Cuiiliste.de: Wie ein Schüler sich für Transparenz bei Domain-Sperren einsetzt​

Ein Schüler betreibt zusammen mit Freunden die Website Cuiiliste.de. Damit möchte er für mehr Transparenz bei urheberrechtlich gesperrten Domains sorgen.

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Website von Cuiiliste.de mit zwei Sprechblasen darüber, die anzeigen sollen, dass es sich um ein Interview handelt.

(Bild: cuiiliste.de)

Lesezeit: 6 Min.

Direkt zu Beginn des Projekts "Clearingstelle Urheberrecht im Internet" (CUII) hatten Experten wie Felix Reda Kritik geübt. Derartige private Netzsperren ohne Gerichtsbeschluss, dafür aber mit Einverständnis der für die Sicherung der Netzneutralität zuständigen Bundesnetzagentur, würden den Weg für weitere außergerichtliche Einschränkungen der Kommunikationsfreiheit ebnen, so Reda.

Auch ein Schüler, der sich Damian nennt, hat die Kritik zusammen mit seinen Freunden aufgegriffen, nachdem ihm eine Liste über gesperrte Domains zugespielt wurde. Dafür betreiben sie eine Website, die alle von der CUII gesperrten Domains auflistet. Die Bundesnetzagentur prüft bei den Domains "lediglich die Vereinbarkeit der von der CUII empfohlenen DNS-Sperren mit der Netzneutralität", wie es auf Anfrage von heise online heißt.

Damian berichtet seit Ende August von 41 nicht mehr gesperrten Domains. Gegenüber heise online gibt die CUII an, von August 2024 bis heute für das Entsperren von rund 55 Domains verantwortlich zu sein. Bis jetzt habe sie "für über 180 Domains eingerichtete DNS-Sperren auf Initiative von CUII-Rechteinhabern" wieder aufheben lassen.

Auf die Frage, warum die CUII die von der Sperre betroffenen Domains nicht auflistet, heißt es: "Die gesperrten Domains werden für gewerbsmäßige Straftaten genutzt. Eine Veröffentlichung der Liste würde diese Straftaten noch fördern. Außerdem würde eine Veröffentlichung den kriminellen Domaininhabern ermöglichen, Umgehungsmaßnahmen zu ergreifen".

Sofern der Grund für eine Netzsperre nicht mehr vorliegt, müsse diese auch wieder aufgehoben werden. "Die Rechteinhaber haben sich laut Nr. 9 des Verhaltenskodex der CUII (PDF) dazu verpflichtet, in regelmäßigen Abständen zu prüfen, ob der Grund für die Sperre noch vorliegt, und gegebenenfalls der CUII mitzuteilen, dass die Netzsperre entfallen kann" so eine Pressesprecherin der BNetzA. Derzeit prüft die BNetzA, ob die "Anforderungen für eine netzneutralitätskonforme Sperre" nicht mehr erfüllt sind.

Eine offizielle Liste über die zu sperrenden Websites gibt es nicht, die BNetzA verwies für eine Übersicht auf die Seite des Schülers. Das Programmieren hat er sich selbst beigebracht, anfangs mit Scratch. In der Schule lernt man, abgesehen von der Syntax, nicht so viel über das Programmieren, meint Damian. Wir haben mit Damian, der aktuell einen "kleinen Admin-Job" hat, über die von ihm und seinen Freunden ins Leben gerufene Website gesprochen.

heise online: Warum hast du es dir zur Aufgabe gemacht, über Domain-Sperren zu informieren?

Damian: Ich fand die Seite Cuiiliste.de, die es in der Vergangenheit bereits gab und dann vom Betreiber geschlossen wurde, ziemlich cool. Da wollte ich allerdings mehr Technik hineinbringen und eine automatisierte Version zur Verfügung stellen, die anzeigt, wie und wann welche Seite gesperrt ist. Es war als ein spaßiges Projekt in den Schulferien gedacht, und dann sind wir das angegangen. Ich selbst habe vorher noch nie eine gesperrte Seite gesehen und erst über einen Artikel erfahren, dass es sowas auch in Deutschland gibt. Dann war ich erstaunt, welche Teilnehmer dem Bündnis der CUII angehören.

Es hat auch schon Fälle gegeben, in denen Seiten gesperrt wurden, die nicht gesperrt werden durften. Nach unseren Recherchen waren 41 Domains zu Unrecht gesperrt (Stand 23.08.2024), teilweise seit zwei Jahren. Als ich die CUII fragte, warum Serien.sx gesperrt ist, war sie plötzlich entsperrt, eine Antwort erhielt ich allerdings nicht. Nachdem ein Journalist von Netzpolitik.org eine weitere Nachfrage gestellt hatte und auch Burningseries.tw erwähnte, wurde diese ebenfalls entsperrt. Seit Ende August sind, vermutlich aufgrund der Berichterstattung, 39 der 41 zu Unrecht gesperrten Domains entsperrt worden.

Wie geht ihr vor?

Wir fragen mit unserem Skript jede Minute bei den Internetanbietern nach, ob es die Domain gibt, und an der Antwort können wir dann erkennen, ob die immer noch gesperrt ist. So können wir sogar sehen, wann welcher Internetanbieter eine Domain entsperrt.

Warum übst du Kritik an der CUII?

Mein Hauptkritikpunkt an der CUII ist, dass hier eine private Stelle entscheidet, welche Seiten gesperrt werden und die aktuell gesperrten Domains "geheim" hält.

Doch auch die fehlende Transparenz ist problematisch. Es gibt nicht einmal eine offizielle Liste über die gesperrten Seiten. Die CUII ist eigentlich auch dazu verpflichtet, ein Monitoring zu betreiben, um sicherzustellen, dass immer noch die Ansprüche über die Domain-Sperren bestehen. Und das war zumindest bei einem Drittel der Seiten nicht der Fall. Zwei Seiten hat die CUII zwar entsperrt, allerdings auch 37 weitere Domains entsperrt, die seit Monaten oder Jahren unrechtmäßig gesperrt waren.

Ist es nicht besser, Seiten dauerhaft zu sperren, auf denen Urheberrechtsverletzungen begangen wurden?

Ich finde DNS-Sperren an sich sehr extrem. Wenn die CUII bei diesen Sperrungen dann auch noch ihren Pflichten nicht nachkommt und die Seiten länger als erlaubt gesperrt werden, sehe ich darin ein extremes Problem. Ebenso ist es problematisch, wenn der Staat beispielsweise Domains zu lange sperrt, auch wenn keine verbotenen Inhalte mehr enthalten sind; dies würde das Grundrecht auf Informationsfreiheit (Art. 5 GG) sehr stark einschränken. Allerdings ist mir bisher nicht bekannt, dass so etwas passiert.

Die CUII ist aber kein Staat, sondern eine private Gruppierung, die unsere Grundrechte nicht schützen muss. Die CUII-Mitglieder müssen sich an die Regeln der Netzneutralität halten – ein Internet, in dem große Firmen kontrollieren, was zugänglich ist, klingt eher dystopisch. Allerdings ist den CUII-Mitgliedern natürlich der Schutz des Urheberrechts wichtig, das manchmal ohne Netzsperren kaum durchsetzbar ist.

Dennoch bin ich der Ansicht, dass Netzsperren zu stark in das freie Internet "eingreifen", besonders bei etwas "relativ harmlosem" wie Urheberrechtsverletzungen. Dass so etwas wie Propaganda sanktioniert wird, kann ich schon eher vertreten. Aber wenn es solche Netzsperren gibt, dann sollten sie auch mit größter Vorsicht eingesetzt werden. Das ist aber derzeit nicht der Fall.

(mack)