Mobile Ladesäulen: E-Auto aufladen, wo es nötig ist

Das Rufen von Kleintransporter-Ladesäulen soll das Laden von E-Autos auf Reisen einfacher und zeitsparender machen.

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Ladefahrzeug von eTree.

(Bild: eTree)

Lesezeit: 3 Min.
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Sie sitzt tief, die Reichweitenangst deutscher Automobilsten. Autofahrer sind vertraut mit dem Prinzip Tankstelle und wissen meist recht genau, wie weit sie mit einer Tankfüllung reisen können. Wer elektrisch fährt, muss sich umgewöhnen: Die Batterien reichen bei den meisten Autos längst nicht so weit, wie ein Auto mit Verbrennungsmotor kommen würde.

Das Laden dauert im Regelfall ebenfalls ungleich länger, ist auf unbekanntem Terrain schwieriger zu planen und überhaupt ist das alles zunächst ungewohnt. Ganz kribbelig im Bauch wird es, wenn die Reichweitenangst der Routine weicht und der Akku versehentlich auf die null Prozent zusteuert, aber weit und breit keine Ladesäule zu finden ist. Das bedeutet dann nicht Fußweg zur nächsten Tanke und den Ersatzkanister füllen, sondern das ganz große Rad mit Abschleppwagen.

Diesen ganzen Faktoren, die die Akzeptanz gegenüber E-Autos derzeit noch bremsen, will das Stuttgarter Start-up eTree entgegensteuern. Die Entwickler mit dem „Elektro-Baum“ im Namen wollen ab dem nächsten Frühjahr Strom zu den Autos bringen, statt die Autos zum Strom. Ihre ursprüngliche Idee war, tote Zeiten an Ladesäulen zu vermeiden. Ergo: Hält man sich ohnehin an einem Ort länger auf, bestellt man stattdessen den Strom dorthin. Etwas beim Restaurant- oder Theaterbesuch oder beim Geschäftstermin.

Gebucht wird per App. Nötig sind der Standort und das Zeitfenster, in dem geladen werden soll. Das Öffnen der Ladeklappe soll ebenfalls über die App möglich sein, so dass man nicht auf das Ladefahrzeug warten muss. Das Gefährt bringt alle derzeit üblichen Steckersysteme mit: CCS, CHAdeMo, Tesla Type 2 und AC Type 2, so dass jedes derzeit auf dem Markt verfügbare E-Auto aus den eTree-Batterien gespeist werden soll.

Mit einer maximalen Ladeleistung von 180 Kilowatt füllen die Mobile dann den Akku – so das Fahrzeug es zulässt, denn längst nicht jedes E-Auto verträgt so viele Elektronen auf einmal und riegelt die Ladeleistung von sich aus ab.

Die Fahrzeuge sind natürlich ebenfalls E-Autos, entwickelt auf der Basis eines Elektro-Kleintransporters von Tropos Motors. Die Veredelungsmanufaktur Kussmaul aus Weinstadt hat das gerade mal 1,40 Meter breite Fahrzeug umgebaut und mit zwei Akkus ausgestattet. Die fahrende Ladesäule ist so klein, dass sie auch in engen Straßen oder Parkhäusern noch Platz bei dem zu ladenden Auto findet. Die Batteriekapazität beträgt 200 Kilowattstunden und kann theoretisch sogar zwei Fahrzeuge gleichzeitig mit Strom versorgen.

Verbreitet werden sollen die mobilen Ladesäulen über ein Franchise-System – wie das genau aussehen kann, halten sich die eTree-Betreiber noch offen. Angedacht sind verschiedene Abosysteme aber auch spontane Hilferufe – sozusagen der fahrende Elektronen-Ersatzkanister – sollen möglich sein. Und der Strom aus den mobilen Ladesäulen soll nicht mehr kosten als durchschnittlich an einer stationären Ladesäule. Dort sind die Preisspannen allerdings sowohl unübersichtlich als auch sehr groß. Dafür bringt der „Elektro-Baum“ reinen Ökostrom – und fährt auch selbst damit.

(jsc)