Roboter im Alltag: Der Kollege

Seite 2: Roboterausbildung

Inhaltsverzeichnis

Beim Anlernen der Roboterkollegen gibt es noch Optimierungsbedarf. Woher soll die Maschine wissen, was sie tun soll? Gut, der Mensch kann es ihr zeigen, indem er etwa den Roboterarm vom Start- zum Zielpunkt führt und über Eingabetasten signalisiert, wo der Roboter zum Beispiel etwas greifen und wo wieder loslassen soll. Aber so eine Demonstration ist nie perfekt, sondern bietet zunächst nur eine Orientierung. Der Bewegungsablauf muss vom Roboter danach in möglichst wenigen Schritten optimiert werden.

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Hierzu wird intensiv geforscht. An der TU Darmstadt etwa beschäftigt sich Georgia Chalvatzaki mit diesen Fragen. Die von der Gesellschaft für Informatik gerade als KI-Newcomerin des Jahres ausgezeichnete Forscherin konnte im Rahmen des Emmy-Noether-Programms der Deutschen Forschungsgemeinschaft die Forschungsgruppe iROSA (intelligent Robotic Systems and Assistants) einrichten, die sich dem Problem mit einer Kombination aus modellbasierten Ansätzen und Lernverfahren nähern will. Als eine weitere Herausforderung sieht sie dabei die unterschiedlichen Kinematiken von Mensch und Roboter. Letzterer verfüge oft über mehr Freiheitsgrade als der Mensch, weswegen komplexe Bewegungsabläufe aus Elementarbewegungen (motion primitives) zusammengefügt werden müssten.

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Nicht nur mit der Bewegungssteuerung, auch mit der Wahrnehmung seien schwierige Probleme, verbunden, so Chalvatzaki. Roboter, die in unübersichtlichen und sich ständig verändernden Umgebungen wie privaten Haushalten dem Menschen zur Hand gehen sollen, dürften daher erst in mehreren Jahrzehnten die nötige technische Reife erreichen. Für strukturiertere Umgebungen wie Fabriken oder Werkstätten mag es aber sinnvolle Anwendungen bereits in zehn Jahren geben.

Ob die Roboterkollegen dort immer willkommen sind, ist eine andere Frage. Im Zusammenwirken mit dem Roboter könnte der Mensch laufend an seiner Abschaffung arbeiten, gibt Oliver Bendel (Fachhochschule Nordwestschweiz) zu bedenken: "Der Co-Robot hat im Prinzip die Gelegenheit, ihn jederzeit zu beobachten, von ihm zu lernen, bis er so gut wie der Mensch ist oder noch besser. Der Betroffene wäre eingeweiht oder nicht eingeweiht. So oder so müsste er zum Vorbild taugen. Am Ende könnten Co-Robots zusammenarbeiten, auf eine vielleicht zutiefst menschliche Weise, und Menschen aus dem System herausfallen. Das soziotechnische System würde zum technischen, das das Soziale und Moralische nur mehr in kodierter Form kennt."

Viele Forscherinnen und Forscher fordern daher, die Technik vom Menschen her zu entwickeln und an dessen Bedürfnissen auszurichten, statt den Menschen dem Takt der Maschine zu unterwerfen. Peter Remmers (TU Berlin) sieht in der Mensch-Roboter-Kollaboration eine Gelegenheit, neu über konkrete Realisierungen von guter Arbeit nachzudenken. Das verleihe humanoiden Robotern, die gerade vonseiten der Industrierobotik lange Zeit als nutzlose Spielerei abgelehnt wurden, neue Bedeutung: "Die Forderung, Technik an den Menschen anzupassen und nicht umgekehrt, spiegelt sich im Bereich der Robotik in der Vermenschlichung der Technik wider. Diese Tendenz ist nicht zuletzt auf die kulturelle Vorgeschichte des Roboters zurückzuführen, die durch die Figuren des künstlichen Menschen und des Maschinenmenschen geprägt ist. Selbst nüchterne Ansätze in der heutigen Industrierobotik können sich diesem Hintergrund selten gänzlich entziehen."

Exoskelette als Beispiele für Kollaboration von Mensch und Roboter (3 Bilder)

Exoskelette sind ein Beispiel besonders enger Zusammenarbeit von Mensch und Roboter. Das Exoskelett Paexo von Ottobock kommt dabei ohne eigenen Antrieb aus … (Bild: VW News (Screenshot))

Der menschliche Partner müsse das Verhalten des Roboters möglichst gut und spontan erkennen können, so Remmers, selbst wenn ohne unmittelbaren Kontakt nur im selben Raum gearbeitet werde. Wenn der Mensch dem Roboter ein Verhalten nach dem Vorbild menschlicher Handlungen zuschreiben könne, sei eine flüssige Zusammenarbeit einfacher zu gewährleisten. Für die Mensch-Roboter-Kollaboration biete es sich daher an, "Interaktionsmuster aus der Zusammenarbeit von Menschen zu simulieren".

Das wiederum fällt natürlich umso leichter, je menschenähnlicher der Roboter gestaltet ist. Die Möglichkeiten komplett humanoider Roboter, die sich auf zwei Beinen fortbewegen, sind derzeit allerdings noch sehr begrenzt, wie sich beim EU-Projekt Comanoid gezeigt hat. Hier wurde der Einsatz humanoider Roboter im Flugzeugbau anhand des Roboters Toro vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) untersucht. Anders als etwa beim Autobau, wo sich das zu fertigende Produkt an den Roboterarmen vorbeibewegt und dabei nach und nach vervollständigt wird, ist beim Flugzeubau die Umgebung selbst das Produkt, in dem die Roboter sich bewegen müssen. Daher ist der Automatisierungsgrad hier noch eher niedrig. Denn es geht nicht nur um sicheres Laufen, was allein schon schwierig genug ist, sondern um die Kontrolle des gesamten Körpers. Eine besondere Herausforderung ist es zum Beispiel, die Kräfte zu kalkulieren, wenn der Roboter sich mit einem Arm abstützt, um mit dem anderen eine Schraube festzuziehen.

Gleichwohl ist absehbar, dass Roboter sich mit der Zeit zu immer besseren Kollegen entwickeln werden. Früher oder später stellt sich damit die Frage, warum Menschen überhaupt noch arbeiten sollen, wenn Roboter das genauso gut erledigen können. "Die Idealisierung der Arbeit, sofern in der Fabrik nicht eh schon erodiert, wird tendenziell relativiert", stellt Oliver Bendel fest. "Denn es fragt sich, wie etwas unabdingbar zum Menschsein gehören soll, das automatisiert werden kann, und sei es bloß in Teilen. Und ob es am Ende nicht vor allem Mitleid ist, was den Arbeitern einen Rest von Arbeit lässt."

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Klar, wer sich weiterhin abrackern will, sollte dazu die Möglichkeit erhalten, nicht aus Mitleid, sondern als Rechtsanspruch. Andere werden die Automatisierung der Arbeit eher als Geschenk sehen. Denn sind am Ende nicht die Kollegen am beliebtesten, die zu dir sagen: "Lass mal gut sein, ich mach das schon. Geh nach Hause, treib Sport, widme dich der Kunst, kümmere dich um deine Familie oder triff dich mit Freunden."

Solche Kollegen wären jedenfalls auf dem besten Wege, zu Freunden zu werden. Inwieweit Freundschaften zwischen Mensch und Roboter möglich sind, ist Thema der nächsten Folge.

(olb)