Vorstellung: Mercedes E-Klasse Facelift 2020
Vier Jahre nach dem Start wird die E-Klasse ĂĽberarbeitet. Motoren und Infotainment standen dabei im Vordergrund

(Bild: Mercedes)
Man kann nun wirklich nicht sagen, dass es in der gehobenen Mittelklasse keine Versuche gegeben hätte, den deutschen Vertretern Konkurrenz zu machen. Renault lieferte interessante Ansätze, Peugeot einige sehr elegante, Citroën extrovertierte Beiträge, aus Italien kamen eigenwillige Ideen, aus Asien technisch gut gemachte und von Volvo erfrischend konservative Autos. Manch ein Anlauf hätte mehr Aufmerksamkeit verdient, doch in dieser Klasse bleibt es dabei: Die Deutschen sind hier eine offenbar schwer zu knackende Macht.
Mercedes befindet sich mit der E-Klasse hier also in einem Verteidigungsmodus, wobei die aktuelle Ausgangsbasis ihren Platz an der Sonne durchaus verdient hat. Die Baureihe W213 ist ein feines Auto. Die Modellpflege, Daimler-intern nicht ohne Humor schon seit geraumer Zeit „Mopf“ genannt, setzt vor allem bei zwei Bereichen an, die niemals fertig sein werden: Den Antrieben und der Unterhaltungselektronik.
Plug-in-Hybride werden breiter verteilt
Bislang gab es zwei Plug-in-Hybride, einen Benziner und einen Diesel. Mercedes baut das Angebot kräftig aus. Insgesamt sieben sollen es künftig sein, wobei damit nicht sieben Plug-in-Hybrid-Antriebe gemeint sind, sondern sieben Kombinationen. Bisher gab es den Plug-in-Hybrid mit Benziner nur in der Limousine. Künftig hat der Kunde hier eine viel breitere Auswahl, darunter auch die Kombination aus PHEV und Allradantrieb. Das Leistungsspektrum der Benziner liegt zwischen 115 und 320 kW, bei den Dieselmotoren ist die Spanne mit 118 und 243 kW kaum kleiner. Die Erweiterung bei den Benzinern nach unten ist bemerkenswert, denn bislang hat Mercedes diese Maschine dem deutschen Markt vorenthalten. Wer mehr Leistung als die 320 kW haben will, muss sich etwas gedulden, noch kräftigere AMG-Versionen werden vermutlich noch in diesem Jahr nachgereicht.
Mercedes E-Klasse Facelift 2020 (23 Bilder)

Im Mittelpunkt soll die Kombination aus dem Zweiliter-Vierzylinder (intern M 254) und einem 15-kW-E-Motor mit 180 Nm stehen. Der neue Benziner ist modular aufgebaut und gleicht technisch dem seit 2017 gebauten Sechszylinder (M 256). Neu sind hier unter anderem die Trompetenhonung der Zylinderwände und ein Segmentlader mit Flutenverbindung, der eine Weiterentwicklung der Twin-Scroll-Lader ist. Zusätzlich verbaut Mercedes einen sehr schnell ansprechbaren, elektrischen Zusatzverdichter, der beim Beschleunigen auf niedrigen Drehzahlen rasch Druck aufbauen kann. Vier- und Sechszylinder haben einen Einzylinder-Hubraum von 500 cm³ – BMW ist diesen Weg schon vor längerer Zeit gegangen. Auch dort haben die Vierzylinder zwei und die Sechszylinder drei Liter Hubraum.
Grundsätzlich kann eine Mildhybridisierung im Zyklus den Verbrauch senken. Große Sprünge sind in der E-Klasse gegenüber den vergleichbar starken Vorgängern mit 190 kW (E 300) und 220 kW (E 350) allerdings nicht zu erwarten, denn beide werden seit einiger Zeit nur noch mit der sanften Unterstützung angeboten. Ziel ist dabei nicht die rein elektrische Fortbewegung, die in dieser Generation nicht mehr kommen wird, sondern eine Lastpunktverschiebung. Der Benziner soll möglichst oft im sogenannten Bestpunkt arbeiten. Liegt die Last darunter, wird eine kleine Pufferbatterie geladen, liegt die Lastanforderung leicht oberhalb des Ideals, wird dem Speicher Strom entnommen und der Startergenerator steuert ein kleines bisschen Leistung bei. Das kommt auch in den Reihensechszylinder (M 256).
Vier Filter
Bei den Dieselmotoren hat Mercedes die Abgasnachbehandlung erweitert. Es ist schon bemerkenswert, was fĂĽr ein Aufwand in dieser Hinsicht mittlerweile betrieben wird. Am Anfang der Kette steht ein Speicherkat, ihm folgt ein Partikelfilter mit einer Beschichtung, die NOx reduzieren soll. Darauf folgen zwei SCR-Kats. Man darf davon ausgehen, dass Stickoxide am Ende dieses Endrohres kein Thema mehr sind, fĂĽr das ein SelbstzĂĽnder an den Pranger gestellt werden mĂĽsste. Es verdeutlicht andererseits aber auch, dass der Diesel mittelfristig in Klassen mit kleinerer Marge kaum noch eine Chance haben wird.
Infotainment: MBUX nun auch hier
Nachgelegt hat Mercedes auch beim Infotainmentsystem. Hier war die A-Klasse mit MBUX 2018 weit enteilt, jetzt bekommt auch die E-Klasse das moderne System. Äußerlich wird das schon an den serienmäßigen Bildschirmen deutlich. Das Kombiinstrument ist nun stets ein Display, die Version mit realen Zeigern ist Vergangenheit. Der serienmäßige Bildschirm in der Mitte wächst von 8,4 auf 10,25 Zoll, gegen Aufpreis ist er, wie bisher, 12,3 Zoll groß. Hier wird sich für die meisten nicht viel ändern, denn schon bislang beließ es kaum ein Kunde bei der Serienausstattung.
Hört aufs Wort
Der größte Fortschritt gegenüber dem alten Angebot ist aber die deutlich erweiterte Sprachsteuerung. Dafür muss sich der Nutzer nicht mehr feste Befehle merken, sondern kann – in gewissen Grenzen – frei seinen Wunsch formulieren. Dieser wird mit einem Tempo und einem Verständnis umgesetzt, an dem viele andere Hersteller noch arbeiten.
Gespannt darf man sein, wie sich die Serienausstattung im Detail entwickelt. Ob ein Navigationssystem dazu gehören wird, ist ungewiss. Ab 2021 muss ein terrestrisches Digitalradio ohne Zuzahlung dabei sein, was mit einem DAB+-Empfänger umgesetzt wird. Möglicherweise integriert Mercedes DAB+ mit dieser Modellpflege gleich. Aktuell kostet das in der E-Klasse immerhin fast 400 Euro.
Steigende Preise
Fest steht schon jetzt, dass die kleine Ausbaustufe der LED-Scheinwerfer künftig inklusive ist. Am realen Angebot wird das nichts ändern, denn schon bisher lief kaum ein aktueller W213 mit Halogenlicht vom Band. Die LED-Scheinwerfer waren in einem der Pakete enthalten, die ohnehin fast jeder Kunde mitbestellt. Natürlich wird sich Mercedes die bessere Serienausstattung vergüten lassen. Der aktuelle Basispreis liegt bei 46.113 Euro für einen vergleichsweise dürftig ausgestatteten E 200d. Es braucht keine Luxusansprüche, um den Listenpreis auf deutlich mehr als 50.000 Euro anzuheben.
Mit einem kräftigen Zuschlag im Rahmen dieser Mopf darf gerechnet werden, denn erstens befindet sich Daimler wirtschaftlich zwar nicht in Schieflage, aber doch in unruhigem Fahrwasser. Konzernchef Ola Källenius hat ein heftiges Sparpaket angekündigt. Zweitens waren die schon bisher fürstlichen Preise für die E-Klasse kein Erfolgshindernis. Ganz im Gegenteil: Anders als die ähnlich teure, deutsche Konkurrenz hat die E-Klasse einen erstaunlich hohen Anteil von rund 25 Prozent privater Zulassungen. Die nachgeschärfte E-Klasse dürfte daran anknüpfen können.
(mfz)