Missing Link: Mit Transparenzregister und KI gegen Geldwäsche

Mit Transparenzregeln wollen Behörden gegen Geldwäsche vorgehen. Kryptowährungen sind ein Problem, aber Immobilien beliebter. Und KI könnte vielleicht helfen.​

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Geldscheine mit Kluppen zum Trocknen aufgehängt

(Bild: Olga Donchuk/Shutterstock.com)

Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Ulrike Heitmüller
Inhaltsverzeichnis

Deutschland gilt als Paradies für Geldwäscher. Zur Bekämpfung baut die Bundesregierung eigens eine Behörde auf, flankiert von neuen Gesetzen und Verordnungen. Technische Mittel sollen die Ermittler unterstützen – etwa eine Immobilientransaktionsdatenbank sowie diverse IT-Tools bei Ämtern, Banken und Notaren. Während die Täter vor der Transparenzoffensive teilweise in Kryptowährungen flüchten, setzen Ermittler große Hoffnungen in Künstliche Intelligenz (KI).

Der Begriff Geldwäsche stammt aus den USA. Dort wurde in den 1920ern und 1930ern rechtswidrig erlangtes Vermögen häufig in Waschsalons investiert. Heutzutage bezeichnet dieses "Money Laundering" die Legalisierung illegal erwirtschafteten Geldes durch die Einspeisung in den regulären Wirtschafts- und Finanzkreislauf, zum Beispiel den Kauf eines Mietshauses mit Drogengeldern.

Dabei geht es um viel Geld: Das EU-Expertengremium Moneyval schätzt das weltweite Volumen von Geldwäsche für das Jahr 2021 auf 500 Milliarden bis eine Billion US-Dollar. Das UN Office on Drugs and Crime (UNODC) geht von 800 Milliarden bis zwei Billionen US-Dollar aus. In Deutschland wird für das Jahr 2023 für die gesamte Schattenwirtschaft inklusive Geldwäsche eine Höhe von rund 433 Milliarden Euro prognostiziert, das wären rund 10,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

2022 stellte die von den G7-Staaten und der EU ins Leben gerufene Financial Action Task Force (FATF) den Deutschen bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung kein besonders gutes Zeugnis aus: Deutschland sei zwar ganz gut darin, illegale Finanzströme zu ermitteln und zerschlagen, könne aber die vorhandenen Sanktionsmöglichkeiten "pro-aktiver nutzen", um Vermögen von Terroristen einzufrieren.

"Missing Link"

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Weil das nicht die erste internationale Kritik war, hat Deutschland einige Reformen angeschoben, weitere sollen folgen. Das "Transparenzregister" erfasst seit 2017 die Menschen, die hinter verschachtelten juristischen Strukturen stehen. "Diese Informationen sind für Vertragspartner wichtig, damit sie überhaupt erst prüfen können, ob die Geschäftsbeziehung zu einem Unternehmen erhöhte Risiken in Bezug auf Geldwäsche mit sich bringen könnte", erklärt ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums.

Geldwäscheaktivitäten im Finanzsektor wurden inzwischen erschwert, daher weichen kriminelle Gruppen auf den sogenannten Nichtfinanzsektor aus, und da ist der Immobiliensektor eine "unregulierte Branche". Weitere Gründe nennt eine Studie von Transparency International: Wegen der hohen Preise von Immobilien lassen sich beim Hauskauf große Summen waschen. Dazu kommen Wertstabilität und die Rechtssicherheit – ein anderer Bösewicht kann so ein Haus nicht einfach klauen, im Gegensatz zu Edelsteinen, Bargeld, Kunst oder Goldmünzen.

In Deutschland wechselt keine Immobilie den Besitzer, ohne dass ein Notar beteiligt ist. Sie unterliegen einer Verschwiegenheitspflicht und dürften daher grundsätzlich keine Meldungen nach dem Geldwäschegesetz (GwG) machen. Aber am 1. Oktober 2020 ist eine neue Verordnung zu den meldepflichtigen Sachverhalten im Immobilienbereich in Kraft getreten. Nun müssen Notare eine Meldung erstatten, wenn sie Kenntnis davon haben, dass ihre Rechtsberatung etwa zur Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder eine andere Straftat genutzt wurde oder wird.

"Wir sind seit 2019 in der Geldwäschebekämpfung sehr stark aktiv", sagt Jens Bormann, Präsident der Bundesnotarkammer, im Rahmen einer Podiumsdiskussion Ende vergangenen Jahres in Berlin. "Ich habe 28 Mitarbeiter und wenn ich hochrechne, würde ich sagen, dass ungefähr zwei Stellen auf den Bereich Geldwäschebekämpfung gehen, das Thema hat also für uns eine große praktische Bedeutung."

Im Jahr 2019 hatten Notare noch 17 Verdachtsmeldungen abgegeben, nach der neuen Verordnung stieg die Anzahl der Meldungen auf 1629 und im Jahr 2021 auf 6471. Damit wurden fast 80 Prozent der Verdachtsmeldungen aus dem Nichtfinanzsektor von Notaren abgegeben. Für das Jahr 2022 erwartet die Bundesnotarkammer einen Anstieg der Meldezahlen auf über 7000 Meldungen, bei etwa 6700 Notaren "eine sehr hohe Meldequote im Vergleich zu anderen Berufsträgergruppen", sagte Milan Bayram, Pressesprecher der Bundesnotarkammer.

Das Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz (FKBG) nimmt zahlreiche von der FATF bemängelten Punkte auf. Allerdings ist das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen, das Gesetz soll erst 2024 in Kraft treten. Der Gesetzentwurf enthält erstens Regelungen zur Errichtung eines neuen Bundesamtes zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) und seinen Aufgaben und Befugnissen, zweitens fachgesetzliche Anpassungen unter anderem im Bereich der Geldwäscheaufsicht und Sanktionen, drittens Regelungen für die Einrichtung eines Immobilientransaktionsregisters.

In diesem Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) sollen mehrere Stellen mit ihren Kompetenzen zusammengeführt werden: die strafrechtlichen Ermittlungen, die Koordinierung der Geldwäscheaufsicht, und ab dem Jahr 2025 auch die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS), eine Anfang 2023 geschaffene Stelle zur Durchsetzung von EU-Sanktionen auf Bundesebene, die derzeit noch beim Zoll angesiedelt ist. Für das BBF sind 1700 Beschäftigte und Standorte in Köln und Dresden im Gespräch. 2025 soll das Amt die Arbeit aufnehmen und dabei laut Bundesfinanzministerium "modernste digitale Technologien" einsetzen.

Auch soll sein Ermittlungsansatz ein anderer sein als gewohnt, er heißt wie beim Insider-Tipp aus dem Watergate-Skandal "Follow The Money-Ansatz": Ein neues Ermittlungszentrum Geldwäsche (EZG) soll nämlich anders als andere Strafverfolgungsbehörden nicht von den Vortaten ausgehend ermitteln, sondern bei den verdächtigen Finanzströmen ansetzen, um so zu den dahinter liegenden Straftaten zu gelangen.

Laut Finanzministerium schließt das EZG damit "die Verfolgungslücke, für die Deutschland bislang in der Kritik stand: Wurden bisher vor allem Klein- und Kleinstkriminalität bei der Geldwäsche verfolgt, ermöglicht die konsequente Verfolgung des ‘Follow The Money’-Ansatzes, illegale oder verdächtige Finanzströme bis hin zu den professionellen Hintermännern und Netzwerken zu verfolgen. So gehen auch die ‘großen Fische’ ins Netz. Damit wird die Ermittlungstätigkeit bei der Geldwäschebekämpfung auf eine neue Stufe gehoben."