VW entwickelt neue Brennstoffzelle

Volkswagen hat eine Brennstoffzelle fĂĽr Autos entwickelt, die auch dem Wasserstoff-PKW zĂĽgiges Brettern auf der Autobahn erlaubt.

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  • Karsten Schäfer

Glaubt man dem Autobauer VW, ist die Welt gestern dem Wasserstoff-Zeitalter mal wieder einen großen Schritt näher gekommen. Volkswagen feierte eine „Weltpremiere“ und stellte eine völlig neu entwickelte Brennstoffzelle vor: Die Volkswagen Hochtemperatur-Brennstoffzelle. Sie ist eine Weiterentwicklung der PEM-Zellen (Proton Exchange Membrane), die bisher in Wasserstoffautos ihren Dienst verrichten.

Der größte Nachteil dieser PEM-Zellen ist aus Sicht von Wolfgang Steiger, Leiter der Antriebsforschung bei Volkswagen, dass sie bei nur 80 Grad arbeiten und auch nicht heißer werden dürfen. Ursache sind Wassermoleküle in der Austausch-Membran, die für den Protonentransport nötig sind. Wenn die anfangen zu sieden, reißt der Protonenstrom ab – und mit ihm auch der Strom der Elektronen. Die Brennstoffzelle geht aus. Schon bei einer Temperatur von 90 Grad, besteht die Gefahr, dass der Siedepunkt an einigen Stellen überschritten wird. Bei nur 80 Grad Betriebstemperatur ist die Differenz zur Umgebungstemperatur aber relativ gering, verglichen mit einem Verbrennungsmotor. „Was das bedeutet, mussten wir auch erst lernen“, gibt Steiger zu. So braucht ein Wasserstoffauto rund dreimal so viel Kühlerfläche wie ein Auto mit Dieselmotor. Selbst diese große Kühlfläche reicht es bei dem VW Touran HyMotion nur für eine Geschwindigkeit von etwas über 130 Stundenkilometer. Bei sechs Prozent Steigung sind es sogar nur keine 50 Kilometer pro Stunde mehr.

Diese Grundübel der PEM-Zellen haben die VW-Entwickler nach siebenjähriger Forschungsarbeit jetzt beseitigt. Statt Wasser setzen sie auf Phosphorsäure als Elektrolyt für den Protonentransport. Damit kann die Hochtemperatur-PEM-Zelle (HAT-PEM) bis zu 160 Grad heiß werden, ohne dass die Leistung nachlässt. Und noch ein weiteres Problem der Niedertemperatur-PEM-Zelle (NT-PEM) ist somit gelöst. Damit die Membran nicht austrocknet müssen Luft und Wasserstoff in NT-PEMs ständig befeuchtet werden. Auch das ist bei der HT-PEM nicht mehr nötig. Allerdings gab es ein neues Problem: An der Kathode, wo der Sauerstoff der Luft mit den Protonen und Elektronen des Wasserstoffs reagiert, entsteht Produktwasser. Dieses Wasser spülte die Phosphorsäure aus der Membran, bis die VW-Forscher neue Elektroden entwickelten. Diese neuen Elektroden sind Vlies-Elemente aus Kohlenstoff, die mit einer „neuartigen Paste“ beschichtet werden. Damit ist das Problem laut VW gelöst.

Die größten Vorteile der HT-PEM-Zelle sind der geringere Kühlbedarf und die fehlende Gasbefeuchtung, aber auch eine geringere Empfindlichkeit gegenüber Katalysatorgiften wie Kohlenmonoxid. Insgesamt könne man auf rund ein Drittel der Systemkomponenten gegenüber einer NT-PEM-Zelle verzichten. Damit könnte ein Wasserstoffauto leichter und billiger werden. Mit fast 0,9 Watt pro Quadratzentimeter (W/cm2) hat die HT-PEM-Zelle von VW auch fast die Leistungsdichte der NT-PEM-Zellen erreicht, die derzeit bei etwa 1,15 W/cm2 liegt. Mit der VW-Brennstoffzelle sind so theoretisch Fahrleistungen von über 190 km/h möglich und auch bei sechs Prozent Steigung sollten noch 100 km/h drin sein. „Die Leistungsdichte liegt jetzt auch nicht mehr in unserem Fokus“, sagt Frank Seyfried, Leiter der VW-Brennstoffzellenforschung, „sondern die Marktreife.“ Die Alltagstauglichkeit sei grundsätzlich nachgewiesen, trotzdem brauche man wohl noch sieben bis zehn Jahre, bevor HT-PEM-Zellen auf die Straße kommen.

Doch schon jetzt sieht Wolfgang Steiger im Wasserstoff- und Brennstoffzellenantrieb nur einen Zwischenschritt: „Ultimatives Ziel ist das Batteriefahrzeug.“ Wasserstoff mache nur Sinn, wenn er aus regenerativen Energiequellen komme. Wenn aber geeignete Batterien zur Verfügung stünden, sei es ganz logisch, dass die nachhaltiger seien. „Dann würden wir den Wasserstoff hier auch ganz schnell wieder vergessen.“ (wst)