Stürmer aus Stahl

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Ursprünglich hatte der japanische Informatiker Hiroaki Kitano, der maßgebliche Initiator des RoboCups, sogar an einen Wettbewerb gedacht, der sich gleich an konkreten Anwendungen wie Pflege oder Katastrophenhilfe orientieren sollte. Er erkannte jedoch schnell, dass sich die Aufgabenstellung dabei schwer fokussieren ließe. "Deshalb hielt ich es für eine bessere Strategie, an einem Spiel die grundlegenden Technologien zu entwickeln und sie dann auf andere Bereiche zu übertragen", sagt Kitano.

Das Fußballspiel erwies sich als besonders geeignet, aufgrund seiner großen Dynamik, des erforderlichen hohen Grads an Kooperation, der eher geringen direkten Körperkonfrontation - und seiner weltweiten Popularität. Das Runde muss ins Eckige, das versteht jeder. Und so bietet Roboterfußball auch Laien die Chance, die Fortschritte der Robotik von Jahr zu Jahr mitzuverfolgen.

Die zeigen sich insbesondere im zunehmenden Tempo der Spiele. Immer weniger Zeit geht mit der Suche nach dem Ball und der Orientierung auf dem Spielfeld verloren, immer zielstrebiger werden die Bewegungen. Das hat überwiegend mit Verbesserungen bei der Software zu tun. So ist die Bildverarbeitung robuster gegenüber Änderungen der Lichtverhältnisse geworden. Beim Ermitteln der eigenen Position auf dem Spielfeld haben sich so genannte Monte-Carlo-Methoden etabliert: Statt einer exakten Positionsbestimmung, die zu rechenaufwendig wäre, wird mit Wahrscheinlichkeiten gearbeitet. Der Roboter glaubt, an einer bestimmten Stelle zu sein und gleicht diese Vermutung ständig mit aktuellen Messwerten ab.

Manche technischen Errungenschaften werden indes durch regelmäßige Erschwerungen bei den Spielbedingungen kompensiert. So hat man zum Beispiel im Jahr 2002 bei den mittelgroßen Robotern die Spielfeldbande entfernt. Die hatte bis dahin die Selbstlokalisierung der Spieler erleichtert, weil die senkrechten Wände eine gute Reflexionsfläche etwa für Laserscanner abgaben. Inzwischen bestimmen fast alle Roboter ihre Position ebenso zuverlässig mit Hilfe von Kameras anhand der Linien und anderer Markierungen auf dem Spielfeld. Die meisten stützen sich dabei auf eine omnidirektionale Kamera, die nach oben auf einen konvex hyperbolisch geschliffenen Spiegel gerichtet ist und dadurch stets das gesamte Spielfeld im Blick hat. Das Bild ist zwar verzerrt, doch das lässt sich durch die Software leicht herausrechnen.

Omnidirektionalität wird auch bei den Antrieben immer mehr zum Standard: Die Spieler beider Teams, die Anfang April bei den diesjährigen RoboCup German Open in Paderborn das Endspiel bei den mittelgroßen Robotern bestritten, bewegten sich auf jeweils drei Rädern, deren Reifen wiederum aus aufgereihten kleinen Passivrädern bestehen. Ein Rad, das quer zur Bewegungsrichtung steht, blockiert daher nicht, sondern rollt auf dem Kranz aus kleinen Rädern.

Dieses Prinzip, erstmals bei der WM 2000 vom italienischen "Golem"-Team eingesetzt, verlieh jetzt sowohl den Robotern des Teams "Persia" von der University of Technology in Isfahan als auch den "Brainstormers Tribots" der Universitäten Osnabrück und Dortmund eine hohe Beweglichkeit. Nur dank eines bildschönen Dribblings, das in einer eleganten Kurve um die gegnerischen Verteidiger herumführte, konnten die Tribots die ansonsten ausgewogene Partie mit 1:0 für sich entscheiden.

Ob das bei der bevorstehenden Weltmeisterschaft noch einmal gelingt, ist fraglich. Denn die Iraner haben einen Trumpf noch nicht ausgespielt: Beim letzten WM-Turnier hatten sie am Rande der Spiele eine Technik demonstriert, die bei den mittelgroßen Robotern erstmals ein direktes Pass-Spiel ermöglichen könnte. Der den Ball annehmende Roboter weicht dabei geschmeidig zurück. Auf diese Weise soll das unkontrollierte Abprallen des Balls vermieden werden. Die Schwierigkeit besteht darin, das Zurückweichen genau auf die Geschwindigkeit des Balls abzustimmen - im Wesentlichen ein Softwareproblem. Bei den German Open verzichteten die Iraner auf den Einsatz dieser Technik. "Bis zur WM in Lissabon wollen wir aber so weit sein", sagt Teammitglied Reza Moballegh.