Nicht sauber, sondern rein: Wasserstoff aus Gülle

Österreichische Forscher haben eine neue Methode entwickelt, mit der aus Gülle gewonnenes Biogas hochreiner H2 wird. Doch es gibt noch einen Haken.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 190 Kommentare lesen

(Bild: petrmalinak/Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.

Wie lässt sich Wasserstoff möglichst umweltfreundlich und vor allem möglichst klimaneutral erzeugen? Das ist eine der großen Fragen bei der Dekarbonisierung vieler Industriezweige. Am besten kommt das H2 aus Wind-, Wellen- oder Sonnenkraft und nicht im erdgasgetriebenen Elektrolyseprozess in die Speicher. Eine weitere Alternative haben nun Wissenschaftler aus der Steiermark in petto: Zusammen mit Entwicklern der Neugründung Rouge H2 Engineering wollen Verfahrenstechniker an der TU Graz Wasserstoff künftig aus Biogas vom Bauernhof gewinnen – und zwar mit einem neuen Prozess.

Das sogenannte Chemical Looping soll sich in vorhandene Biogassysteme einbinden lassen, die normalerweise nur der Stromerzeugung dienen, so die Wissenschaftler vom Institut für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik. Eine Testanlage mit 10 Kilowatt Ausgangsleistung nutzt dazu 1 Prozent des erzeugten Biogases aus Gülle (rund 30 Liter auf die Minute) und versetzt es mit Wasserdampf. In einem Reaktor entsteht in einem Reformationsprozess ein Synthesegas. Dieses wird dann zur Reduktion von Eisenoxid zu Eisen verwendet, das bei Zugabe von weiterem Wasserdampf reoxidiert. Dabei soll hochreiner Wasserstoff (99,998 Prozent) entstehen, den die Forscher ableiten und auffangen können.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes YouTube-Video (Google Ireland Limited) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Google Ireland Limited) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Das Verfahren soll bei einer ausreichenden Versorgung mit Gülle bestenfalls halb so teuer sein wie der aktuelle Abgabepreis von Wasserstoff an der Tankstelle. Das entspricht ungefähr dem, was aktuell bei der regulären Elektrolyse preislich anfällt (5 bis 12 Euro pro Kilo H2). Hinzu kommt die Marge.

Während das Chemical Looping laut der Wissenschaftler um den Verfahrenstechniker Viktor Hacker gut getestet ist und sich in nahezu jede Biogasanlage einbauen lassen soll, gibt es einige unbeantwortete Fragen. Dazu gehört, was nach der Produktion mit dem Wasserstoff geschehen soll. Der Druck, mit dem das H2 den Prozess verlässt, liegt laut Hacker bei 100 bar. Getankt werden kann so mit den aktuellen Speichern, die auf starke Kompression setzen, nicht.

Die im Segment standardmäßig verwendeten 700 bar zu erreichen, wäre teuer und komplex. Entsprechend reicht es nicht, Biogasanlagen mit Chemical Looping und H2-Tankstellen zu verbinden. Die Forscher denken daher darüber nach, ihren Wasserstoff für Fahrzeuge mit geringerer Reichweite zu offerieren, bei denen mit weniger Druck im Tank gearbeitet werden könnte. Doch dies wiederum zieht neue Fahrzeugtechnik nach sich, weshalb sich das Verfahren dann eher für Industriebetriebe eignet, die ihren Werksverkehr dekarbonisieren wollen.

(bsc)