Missing Link: Hallo, ENIAC – der erste programmierbare Computer vor 75 Jahren

Seite 3: "Wir saßen nicht an einem Computer, wir waren in einem Computer"

Inhaltsverzeichnis

In ENIACs Gestellen und Rollschränken wurden 17.468 Röhren, 7.200 Dioden, 1.500 Relais, 70.000 Widerstände und 10.000 Kondensatoren verbaut. Das gesamte System wog 27 Tonnen und hatte eine Leistungsaufnahme von 174 Kilowatt. Einer der ersten Außenstehenden, der ENIAC bewundern durfte, war der britische Computerpionier Maurice Wilkes. In seinen Memoiren schrieb er: "ENIAC war ein Raum in einem Raum. Wir saßen nicht an einem Computer, wir waren in einem Computer." Mauchly führte die Maschine vor und Wilkes bemerkte, wie er von der Maschine in der Verganheitsform sprach. Tatsächlich hatte man mit EDVAC bereits den Nachfolger, bei dem nicht mehr mit Schaltern und Kabeln programmiert wurde, sondern mit einem Programm, das im Arbeitsspeicher des Rechners geladen wurde. Das alles war indes am ENIAC-Day vergessen, als ENIAC mit einem Festbankett der Öffentlichkeit übergeben wurde. Es lohnt sich, den kurzen rekonstruierten Film der Pressekonferenz vom 1. Februar 1946 anzusehen, der die Welt erschütterte. Eigens um die internen Rechenoperationen optisch aufzuwerten, hatte man für den ENIAC-Film Panels mit beleuchteten Ping-Pong-Bällen statt der kleinen Lämpchen installiert, die die Zahlenwerte der Flip-Flops darstellen sollten: Der erste frei programmierbare Computer war der erste Rechner mit "Blinkenlichten". Wer nachvollziehen will, wie ENIAC funktionierte findet hier die Simulation und hier die passenden Erläuterungen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes YouTube-Video (Google Ireland Limited) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Google Ireland Limited) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Mit ENIAC und EDVAC wussten Mauchly und Eckert, dass sie am Beginn eines neuen Industriezeitalters standen. In ihrer Patentanmeldung vom 26. Juni 1947 heißt es: "This invention relates to methods and apparatus for performing computations involving arithmetical operations, at extremely high speeds, and with minimum use of mechanical elements, as generally so termed, and more particularly relates to the act of electrical computing machines, with particular reference to a machine utilizing electronically produced pulses to represent digits and numbers for control and programming operations, thus obviating the need for mechanically moving parts for these purposes." Seitdem die Menschheit mit Körnern das Zählen angefangen hat, habe sie nach Wegen gesucht, das Rechnen zu vereinfachen, vom Abakus bis eben zu den Computern. Mit der Einreichung des Patents entschieden sich die Erfinder gegen eine universitäre Laufbahn und für den Einstieg in die neue Industrie. Bereits der BINAC als direkter Nachfolger des ENIAC wurde von der Eckert-Mauchly Computer Corporation für den Flugzeughersteller Northrop gebaut. Umso schmerzlicher war es für die beiden angehenden Unternehmer, dass der Verbindungsoffizier Herman Goldstine ein Papier in Umlauf brachte, das das Universalgenie John von Neumann nach Gesprächen mit Mauchly und Eckert verfasst hatte. Der "First Draft of a Report on the EDVAC" brachte von Neumann die Anerkennung, die von Neumann-Architektur erfunden zu haben, zerstörte aber den Zusammenhalt der Computerpioniere. Zeit seines Lebens war Eckert erbost über den Ideenklau durch von Neumann, wie ein Interview mit Eckert zeigt.