Missing Link: Hallo, ENIAC – der erste programmierbare Computer vor 75 Jahren

Der erste programmierbare elektronische Rechner entstand 1946 für die US-Armee und füllte einen ganzen Raum. Damit begann ein neues Industriezeitalter.

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Der ENIAC in Philadelphia, Pennsylvania. Glen Beck (hinten) und Betty Snyder (vorn) programmieren den Computer im Gebäude 328 im Ballistic Research Laboratory.

(Bild: Unknown author, Public domain, via Wikimedia Commons)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Detlef Borchers
Inhaltsverzeichnis

Der morgige Montag (15.2.) ist der Tag, an dem vor 75 Jahren der erste frei programmierbare elektronische Computer ENIAC öffentlich nach einem gediegenen Festbankett von der US-Armee vorgestellt wurde. Der für das Artilleriecorps der USA entwickelte "Electronic Numerical Integrator and Computer" wurde zuvor am 1. Februar 1946 ausgewählten Journalisten, Fotografen und Kameraleuten in einer sehr speziellen Aufmachung gezeigt. Ihre Berichte durften zur offiziellen Präsentation am 15. Februar erscheinen in den Morgenzeitungen und lösten eine Welle von Spekulationen aus, was dieses "Elektronengehirn" alles machen könnte.

Der 15. Februar ist der ENIAC Day. Vom ersten programmierbaren elektronischen Rechner, dessen Existenz vor 75 Jahren bekannt gegeben wurde, sind eine Reihe von Artefakten übrig geblieben. Sie werden am ENIAC Day von Museen und Sammlern in einem Stream präsentiert oder als Videos gezeigt. Auf deutscher Seite ist das Heinz Nixdorf Museumsforum dabei, das sowohl über einige Original-Bauteile des ENIAC wie über preisgekrönte Nachbauten verfügt. Wer möchte, kann, wie von den Organisatoren zum Feiertag gefordert, seinen Computer an diesem Tag klassisch mit shutdown -q herunterfahren oder eben sein Smartphone abwürgen.

Die Geschichte von ENIAC ist keine Erfolgsgeschichte im klassischen Sinne, sondern ist von vielen Brüchen und Verwürfnissen durchzogen. Man kann sie natürlich so erzählen, wie es das Artilleriecorps der US-Armee als Auftraggeber des Rechners ENIAC in einem Stammbaum 1961 gemacht hat. Da wird ein Rechner, der eigentlich Schusstafeln für die Artillerie produzieren sollte, zum Stammvater aller Rechner. Man kann es freilich auch etwas differenzierter angehen, wie es wenig später der unlängst verstorbene Computerpionier Wilfried de Beauclair im Jahre 1968 in einer Grafik getan hat. Hier findet sich ein enormer Stammbaum wieder, von den indisch-arabischen Zahlen über Keplers Rudolfinische Tafeln und die Rechenmaschine von Schickard, von der Telegrafie zu den Flip-Flops von Eccles/Jordan bis hin zum ENIAC von John William Mauchly und John Presper Eckert geht. Danach geht die Entwicklung unverzüglich weiter. Noch während ENIAC im Bau war, konstruierten Mauchly und Eckert den EDVAC, danach den BINAC und schließlich die erfolgreiche UNIVAC.