Missing Link: Hallo, ENIAC – der erste programmierbare Computer vor 75 Jahren

Seite 4: Anerkennung, Patent-Rechtsstreit, fremder Ruhm

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Die Firma von Eckert und Mauchly baute schließlich mit der UNIVAC den ersten richtigen Industrie-Computer für den harten Dauereinsatz und erzielte mit der richtigen Prognose der US-Präsidentschaftswahl von 1952 Anerkennung. Das half der Firma freilich nicht, denn auch die Kosten der UNIVAC waren schon vorher aus dem Ruder gelaufen. Sie wurde bereits 1950 von Remington Rand übernommen, wo die UNIVAC recht erfolgreich in Serie ging. Das Ungemach für die Pioniere ging weiter, als Sperry Rand als Rechtsnachfolger das US-Patent der ENIAC veröffentlichte. Hier kam es 1967 zum Rechtsstreit mit Honeywell, der 1973 entschieden wurde. Ein Richter erklärte das Patent des voll programmierbaren Computers für ungültig, weil John Presper Eckert im Jahr 1941 den Computerpionier John Vincent Atanasoff besucht und dessen ABC-Maschine besichtigt hatte. Entsprechend harsch urteilt die deutsche Wikipedia im Eintrag über ENIAC: "Der Ruhm für die Erfindung des ersten elektronischen Rechners, den Mauchly und Eckert bis dahin geteilt hatten, geht seither auf Atanasoff über." Wesentlich präziser war da Eckert selbst, wie im Jubiläumsartikel vor fünf Jahren berichtet, als er über die Flip-Flops von William Henry Eccles und Frank W. Jordan sprach: "Was mich am meisten überraschte, war die Tatsache, dass nichts wie der ENIAC da war, obwohl es alle benötigten Komponenten 10 oder sogar 15 Jahre früher schon gab. Der ENIAC hätte 10 oder 15 Jahre früher erfunden werden müssen und die echte Frage ist doch die, warum das nicht schon früher passierte."

ENIAC-Installation (Maßstab 1 zu 1) im HNF.

(Bild: Heinz Nixdorf MuseumsForum)

Zum Nachruhm gehört, dass ab den 90er Jahren die Arbeit von Eckert und Mauchly, aber auch die herausragende Programmierarbeit der am Projekt beteiligten Mathematikerinnen neu gewürdigt wurden. Bis ENIAC im Oktober 1955 abgeschaltet wurde, hatte sich der raumfüllende Computer als zuverlässiges Instrument mit langen Laufzeiten erwiesen. Am Valentinstag 1996 feierte darum der US-amerikanische Vizepräsident Al Gore den 50. Geburtstag von ENIAC mit einer Rede, in der er eine Valentins-Grußkarte öffnete und ein kleiner Chip eine Melodie spielte. Die Rede selbst beschäftigte sich mit der Rolle, die der unternehmerische Erfindungsgeist in den USA ausmacht. Gore lobte die Dynamik, in der aus dem raumfüllenden ENIAC mobile Rechner wurden und schließlich die Laptops, die jedermann benutze. Er betonte die Rolle des Staates als Zündfunken-Geber für neue Ideen. Mit dem ENIAC und dem ARPANET, gefolgt vom Internet, hätten die Vereinigten Staaten Entwicklungen in Gang gesetzt, der große wirtschaftliche Erfolge bei der Kommerzialisierung der Ideen folgten. Zur Feier des Geburtstages von ENIAC veröffentlichte die US-Post vom Aberdeen Proving Ground aus mit leichter Verspätung eine Briefmarke, deren Bild via Mbone in sechs Länder kopiert wurde. Auch das gilt heute schon als betagte Technik.

(tiw)