Stetes Wachstum – Die Neuerungen von Linux 2.6.29

Seite 5: Audio, Firewire, USB, Video

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Am Alsa-Framework und dessen Treibern gab es auch in diesem Entwicklungszyklus wieder hunderte von kleinen und größeren Änderungen (u. a. 1, 2, 3, 4, 5). Laut dem Angaben im Kernel ist die Audio-Unterstützung von Linux 2.6.29 damit auf dem Niveau von Alsa 1.0.18a, tatsächlich aber wird Linux 2.6.29 schon viele Änderungen der aktuellen Alsa-Treiber-Version 1.0.19 enthalten. Darunter etwa die Aufteilung des Treiber für HD-Audio-Codecs in mehrere Dateien sowie die Unterstützung zur Audio-Ausgabe via HDMI bei Intel- und Nvidia-Chipsätzen (u. a. 1). Die Stromsparfunktionen für AC97- und HD-Audio-Chips gelten nun nicht mehr als experimentell – wer die Akku-Laufzeit seines Notebook verlängern will, sollte diese bei der Kernel-Konfiguration daher einschalten oder sie nachträglich aktivieren, sofern der Kernel der eingesetzten Linux-Distribution das nicht schon macht.

Auch das Video-4-Linux/DVB-Subsystem erweiterten oder veränderten hunderte von Patches (1, 2, 3, 4, 5, 6). Neu sind etwa zwei weitere Gspca-Treiber: ov534 spricht die Sony Playstation EYE an, während sich stv06xx für einige ältere Quickcam-Kameras von Logitech eignet. Für letztere benötigte man bisher meist einen der zwei unter dem Namen qc-usb bekannten Treiber, die beide nie den Sprung in den Linux-Hauptentwicklungszweig geschafft haben.

Über Greg Kroah-Hartman, den Betreuer des USB-Subsystems, fand der maßgeblich von Intel-Entwicklern vorangetriebene und im Rahmen des Linux-Wimax-Projekts entwickelte Wimax-Stack den Weg in den Kernel. Damit erhält Linux mit 2.6.29 eine Basisinfrastruktur für die drahtlose Breitband-Vernetzungstechnik Wimax, auf den der ebenfalls im Wimax-Projekt entwickelte und parallel in den Kernel aufgenommene USB-Treiber i2400m aufsetzt. Er spricht Intels Wimax-Chip Wimax Connection 2400 an, der sich auf den vornehmlich in neueren Centrino-Notebooks verbauten WLAN-/Wimax-Modulen Intel Wireless Wimax/Wifi Link 5150 und 5350 (Codename: Echo Peak) findet. In einer Mail und auf der Linux-Wimax-Webseite finden sich zahlreiche Details und Hintergründe zur neuen Wimax-Infrastruktur des Linux-Kernels. Die Webseite hält auch die i2400m-Firmware und die zugehörige Userspace-Software zum Download bereit.

Stefan Richter brachte zahlreiche Erweiterungen in das von ihm betreute FireWire-Subsystem ein (u. a. 1, 2), die Verbesserungen für asynchrone Datenübertragungen bringen und die Limitierung von Übertragungen auf 800 MByte/s entfernen. Recht weit in der zweiten Hälfte des Entwicklungszyklus fand über den FireWire-Entwicklungszweig zudem noch der V4L-/DVB-Treiber firedtv (vormals firesat) den Weg in den Hauptentwicklungszweig. Er unterstützt die von Digital Everywhere entwickelte und von El Gato vertriebene FireWire-TV-Hardware FireDTV und FloppyDTV.

Nachdem der von Greg Kroah-Hartman betreute Staging-Kernel-Zweig mit 2.6.28 in den Hauptentwicklungszweig von Linux aufgenommen wurde, fanden über den selbsternannten "Maintainer of crap" ("Verwalter des Mists") zahlreiche weitere Treiber, die den Qualitätsansprüchen der Kernel-Entwickler (noch) nicht genügen, den Weg in den Staging-Bereich des Kernels, um dort zu reifen. Darunter befinden sich unter anderem die WLAN-Treiber rt2860 und rt2870 für die gleichnamigen WLAN-Chips von Ralink, die sich in so manchem aktuellen Netbook und einigen billigen Notebooks finden.

Neu im Staging-Bereich sind auch der im Oktober freigegebene Treiber otus für die 802.11n-USB-WLAN-Chips UB81, UB82 und UB83 von Atheros sowie die Treiber agnx und rtl8187se für die WLAN-Chips AGNX00 von Airgo und RTL8187SE von Realtek. Zudem gab es zahlreiche Aufräumarbeiten und Umstrukturierungen am Code des bereit 2.6.28 beiliegenden Frameworks wlan-ng.

Auf für Kernel-Verhältnisse gigantische 2 MByte summierte sich der Commit des openPOWERLINK Network Stack von Systec Electronic. Zirka 1,2 MByte Umfang hat der Commit, der die ME-IDS-Treiber von Meilhaus nachrüstet. Zudem haben die Kernel-Entwickler das Comedi-Framework sowie zahlreiche Kernel-Erweiterungen von Googles Android im Staging-Bereich aufgenommen.

Ob die greifbare Vorteile durch die Aufnahme all dieser Staging-Treiber haben, ist von der jeweiligen Distribution abhängig, denn die Verwalter der Distributions-Kernel aktivieren die Staging-Treiber nur teilweise oder gar nicht, weil sie den normalen Qualitätsansprüchen der Kernel-Entwickler eben nicht genügen. Das ist auch der Grund, warum der Kernel beim Laden von Staging-Treibern als "TAINT_CRAP" markiert wird, damit bei Fehlerberichten durch Anwender klar ersichtlich ist, dass ein "mistiger" Treiber den Kernel "verschmutzt" hat und möglicherweise für Probleme (mit)verantwortlich ist. Anwendern, die ihre Hardware einfach nur benutzen wollen, dürfte das aber mangels Treiber-Alternativen zumeist herzlich egal sein, sofern der Treiber keine größeren Probleme macht.