Schule digital: Die großen Pläne des Bundes – Fiasko oder Revolution?
Die Bundesregierung will die Bildung digitalisieren, mit einer riesigen Plattform. Die Ambitionen sind immens – die Umsetzung ist aber vollkommen unklar.
In der Bildungspolitik in Deutschland findet man bisher vergleichsweise überschaubare Digitalisierungsbegeisterung und wenige Early Adopter. Durch Corona hat sich einiges geändert, auch in Sachen digitale Bildung. Bund und Länder haben verschiedene Initiativen auf den Weg gebracht. Eine davon: eine Nationale Bildungsplattform, die heutige Lern- und Lehrplattformen in den Schatten stellen könnte. Die neue "Initiative Digitale Bildung" verspricht zugleich den ganz großen Aufschlag, könnte aber wieder an einer Vielfalt an Zuständigkeiten und einer hausgemachten Unterfinanzierung leiden.
Die neuen Ansätze könnten das Zeug zur Revolution haben – oder zum großen Fiasko. Um die aktuellen Anstrengungen einordnen zu können, hilft eine kleine Landkarte der diversen Aktivitäten, die in Deutschland zuletzt in der Bildungspolitik, insbesondere für den Bereich Schule auf den Weg gebracht wurden und werden.
Die Sache der Länder
Zunächst gibt es 16 Bundesländer, die jeweils eigene Programme für Lehrpläne, Aus- und Fortbildungen, Infrastruktur und Ausstattung haben. Diese Landschaft wird dadurch nicht übersichtlicher, dass für die Ausstattung die Schulträger zuständig sind, die unterhalb der Länderebene angesiedelt sind. Zur Ausstattung gehört nicht nur IT-Technik, Lehr- und Lernmittel, sondern auch das technische Personal. So unterschiedlich, wie Länder und Schulträger aufgestellt sind, so verschieden sieht auch die digitale Ausstattung aus. So ist es durchaus möglich, dass die eine Schule eine dicke Internetanbindung und ausreichend Geräte hat, während man in der Nachbar-Schule auf private Geräte und den inoffiziellen Hotspot eines Smartphones angewiesen ist.
Die Coronakrise hat hier für einen erheblichen Schub gesorgt. So verkündete Hamburgs Bildungssenator Rabe im März stolz, dass man innerhalb von einem Jahr den Anteil der staatlichen Schulen mit WLAN von 18% auf 95% steigern konnte. Nach den Sommerferien sollen zudem für alle Lehrkräfte und weiteres pädagogische Personal Dienst-Tablets zur Verfügung stehen.
Die KMK in der digitalen Welt
Die Länder stimmen sich untereinander in der Kultusministerkonferenz (KMK) ab. Die KMK hat nicht unbedingt den Ruf, eine herausragend agile und mutige Organisation zu sein. Allerdings sehen selbst Kritiker:innen in der KMK-Strategie "Bildung in der digitalen Welt" von 2016 einen deutlichen Fortschritt, zumal die Umsetzung der dort beschriebenen Kompetenzen in allen Schulen als verbindlich vorgesehen ist. (Dass es an der Umsetzung an vielen Stellen hakt, hat ausnahmsweise nicht die KMK zu verantworten.)
Zudem arbeitet die KMK für 2021 an einer Erweiterung unter dem Arbeitstitel "Lehren und Lernen in der digitalen Welt", die derzeit in einer internen Entwurfsfassung diskutiert wird. Dabei wird explizit auch Bezug genommen auf "die mit der Corona-Pandemie einhergegangenen Maßnahmen zur Re-Organisation von Schule und Unterricht, die seit März 2020 wahrnehmbare Wirkungen auf die Unterrichts- und Schulentwicklung gehabt haben."
Vereinfacht gesagt: Es geht darum, wie man in einer Post-Corona-Welt die notgedrungen neu erprobte Nutzung digitaler Medien konstruktiv fortführen und gestalten kann. Oder noch zugespitzer: Nachdem man 2016 auf die Kompetenzen für Schülerinnen und Schüler geschaut hat, sollen jetzt die Lehrerinnen und Lehrer lernen, was der digitale Wandel für ihre Arbeit bedeutet.