiplet aktiv ist (und das nicht mal vollständig), während alle anderen durchgängig schlafen.

(Bild: Intel)

Intel löst das Dilemma, indem das SoC-Tile zwei zusätzliche E-Kerne bekommt. In den eben geschilderten Nutzungsszenarien kümmern sich diese um sämtliche Hintergrundaktivitäten, sodass das CPU-Tile vollständig schlafen kann, auch wenn man das System nutzt.

Wie alle anderen Kerne auch sind die beiden zusätzlichen für das Betriebssystem sichtbar; im Geräte- und Taskmanager von Windows geht es künftig also noch etwas gedrängter zu. Intels Thread Director gibt dem Betriebssystem Hinweise, auf welche Kerne die momentane Last aus seiner Sicht optimal verteilt ist; das ist seit Alder Lake (12. Core-i-Generation) Usus.

Bislang starteten neue Threads auf den stärkeren P-Kernen. Mit Meteor Lake dreht sich die Reihenfolge um: Der Startpunkt sind nun die Low-Power-E-Kerne im SoC-Tile, und jeder Thread muss sich den Weg auf die E-Kerne im CPU-Tile und schlussendlich auf die dortigen P-Kerne erst "verdienen".

Das zentrale SoC-Chiplet hat kaum Randbereiche, die Verbindungen nach außen zulassen (blau markiert). Deshalb benötigt man das zusätzliche IO-Tile., Intel

Das zentrale SoC-Chiplet hat kaum Randbereiche, die Verbindungen nach außen zulassen (blau markiert). Deshalb benötigt man das zusätzliche IO-Tile.

(Bild: Intel)

Pikante Randnotiz: Intel verwendet zwar für das CPU-Chiplet den hauseigenen Fertigungsprozess Intel 4, doch das SoC-Tile samt darin enthaltener E-Kerne stammt von TSMC (N6). Auch das IO-Tile (N6) und das GPU-Tile (N5) kauft Intel bei TSMC zu; aus eigenen Fabs stammt sonst nur noch der Foveros getaufte Interposer, der vollflächig unter allen Chiplets liegt und diese miteinander sowie mit dem Package-Substrat verbindet. Weil er keine aktiven Schaltelemente enthält, sondern praktisch nur Leitungen, genügt für seine Herstellung ein 22-Nanometer-Prozess.

Das gerade schon angesprochene IO-Chiplet enthält zusätzliche PCIe-Lanes, aber auch zwei weitere Monitorausgänge sowie USB4- beziehungsweise Thunderbolt-4-Controller. Diese Funktionsblöcke wurden aus zwei Gründen aus dem SoC-Chiplet ausgelagert. Einer ist wieder die Energiebilanz: Wenn ein Notebook per Thunderbolt an einem Dock hängt, tut es nicht weh, ein weiteres Chiplet mit Strom zu versorgen.

Andererseits benötigt Intel das IO-Chiplet, um überhaupt genügend Leitungen aus dem Gesamtpaket führen zu können. Die PHYs, die Verbindungen nach außen treiben, werden traditionell an den Rändern von Chips platziert. Bei einem Chiplet-Verbund sind aber bauartbedingt Verbinder zwischen den Chiplets notwendig, die Platz für Leitungen nach außen wegnehmen. Zudem haben weder GPU- noch CPU-Tile IO-Funktionsblöcke, sodass ihre Randbereiche nicht zur Verfügung stehen.

Für Intel hat der Chiplet-Ansatz einen weiteren Vorteil. Innerhalb einer Generation gab es zuletzt verschiedene CPU-Ausbaustufen, die modellspezifisch zwei, vier oder sechs P-Kerne hatten. Auch beim GPU-Ausbau gab es Differenzen. Für jede Variante musste Intel eigene Chips entwickeln, validieren und fertigen.

Der Chiplet-Ansatz vereinfacht das, denn es lassen sich separat CPU-, GPU- oder IO-Tiles entwerfen. Diese müssen dann nur ihrerseits validiert werden, während etwa das zentrale SoC-Tile unverändert bleibt. Insofern ist davon auszugehen, dass es nicht nur das große CPU-Tile mit sechs P-Kernen geben wird. IO-Tiles können mit einer unterschiedlichen Anzahl an PCIe-Lanes aufgelegt werden und GPU-Tiles mit diversen Ausbaustufen an Xe-Cores.

Apropos: Anders als die CPU-Kerne, die eng an Raptor Lake angelehnt sind, wurde die integrierte GPU generalüberholt: Im Vollausbau sind 128 EUs (die jetzt offiziell Vector Engines heißen) drin, die auf der Architektur Xe-LPG aufbauen und deutlich höher takten sollen.

Die Frage ist allerdings, in wie vielen Prozessoren das große GPU-Tile tatsächlich Verwendung finden wird. Für die meisten Notebooknutzer ist 3D-Power nebensächlich, sodass wir davon ausgehen, hauptsächlich ein kleineres GPU-Tile mit bestenfalls 64 EUs zu sehen.

Dass in den vergangenen Absätzen viel spekuliert wurde, liegt daran, dass Intel konkrete Modellinformationen weiterhin unter Verschluss hält. Damit ist allerdings auch klar, dass im Jahr 2023 wohl keine Meteor-Lake-Notebooks mehr zu kaufen sein werden – anders, als Intel noch zu Jahresbeginn 2023 versprochen hatte. Intel spricht jetzt von einer Vorstellung Mitte Dezember. Hersteller dürften ihre Notebooks also zur Technikmesse CES Anfang Januar 2024 zeigen, die im Laufe des Jahres 2024 im Handel auftauchen.

Und obwohl Intel das SoC-Chiplet mit Hinblick auf eine lange Haltbarkeit entwickelt hat, steht schon vor dem Start ein Wunsch für den Nachfolger fest: Der in Meteor Lake integrierte WLAN-Controller spricht nämlich nur Wi-Fi 6E. Anno 2024 soll sich aber dessen Nachfolger Wi-Fi 7 durchsetzen. Das klappt nur, wenn Notebooks ein klassisches PCIe-Modul bekommen, anstatt nur eines mit effizienterer CNVi-Schnittstelle, was Intel in den letzten Jahren gerne als Alleinstellungsmerkmal hervorgehoben hat. Man wird also viele Notebooks mit Intels Wi-Fi-7-Adapter BE200 sehen, während mit einer CNVi-Variante, die wohl BE201 heißen würde, auf absehbare Zeit nicht zu rechnen ist. (mue [13])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-9306630

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[1] https://www.heise.de/hintergrund/Meteor-Lake-Einblick-in-die-kommende-Prozessorgeneration-von-Intel-9306630.html
[2] https://www.heise.de/tests/Speicherduell-DDR4-und-DDR5-RAM-im-Preis-Leistungs-Vergleich-9278326.html
[3] https://www.heise.de/tests/Vier-guenstige-CPUs-fuer-aktuelle-Spiele-im-Test-9211321.html
[4] https://www.heise.de/tests/Prozessor-Guide-2023-Vom-Dual-Core-bis-zu-superschnellem-64-Kerner-im-Vergleich-9063966.html
[5] https://www.heise.de/tests/AMD-Prozessor-fuer-Gamer-Ryzen-7-7800X3D-im-Test-8973834.html
[6] https://www.heise.de/tests/High-End-Prozessoren-Ryzen-9-7950X3D-und-Core-i9-13900KS-im-Vergleich-7527486.html
[7] https://www.heise.de/tests/Core-i-13000-Effiziente-Intel-Prozessoren-mit-bis-zu-24-Kernen-im-Test-7482410.html
[8] https://www.heise.de/tests/Ryzen-7000-Prozessoren-mit-sechs-acht-und-zwoelf-Kernen-im-Test-7462297.html
[9] https://www.heise.de/tests/Rekordleistung-AMD-Serverprozessor-Epyc-9004-Genoa-mit-96-Zen-4-Kernen-im-Test-7336083.html
[10] https://www.heise.de/tests/Drei-Desktop-Grafikkarten-mit-Intels-Arc-Grafikchips-im-Test-7450743.html
[11] https://www.heise.de/tests/Ryzen-7000-Vier-Desktop-Prozessoren-fuer-die-Fassung-AM5-im-Vergleichstest-7277012.html
[12] https://www.heise.de/ct/
[13] mailto:mue@ct.de