Whoop-Forschungschefin zum Dauer-Tracking: "Nie einen Herzschlag verpassen"

Gesundheitssensoren stecken heute in vielen Geräten. Der Anbieter Whoop will ein möglichst umfassendes Bild zu erhalten, sagt Forschungschefin Kristen Holmes.

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Whoop 4.0

Whoop 4.0: Der aktuelle Sensor der Firma.

(Bild: Whoop)

Lesezeit: 11 Min.
Inhaltsverzeichnis

Es muss nicht immer eine Apple Watch, eine Pixel Watch oder eine Samsung-Uhr sein: Die vor zwölf Jahren gegründete US-Firma Whoop glaubt an spezialisierte Fitness-Tracker. Im Interview mit heise online spricht Kristen Holmes, Principal Scientist und Vizepräsidentin bei der Firma, über die Frage, ob sich ein 24-Stunden-Tracking lohnt – und warum die Sensortechnik sich scheinbar nur langsam weiterentwickelt.

Kristen Holmes ist Principal Scientist bei Whoop und Leiterin des Bereichs "Human Performance" bei der Fitness-Tracker-Firma.

(Bild: Whoop)

heise online: Es gibt viele günstige Fitness-Tracker auf dem Markt – neben der Tatsache, dass Smartwatches großer Anbieter wie Apple, Google oder Samsung sehr beliebt sind. Warum sollte jemand ein Produkt wie Whoop in Betracht ziehen, das vergleichsweise minimalistisch daher kommt?

Kristen Holmes: Für mich persönlich ist es der Formfaktor. Mir gefällt die Idee, dass es auf unserem Gerät keinen Bildschirm gibt. Das Letzte, was ich brauche, ist etwas, das ständig an meinem Handgelenk summt. Ich brauche nicht noch mehr Geräte, von denen aus ich E-Mails senden oder Anrufe entgegennehmen kann. Mir geht es darum, Ablenkungen zu begrenzen. Außerdem gibt es bei uns eine Ebene der Personalisierung, die uns von der Konkurrenz abhebt.

Grundsätzlich haben wir unserer Ansicht nach außerdem die besseren Daten, die unsere Algorithmen füttern. Wir wissen mittlerweile sehr viel darüber, wie Ihr Körper beispielsweise auf Stress reagiert und sich anpasst; gleiches gilt für unsere Fähigkeit, Schlaf abzubilden. Aufgrund der Genauigkeit unserer Herzfrequenz- und Herzfrequenzvariabilitätssensoren können wir daraus Erkenntnisse ableiten, die es uns ermöglichen, Menschen effektiver zu trainieren. Ich denke, das sind die Punkte, an denen wir uns wirklich von der anderen unterscheiden.

Eines der Probleme von Fitness-Trackern ist nach wie vor, dass sie regelmäßig aufgeladen werden müssen.

Whoop hat den Vorteil, dass man es die ganze Zeit tragen kann. Eine Apple Watch Ultra kann man beispielsweise drei Tage lang anbehalten, aber irgendwann muss man sie abnehmen, um sie aufzuladen. Ein Whoop muss zwar auch aufgeladen werden, aber man muss ihn dabei nicht abnehmen. Man setzt den Akku auf das Gerät, während man es trägt – und wenn der Ladevorgang abgeschlossen ist, nimmt man ihn ab und kann ohne ihn weitermachen. So verpasst das Gerät keinen einzigen Herzschlag.

Was ist der Vorteil daran, ständig Daten zu erhalten?

Smartwatches versuchen, zu viel auf einmal zu tun. Wenn sie beispielsweise eine Textnachricht erhalten oder eine E-Mail versenden, können sie nicht auch noch genaue Herzfrequenzdaten erfassen. So entstehen ständig Lücken mit fehlenden Daten. Und wenn es solche Lücken mit fehlenden Daten gibt, kann man die zwar mit Bayesscher Statistik auffüllen, aber im Allgemeinen sind diese Produkte deshalb weniger genau.

Auch wenn Sie laufen und das Gerät nichts anderes tut, als nur Daten zu sammeln, sehen wir anhand der unabhängigen Validierungsstudien, die wir durchführen lassen, dass sie immer noch relativ ungenau sind. Wenn Sie dann als Firma Ihre Algorithmen auf fehlende Hardwaredaten anwenden, erhöht dies die Ungenauigkeit weiter. Bei Whoop werden Daten rund um die Uhr erfasst. Wir sind nie offline, solange die Hardware aufgeladen ist und richtig getragen wird.

Es scheint, als seien die Innovationen im Bereich der Gesundheitssensoren zunächst gestoppt worden. Es gibt beispielsweise immer noch keine Blutzuckermessung oder Blutdrucküberwachung auf der Apple Watch. Auch Whoop bietet diese Funktionen bislang nicht. Warum dauert das alles so lange?

Ich denke, das liegt im Allgemeinen auch an regulatorischen Fragen. Das ist in den USA der Fall und, wie ich glaube, auch in Europa. Bei diesem Thema muss man bei einer möglichen Diagnose sehr vorsichtig sein. Wenn man sich also die Blutzucker- und Blutdruckdaten ansehen will, können diese derzeit nur Teil sogenannter Wellness-Produkte sein, die keine Medizingeräte darstellen. Um sie genauer zu machen, wird es knifflig. Ich glaube aber, dass die Sensortechnologie irgendwann so weit sein wird.

Whoop hat ein recht spezielles Geschäftsmodell. Sie verkaufen nicht wirklich Hardware, sondern Abonnements für Ihre Dienste, die die Hardware einschließen. Wie kam es dazu?

Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir eigentlich ein Daten- und Analyseunternehmen sind und keine Hardwarefirma. Ich denke, dass die meisten Tracker heutzutage über eine sehr ähnliche Sensortechnologie verfügen und dies nicht mehr wirklich das Unterscheidungsmerkmal ist, solange die Sensoren genau sind und sie rund um die Uhr genügend Daten erhalten.

Für uns geht es also mehr um die Softwarefunktionen, die wir anbieten können – und dafür zahlen die Nutzer. Ständig werden neue Features eingeführt. Unser oberstes Ziel ist es, sicherzustellen, dass wir uns mit der Wissenschaft fortentwickeln und den Menschen dabei helfen, ihre Gesundheit und ihr Leistungsniveau zu managen. Wir wollen als Unternehmen nicht einfach bei der früheren Version stehen bleiben.

Die Leute zahlen ihre Abogebühren also für unsere Forschung und die Arbeit, die unser Unternehmen täglich leistet, um unsere Coaching-Funktionen und Algorithmen weiterzuentwickeln. Whoop arbeitet mittlerweile ebenso als Stress-Monitor wie als Strain-Coach und wir wollen über die Daten in der Lage sein, die muskuloskelettale Belastung zu quantifizieren. Gleichzeitig versuchen wir, unser Schlaftracking ständig genauer zu machen. So können wir den Leuten ein viel detaillierteres Feedback geben.