Telefonieren mit Prepaid-Strom
Grundvoraussetzung für alle Anwendungsfelder bleibt jedoch, dass ausreichend Energie zur Verfügung steht – die am besten auch noch klimafreundlich und nachhaltig ist. "Besonders spannend finde ich, dass unsere Lösung Klimaschutz und Entwicklungshilfe kombiniert, weil Ladeninhaber Handys gegen Gebühr aufladen und zugleich CO2 einsparen können", schwärmt Roland Sprenger, Experte für internationale Klimaschutzprogramme und Projektmanager bei Mobisol. Sämtliche technischen Daten zu den Solarsystemen wie erzeugte und verbrauchte Strommengen, Zahlungsinformationen zu den Kunden und die eingesparten Kohlendioxid-Mengen seien in einer zentralen Datenbank in Berlin erfasst. Herzstück der Geräte vor Ort ist die sogenannte Mobisol-Box mit Laderegler und integriertem GSM-Modem, um die technischen Daten nach Berlin zu übertragen.
Die Solarmodule bezieht das Unternehmen aus der kenianischen Stadt Naivasha. Seit 2011 fertigen hier die holländische Firma Ubbink und ihr lokaler Vertriebspartner Chloride Exide polykristalline Solarmodule. Die Mobisol-Systeme gibt es mit einem Leistungsspektrum von 20, 60, 120 und 200 Watt. Ihr Strom reicht für ein Ladegerät von bis zu zehn Handys und vier LED-Lampen. Die beiden leistungsstärkeren Systeme verfügen zusätzlich über einen Wechselrichter, um den Gleichstrom aus dem Solarmodul in netzüblichen Wechselstrom umzuwandeln, sodass auch Geräte wie Radio oder Kühlschrank an die Stromquelle angeschlossen werden können.
Die Kunden zahlen ihre installierten Solarsysteme in Raten ab, und zwar landesüblich per Handy über M-Pesa. Der Mittdreißiger und zweifache Familienvater Dominick Mollel hat aus dem Aufladen von Handys ein Geschäft gemacht: An seinem Gemischtwarenladen im quirligen Vorort Lolovorno der Stadt Arusha im Nordosten Tansanias hat er sich von Mobilsol und der lokalen Partnerfirma Kakute Anfang 2012 eine 200-Watt-Solaranlage installieren lassen.
Die Steckplätze des Ladegeräts für zehn Handys befinden sich gleich neben dem Kühlschrank, vorn an der für Afrika so typischen Kiosk-Vergitterung. Weiter hinten im Laden drängen sich unterschiedlichste Waren auf engstem Raum: Getränke, Taschenlampen, Kekse, Waschmittel, Seife, Speiseöl, Mehl und Handy-Karten. 20 bis 50 Handys kann Mollel pro Tag aufladen. Mit dem Erlös lassen sich die monatlichen Raten von 45 US-Dollar für das Solarsystem begleichen. Nach 36 Monaten gehört ihm die Anlage, dann kann er sich eine weitere besorgen. Das lohnt sich, weil in der Nachbarschaft neue Häuser wie Pilze aus dem Boden schießen, und die Neubauten zwar Wasser, aber keinen Stromanschluss bekommen.
Mollel könnte allerdings Konkurrenz bekommen. Denn neben Mobisol hat auch das Mobiltechnik-Start-up M-Kopa ein Handy-Ladegerät auf Solarbasis entwickelt – und bietet es zu weit erschwinglicheren Konditionen an. Das Kleinstsystem besteht aus einem Vier-Watt-Solarmodul, drei Lampen, einer Kontrollbox und einem Handy-Ladegerät. Es ist seit letztem Jahr in Kenia auf dem Markt. Wie bei Mobisol nutzen die Kunden zum Bezahlen M-Pesa. Hierzu haben Safaricom und M-Kopa im Herbst 2012 extra ein Abkommen geschlossen. Demnach überweisen Kunden für das Solarsystem und seine Installation ein Startguthaben von 28,74 US-Dollar auf ihr M-Pesa-Depot. Mit Ratenzahlungen von 0,46 US-Cent über 360 aufeinanderfolgende Tage hinweg können sie die Anlage anschließend ganz erwerben. Auf diese Weise ist das System auch für einkommensschwache Familien erschwinglich – zumal dank der Solarleuchten die Kosten für den täglichen Bedarf an Lampenkerosin wegfallen.
Nach Angaben des Managing Directors Jesse Moore soll die Zahl der verkauften Systeme in den kommenden Jahren von derzeit 7500 auf 100 000 steigen. "Ostafrika ist der richtige Markt für uns", betont Moore. In Tansania und Uganda sieht er positive Anzeichen, weil dort mehr als acht Millionen Tansanier und fünf Millionen Ugander das Handy zum Geldtransfer nutzen. Ein Land ohne mobilen Geldverkehr hält er aber als Absatzmarkt für uninteressant.
Auch das englische Technologieunternehmen Azuri Technologies vertreibt seit August 2012 in Ostafrika sein Indigo-Kleinstsolarsystem. Mehr als 20000 Indigo-Systeme hat Azuri schon installiert oder in seiner Distributions-Pipeline für Kenia, Sambia, Malawi, Südsudan, Uganda, Südafrika, Äthiopien und Sierra Leone. Zu einer Einheit gehören die typische gelbe Indigo-Kontrollbox aus Plastik, ein 2,5-Watt-Solarmodul, zwei LED-Lampen, ein Akku und eine Handy-Ladestation. Der Kunde zahlt eine einmalige Einrichtungsgebühr von etwa zehn US-Dollar und kann sich mit einer Indigo-Rubbelkarte und einer SMS Solarenergie für rund 1,40 US-Dollar eine Woche lang freischalten lassen.
Alle drei Anbieter von Solarladestationen glauben, dass ihr Geschäft in Ostafrika auch künftig weiter wachsen wird. Dass Konkurrenten wie M-Kopa oder Indigo seiner Firma ernsthaft Schwierigkeiten bereiten könnten, befürchtet Mobisol-Projektierer Sprenger daher nicht: "Dazu ist der Markt viel zu groß." (bsc)