Überschall fast ohne Knall

Forscher der NASA arbeiten an einem neuen Verfahren, das den bei Überschallflügen sonst unvermeidlichen "Sonic Boom" deutlich reduzieren soll.

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Kommenden Oktober ist es 14 Jahre her, seitdem der letzte kommerzielle Überschallflug einer Linienmaschine abgehoben ist. Mit der Einmottung der Aérospatiale-BAC Concorde endete auch das Zeitalter des ultraschnellen Passagierluftverkehrs zwischen den Kontinenten, mit dem man in gut dreieinhalb Stunden von Europa in Richtung New York jetten konnte – für viel Geld zwar, aber täglich und mit fast 2.200 Kilometern in der Stunde.

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Neben der Tatsache, dass die Concorde bei ihrem Grounding völlig veraltet war (sie lief 1979 zuletzt vom Band), gab und gibt es noch ein weiteres zentrales Problem bei der Überschallfliegerei, das dafür sorgte, dass sich seither in dem Segment (bis auf Versuche mit Überschallprivatjets) nur noch wenig tat: den Überschallknall, auf Englisch Sonic Boom genannt. Das explosionsartige Geräusch beim Durchbrechen der Schallmauer ist für den Menschen so unangenehm, dass die Concorde stets erst über unbewohnten Gebiet – also über offenem Meer – ihren mit Afterburner ausgestatteten Turbojet-Flugmotoren richtig Zunder geben konnte.

Eine neue Überschallflugtechnik, die am Kennedy Space Center der NASA in Florida erprobt wird, könnte die Geräuschbelastung bei zukünftigen Ahnen der Concorde signifikant reduzieren. Das Projekt namens Sonic Booms in Atmospheric Turbulence (SonicBAT) hat das Ziel, den herben, donnerartigen Überschallknall auf längere Sicht zu einem "niederfrequenten Grollen" zu machen, erklärt John Graves von den NASA Flight Operations. Erst wenn das gelingt, wären Langstreckenflüge mit Überschallflugzeugen (Supersonic Transport) über bewohntem Gebiet möglich, mit denen man dann beispielsweise von New York nach Los Angeles in zwei Stunden käme.

Im Kampf gegen den Sonic Boom werden zunächst jede Menge Daten benötigt. Die sollen bei Testflügen mit F-18-Jets über der US-Ostküste nahe Florida gesammelt werden – in Höhen von 9,7 Kilometern. Mikrofon-Arrays am Boden des Kennedy Space Center sowie Messinstrumente in einem motorisierten Gleitflugzeug, das unterhalb der F-18 fliegt, nehmen den Überschallknall auf. Erforscht werden soll dabei, welche Auswirkungen atmosphärische Turbulenzen auf die Schallentwicklung haben und wie man sich diese zu Nutze machen könnte.

SonicBAT ist nicht das einzige Projekt seiner Art. Der Rüstungskonzern Lockheed Martin untersucht im Rahmen des Forschungsvorhabens QueSST ("Quiet Supersonic Transport"), wie sich Antriebssysteme und Flugzeugkomponenten so positionieren lassen, dass der Überschallknall reduziert wird. Ergebnis der Untersuchungen soll dann die Überführung der Erkenntnisse in einen Demonstrator sein, der Überschallgeschwindigkeiten erreichen kann, ohne trommelfellzereißende Geräusche zu erzeugen.

Von Überschall und Unvernunft (13 Bilder)

Das DLR arbeitet an einem neuen Überschallflugzeug. Der SpaceLiner sieht eher aus wie eine Rakete. Der untere Teil dient vor allem als Treibstofftank, wird vor dem Gleitflug ausgekoppelt und soll wieder zu Boden gleiten.
(Bild: DLR)

(bsc)