Tech-Events in Corona-Zeiten: "Wir befinden uns alle in einem Lernprozess"

Seite 2: Es geht um sehr viel Geld

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2020 undenkbar: Volle Hütte bei der Eröffnung des Web Summit 2019.

(Bild: Sam Barnes/Web Summit)

Auch die GSMA will den MWC 2021 zumindest teilweise in Barcelona stattfinden lassen. "Wir planen mutig, aber auch vorsichtig für eine Vor-Ort-Veranstaltung im März", erklärt ein Sprecher. Der Verband hat in diesem Jahr bereits Erfahrungen mit kleineren, virtuellen Events gesammelt. "Aufgrund des Erfolgs dieser Veranstaltungen und im Hinblick auf die globalen Bedingungen bereiten wir uns auch darauf vor, Teile des MWC Barcelona 2021 zu virtualisieren." Im Herbst wird entschieden, wie der MWC stattfinden soll. Update: Inzwischen hat die GSMA den MWC in den Sommer 2021 verschoben.

Es sind keine leichten Entscheidungen, denn Riesen-Events wie der Web Summit und der MWC sind ein erheblicher Wirtschaftsfaktor für die Region, in der sie stattfinden. Portugal investiert viel, um dem Web Summit in Lissabon zu halten und weiterzuentwickeln, über 100 Millionen Euro über zehn Jahre. Die GSMA beziffert die Wertschöpfung des MWC für die regionale Wirtschaft auf über 450 Millionen Euro, beim Web Summit sollen es 300 Millionen sein.

Ebenfalls im März plant der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) seine Glasfasermesse Fiberdays als Präsenzmesse. "Wenn es das Infektionsgeschehen zulässt", sagt Sven Knapp, Berliner Büroleiter des Breko. "Oberste Priorität hat die Gesundheit der Teilnehmer und Aussteller." Der Verband plant "zweigleisig": Die mit der virtuellen "Fiberweek" vom 12. bis 16. Oktober gemachten Erfahrungen fließen in die Planung für die Fiberdays21 ein. Ob die dann ein hybrides oder rein digitales Event werden, soll "rechtzeitig vor der Messe im März" entschieden werden.

Die Veranstalter bewegen sich auf ungewohntem Terrain: Ob groß oder klein, in kürzester Zeit müssen sie eine Plattform für virtuelle Events entwickeln. Die Messe Berlin hat in wenigen Monaten einen "Xtended Space" für die IFA aus dem Boden gestampft, auf dem sich virtuelle Messebesucher alle Veranstaltungen anschauen und miteinander kommunizieren können. Auch der Breko muss sich plötzlich um Softwareentwicklung kümmern. "Wir befinden uns aktuell alle in einem Lernprozess", sagt Knapp.

Das Team des Web Summit hat seine Feuerprobe schon hinter sich. Die Schwesterkonferenz Collision, zu der im vergangenen Jahr 25.000 Besucher nach Toronto kamen, fand im Juni schon rein digital statt. In drei Monaten hat das Team dafür eine Plattform gebaut. "Dabei kommt uns zugute, dass wir früher ein Softwareunternehmen waren", sagt Cosgrave. "Der größte Teil unseres Teams sind Entwickler, wir nutzen unsere eigene Software für unsere Veranstaltungen."

Mit der selbstgebauten Konferenz-App hebt sich der Web Summit aus dem Konferenzumfeld heraus. Die Web-Summit-App ist zentraler Bestandteil des Konzeptes. "Netzwerken ist der Kern unseres Produkts", erklärt Cosgrave. Die App hilft dabei vor allem kleinen Ausstellern und dem normalen Besucher, auch wahrgenommen zu werden und Gesprächspartner zu finden. Für Collision und Web Summit wird die App mit einer Online-Plattform verknüpft, auf der die Vorträge und Panels gestreamt werden.

Einen positiven Effekt hat die Digitalisierung: Die großen Veranstaltungen werden auf einmal für neue Zielgruppen interessant. "Wir hatten mehr Teilnehmer aus Regionen, die sich sonst eine Teilnahme nicht leisten können", erzählt Cosgrave. Der Web-Summit-Gründer glaubt deshalb, dass digital bleibt: "Vielleicht kehren ein paar old-school Handelsmessen zur alten Normalität zurück, aber die meisten Events in Zukunft werden auch digital sein."

Aber ein bisschen Old-School muss offenbar schon sein. Die IFA-Organisatoren berichten von gesteigertem Interesse an der IFA 2021. Mehr als 60 Prozent der Ausstellungsfläche sind schon gebucht, teilt die Messe Berlin mit. "Das ist ein neuer Rekord", sagt IFA-Chef Jens Heithecker. "Noch nie zuvor hatten wir so früh, so weit vor Beginn der IFA, ein so großes Interesse."

(vbr)