Missing Link: Mit Transparenzregister und KI gegen Geldwäsche

Seite 2: Technische Neuerungen

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In einem bundesweiten Immobilientransaktionsregister innerhalb des BFF soll den zuständigen Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden künftig ein volldigitaler Zugriff auf Immobilientransaktionsdaten ermöglicht werden. Derzeit kann man in Deutschland die Grundbücher nicht bundesweit durchsuchen, es gibt noch keine entsprechende Datenbank. "Außerdem", erklärt Jens Bormann, "enthält das Grundbuch natürlich nur Informationen zum Eigentümer eines Grundstückes und zu den eingetragenen Belastungen. Was im Grundbuch fehlt – und das ist auch gar nicht Aufgabe des Grundbuches – sind die Angaben zum Kaufpreis, sind Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten."

Diese Angaben sollen ins Immobilientransaktionsregister aufgenommen werden. Damit werde eine Datenbank geschaffen, die "zentral durchsuchbar sein wird, natürlich nur unter bestimmten Voraussetzungen", sagt Bormann. Behörden wie der deutschen Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit, FIU), Staatsanwaltschaften oder Polizei könnten "unter Umständen eben auch das Transaktionsverhalten bestimmter Beteiligter nachvollziehen", erklärt Bormann. "Dahinter steht viel Analysepotenzial. Und Erfahrungen aus anderen Ländern, etwa aus Spanien, zeigen, dass man, wenn man es richtig macht, da auch hohe Trefferquoten erzielen kann."

Die Bundesnotarkammer selbst bietet Notaren Werkzeuge für das Geldwäschegesetz an. Ein GwG-Prüfungstool stellt dem Notar verschiedene Fragen, damit dieser einen meldepflichtigen Sachverhalt oder ein erhöhtes Geldwäscherisiko identifizieren kann. Das Tool soll dem Notar helfen, seine Pflichten zu prüfen und mit dem GwG umzugehen. Daneben bietet die Kammer ein Meldeportal an, das einfacher und übersichtlicher als das Meldeportal der FIU ist, sagt der Sprecher der Bundesnotarkammer. Das Tool bietet einen Zugang zur FIU über das sichere Notarnetz.

Das FIU-Portal heißt richtig goAML-Web-Portal. AML steht für Anti-Money Laundering System und goAML ist eine Software, die von der UNODC speziell für FIUs entwickelt wurde. Sie greift auf international vereinbarte Standards und Schnittstellen für den Datenaustausch zurück, soll Medienbrüche vermeiden und integrierte Analysen ermöglichen.

Aber auch die Geldwäscher rüsten auf. Beispielsweise können Kryptowährungen bei der Geldwäsche durchaus eine Rolle spielen, erklärt ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums (BMF), wegen der durch sie entstehenden Anonymität und hohen Transferfrequenz. Laut FIU-Jahresbericht wurden in den vergangenen Jahren immer mehr Fälle mit Bezug zu Kryptowerten gemeldet. Die Anzahl der Meldungen mit "Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Kryptowährungen" habe sich "auch im Jahr 2022 überdurchschnittlich entwickelt", sagt ein BMF-Sprecher: Ein Anstieg von etwas mehr als 5200 im Jahr 2021 auf knapp 9300 im Jahr 2022. Mit regulatorischen Vorgaben und Blockchain-Analyse-Tools hält die FATF dagegen, um Kryptotransfers transparent und nachverfolgbar zu machen.

Was den Handel mit Immobilien betrifft, sind Kryptowährungen allerdings eher ein Nebenschauplatz: Sie "spielen als Zahlungsmittel bei notariell beurkundeten Vorgängen so gut wie keine Rolle", erläutert der Sprecher der Bundesnotarkammer, was auch an der gesetzlichen Rechtslage liege: "Nach § 16a des Geldwäschegesetzes (GwG) etwa kann die Gegenleistung bei einem Immobilienerwerb nicht mit Kryptowährungen bewirkt werden. Der Gesetzgeber hat mit diesem Verbot der Barzahlung beim Erwerb von Immobilien bestimmte Zahlungsmittel für 'unzulässig' erklärt", was Notare überwachten und kontrollierten. Wenn eine Immobilie oder der Anteil an einer Immobilie mit Kryptowährungen gekauft werden soll oder Kryptowährungen bereits als Zahlungsmittel eingesetzt wurden, muss der Notar es der FIU melden.

Nicht nur die Technik, auch das Verhalten der Geldwäscher habe sich "signifikant verändert", berichtet FIU-Leiter Daniel Thelesklaf. Früher habe der alles über eine einzige Bank abgewickelt, "in der Hoffnung, die Bank würde niemals die Behörden informieren". Heutzutage wickele er einen Teil über die Bank ab, einen anderen Teil über eine Sparkasse, und wieder einen anderen Teil gar nicht in Deutschland, sondern im Ausland. Auch hier müssen die Behörden erst einmal reagieren: Das würde für die FIU bedeuten, dass man mehrere Verdachtsmitteilungen im Zusammenhang auszuwerten habe. Dafür aber bedürfe es der entsprechenden Technologien.

Außerdem erhalte man heutzutage in diesem Zusammenhang deutlich größere Datenmengen als noch vor etwa fünf Jahren: "Ich beschwere mich nicht, dass wir zum Beispiel zu viele Meldungen bekommen, sondern wir müssen lernen, mit diesen Meldungen umzugehen." Etwa mithilfe entsprechender Tools. "Davon sind wir noch ein Stückchen entfernt, da müssen wir noch die Debatte mit dem Datenschutz führen." In diesem Zusammenhang hält Thelesklaf den Einsatz der KI für "eine große Chance", allerdings: "Wir werden nicht zulassen, dass KI das menschliche Hirn ersetzt, sondern KI wird immer nur ein Instrument in der Toolbox sein, das uns hilft, Daten besser zu verstehen. Am Schluss wird es immer ein Amtsträger sein, der entscheidet, was wir mit dieser Information machen."

Eine grundsätzliche Frage bei der Bekämpfung von Kriminalität ist immer die Austarierung der beiden Rechtsgüter Freiheit und Sicherheit. Die Zentralisierung mehrerer Behörden in einer Bundesbehörde BBF und der damit verbundenen Zusammenfassung unterschiedlicher Kompetenzen lässt zwar mehr Effizienz und Effektivität erwarten. Aber es wird auch mehr Macht an einer Stelle versammelt, was das föderale System eigentlich verhindern sollte. Außerdem wird mit bundesweiten Einrichtungen wie Transparenzregister und Immobilien-Transaktionsdatenbank der Zugriff auf Daten auch unbescholtener Bürger erleichtert.

Zweitens verspricht auch der "Follow The Money-Ansatz" Effektivität, bloß: Er bedeutet eben auch, dass eine Behörde ohne Kenntnis einer Straftat ermittelt. Die "anlasslose Ermittlung" ist durchaus umstritten – und wo beginnt ein "Anlass"? Nicht nur Datenschützer äußern da Bedenken.

Während nicht nur in der Transparency-Studie die Wirksamkeit der deutschen Version des Transparenzregisters bezweifelt und auf fehlenden "echten Durchgriff" verwiesen wird, ist der Präsident der Bundesnotarkammer optimistischer. "Es bringt nichts, wenn Sie ganze Aktenschränke mit irgendwelchen Formularen füllen, sondern entscheidend ist, dass sie die Leute richtig rausziehen", meint Bormann. "Und da ist, glaube ich, der Ansatz insbesondere der Bundesregierung, aber auch des Europäischen Parlaments zu würdigen".

Bei Prüfungen solle man "nicht bei Zwergbeteiligungen" von fünf Prozent anfangen, sondern bei zwanzig oder fünfundzwanzig Prozent. "Wir müssen ja schauen, dass wir trotz aller Sorgfalt die Transaktionen weiterhin möglich machen für die normalen Bürger, für die Wirtschaftsteilnehmer" mahnt Bormann. "Dazu gehört eben auch, dass wir zum Beispiel für Nicht-EU-Gesellschaften die Möglichkeit schaffen, ein Bankkonto in Deutschland zu eröffnen, eine GmbH zu gründen. Und ich glaube, dass der Ansatz der Bundesregierung, eben einerseits wirklich präventiv maßvoll zu sein, gleichzeitig aber eben die Daten effizient zu nutzen und dann auch die Leute rauszufischen, hier der richtige Weg ist."

(vbr)