Welchen Einfluss hat die Offshore-Windkraft auf Ökosysteme und das Klima?

Seite 3: Schreckhafte Schweinswale oder resiliente Meeressäuger?

Inhaltsverzeichnis

Die Schweinswal-Population ist nicht nur für den Windpark Butendiek von Belang, sondern auch für die Windparks bei Helgoland. Schon beim Aufbau der Parks wurden Maßnahmen umgesetzt, um die Meeressäuger möglichst wenig zu stören. Momentan befindet sich zudem ein weiterer Windpark in nächster Nähe im Aufbau. Kaskasi von RWE. Es werden also wieder Monopiles in den Boden gerammt, Gondeln und Rotorblätter montiert.

Der Aufbau der Anlagen gilt eigentlich als sehr laut. RWE Renewables erklärt allerdings, dass sie für das Rammen nun schon eine angepasste Technik nutzen. Mittels Vibrationsrammung sollen die Schallwellen unter Wasser so stark minimiert werden, dass womöglich vorher begleitend eingesetzte Maßnahmen nicht mehr nötig sein könnten. Untersucht wird das vor Ort durch das Forschungsprojekt VISSKA. Es wird auch vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert.

RWE untersucht andere Techniken, um Monopiles in den Boden einzubringen.

(Bild: RWE)

Was im Gespräch mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von WindMW, aber auch von Siemens-Mitarbeitern im selben Gebäude, klar wird, ist, dass man immer wieder über das eigene Tun und die Einflüsse auf die Umwelt nachdenkt. Mitunter zeigen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unzufrieden, wenn sie von mittlerweile erprobten, schonenderen Techniken für Meeressäuger und andere Tiere erfahren. Das betrifft auch die Milderungsmaßnahmen, die man noch anwandte, als die Windräder in Meerwind Süd | Ost aufgestellt und dort Rammarbeiten durchgeführt wurden.

Um Meeressäuger vor der Lautstärke Unterwasser beim Rammen der Monopiles zu schützen, wurde beim Aufbau von Meerwind Süd | Ost eine Luftblasen-Technik eingesetzt. Während der Rammprozesse legten hierfür weitere Schiffe Schläuche ins Wasser, die Luftblasen aufsteigen ließen, um Schallwellen unter Wasser abzuschwächen. Hierfür wurden mehrere Luftblasen-Wände nebeneinander gelegt.

Die Luft wurde allerdings über Diesel-Generatoren Unterwasser gepumpt. Außerdem schwemmten diese Arbeiten Seesterne an die Wasseroberfläche. Ein WindMW-Mitarbeiter stellte in diesem Zusammenhang die Frage, ob es ein Ungleichgewicht bei der Betrachtung der Meerestiere vor Ort gibt. Er sähe, dass viel für die Schweinswale getan werde, aber um die Population der Seesterne macht er sich ebenso Gedanken.

Trotz der Geschäftigkeit im Kaskasi-Park nebenan sichten die WindMW-Mitarbeiter auch in diesem Sommer wieder Schweinswale bei ihren Anlagen. Die Meeressäuger lassen sich offenbar nicht signifikant von den Bauarbeiten nebenan stören – oder den danebenliegenden Militärflächen. Rund um die Windparks bei Helgoland werden regelmäßig Gefechtsübungen durchgeführt, also etwa Boote rausgeschleppt und attackiert. Dazu kommen noch die regelmäßigen Fahrten von touristischen Schiffen und Schiffen für den internationalen Handel, die an vielen Orten in der Nordsee stattfinden.

Ob die Windparks Ökosysteme verändert oder stabilisiert haben, eher förderlich oder schädlich sind, untersuchen auch mehrere Forschungsinstitute immer wieder. 2013 etwa startete das Land Niedersachsen ein Pilotprojekt zur Ansiedlung des Europäischen Hummers im Offshore-Windpark "Riffgat". Der Windpark in der Nähe von Borkum wurde im Sommer 2013 eingeweiht.

Forschende des Alfred-Wegener-Institut (AWI) und des Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, starteten mit der Aufzucht von 3.000 Hummern, die im Jahr 2014 ausgewildert werden sollten. Es sollte untersucht werden, ob sich die Hummer erfolgreich im Windpark ansiedeln. Hummer benötigen tagsüber ein Versteck, da sie nachtaktiv sind. Die Forschung wurde finanziert aus der Ersatzgeldanzahlung nach Naturschutzrecht für den Windpark. In diesem Fall kostete die Hummeransiedlung knapp 700.000 Euro.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes YouTube-Video (Google Ireland Limited) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Google Ireland Limited) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Wie das AWI ausführte, entstehen "mit dem Bau von Windparks auf hoher See [...] am Meeresgrund der Nordsee neue Strukturen. Sand- und Schlickböden dominieren den Untergrund in der Deutschen Bucht, Windräder bieten dort als so genanntes Hartsubstrat anderen Lebensgemeinschaften einen neuen Siedlungsraum."

Prof. Dr. Heinz-Dieter Franke, damals AWI-Biologe auf Helgoland, erklärte dazu 2013 auch: "Die in großer Zahl in den nächsten 15 Jahren in der Deutschen Bucht entstehenden Windparks stellen zwar einerseits einen Eingriff in das Ökosystem dar, könnten aber auch mit Maßnahmen zu einer ökologischen Aufwertung verbunden werden." Dies geschehe etwa auch dadurch, dass die Parks für die industrielle Fischerei gesperrt würden. Dies gebe der wirbellosen Bodenfauna einen dringend benötigten Schutz- und Erholungsraum. Zudem könnten in ihrem Bestand bedrohte Bewohner von Hartböden zusätzlichen Lebensraum erhalten. Dies gilt auch für die Population des Europäischen Hummers in der Deutschen Bucht, die im Wesentlichen auf das Felsgebiet um Helgoland beschränkt ist.