Ölquellen als Geothermiespeicher für Sonnenwärme nutzen
In Kalifornien kam das Unternehmen Hyperlight Energy auf die Idee, versiegenden oder auch leeren Öl- und Gasquellen zu einem zweiten Leben zu verhelfen.
- Hanns-J. Neubert
Das Gestein im Untergrund rund um öl- und gasführende Schichten könnte sich künftig als Wärmebatterie nutzen lassen. Wie bei der Geothermie können Erdwärmekraftwerke die gespeicherte Tiefenwärme wieder zu CO2-freiem Strom umwandeln.
Dort, wo noch Öl oder Gas zu finden sind, soll heißer Dampf aus konzentrierter Sonnenwärme aber auch dazu dienen, die letzen Reste aus versiegenden Quellen herauszupressen. So könnte fossile Energie aus solchen Bohrlöchern zumindest formal ein klein wenig umweltfreundlicher werden. Denn andere Methoden der tertiären Ölgewinnung, auch "Enhanced Oil Recovery" (EOH) genannt, sind weit umweltschädlicher, weil sie entweder Erdgas, CO2 oder giftige Fracking-Chemikalien nutzen, um an die letzten Ressourcen einer Fossilquelle heranzukommen. Schließlich wird die Welt auch noch Mitte des Jahrhunderts nicht ohne Öl und Gas auskommen, auch wenn der Höhepunkt nach Angaben der Internationalen Energieagentur IEA 2019 erreicht war.
Hyperlight Energy ist ursprünglich Entwickler und Hersteller eines preiswerten Systems wärmespeichernder Solarkollektoren namens "Hylux" für die großflächige Gewinnung von konzentrierter Sonnenenergie. Davon ausgehend entwickelte das Unternehmen nun ein hybrides System, das es "Tectonic Sun" nennt. Es soll kontinuierlich über lange Zeit hinweg verlässlich und kostengünstig Strom liefern.
Immer der Sonne folgen
Das Hylux-System besteht aus preiswerten, leichten Kunststoffröhren. Ihr Querschnitt ist D-förmig und auf der flachen Außenseite des D verspiegelt. "Sie rollen den ganzen Tag über, um der Sonne zu folgen und deren Strahlen auf ein lineares Absorberrohr zu fokussieren, wo es ein Thermoöl erhitzt, das sehr, sehr heiß wird", erläutert Nicholas Kramer das System. Er ist Mitbegründer und technischer Leiter von Hyperlight Energy.
Das Prinzip ähnelt Parabolrinnenkraftwerken, bei denen Spiegel entlang von langen Achsen in Parabelform gewölbt sind. Sie werfen die Strahlen ebenfalls auf ein Absorberrohr mit Thermoöl oder geschmolzenem Salz. Die bekanntesten solcher Anlagen in Europa sind die drei Andasol-Kraftwerke in der spanischen Provinz Granada.
Doch anders als diese sehr teuren Anlagen sind die Kapitalkosten des Hylux-Systems weitaus geringer, vor allem deshalb, weil die Rohre aus Kunststoff mittels Extrusion geformt sind, einer Art Spritzguss. Sie liegen flach auf dem Boden, lassen sich auch nachträglich modular erweitern und benötigen weder klimaschädlichen Beton und noch Stahl für die Ständer.
Dieses bewegliche Spiegelröhrensystem will Hyperlight Energy jetzt im Tectonic-Sun-System mit unterirdischen Wärmespeichern kombinieren. "Wenn Sie also im Sommer mehr Energie erzeugen, als Sie benötigen, geben Sie die überschüssige Energie in Form von Dampf ins Erdreich ab, um ein unterirdisches Reservoir zu erwärmen", erklärt Kramer.
Heißdampf für das Bohrloch
Zusammen mit der unabhängigen, regionalen Ölgesellschaft Hathaway, die um die Stadt Bakersfield in Kalifornien sechs Ölquellen nutzt, plant Hyperlight Energy jetzt eine Demonstrationsanlage für den ersten Test.
Dort soll jetzt statt Erdgas der Heißdampf, den die Hylux-Anlage am Ende erzeugt, in das Bohrloch geleitet werden, um das Öl auszutreiben. Dabei bleibt die Wärmeenergie in den Tiefengesteinen jedoch erhalten. Der Verkauf des später daraus erzeugten Stroms ist dann gleich noch eine zweite Einnahmequelle für das Ölunternehmen. Ist die Ölquelle eines Tages leer, kann die vorhandene Infrastruktur natürlich weiterhin genutzt werden, um in der Tiefe Wärmeenergie zu speichern. Neue Bohrungen sind dann nicht mehr nötig.
Die ersten Anlagen für solche sogenannten thermalen tertiären Ölgewinnungen (Thermal Enhanced Oil Recovery (tEOR)) gibt es in Kalifornien zwar bereits seit 2011 und seit 2013 auch in Oman. Aber anders als bei Tectonic Sun steht bei ihnen ausschließlich die Erhöhung der Ölausbeute durch die Heißdampfeinleitung im Vordergrund, nicht die Speicherung von Wärmeenergie.
Wärme im Gestein – für später
Hyperlight Energys Technologie eignet sich für Ölvorkommen in Sedimentgesteinen, also relativ lockeren geologischen Ablagerungen, die Öl wie einen Schwamm speichern. "Wir konzentrieren uns zunächst auf tertiäre Ölgewinnungsstandorte, die noch im Betrieb sind", sagt John King, der Vorstandsvorsitzende von Hyperlight Energy. "Bei diesem Ansatz nutzen wir die Geothermie als Energiespeichermedium, nicht als Stromerzeugungsquelle. Die von der Sonne eingespeiste Wärme, die auf natürliche Weise im Gestein rund um die Ölquellen gebunden ist, wird später genutzt, um Strom für Anwendungen außerhalb der Öl- oder Gasbohrungen zu erzeugen."
Klar ist allerdings auch, dass diese Technologiekombination nur dort effektiv sein kann, wo die Ölquellen in sonnigen Regionen der Erde liegen, wie in Kalifornien oder im Nahen Osten – und dort, wo es nicht zu Nutzungskonflikten kommt, wenn etwa Öl- und Gaskavernen statt als Wärmespeicher vielmehr als CO2-Endlager dienen sollen.
(jle)