Wie der Klimawandel Japans Sushi- und Fischkultur herausfordert

Im besten Fischgebiet der Welt vor Japans Küste sind die Temperaturen rasant auf Rekordwerte angestiegen. Die Auswirkungen auf die Fischbestände sind drastisch.

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Fischauktion in Japan

Fischauktion in Japan.

(Bild: Oscar Espinosa / Shutterstock)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Kölling

Japanische Sushi sind weltbekannt. Doch der Klimawandel hinterlässt bereits deutliche Spuren in den reichen Fischgründen der ostasiatischen Inselregion – mit möglichen Folgen für die japanische Küche. Erst in diesem Monat wurde auf der nordjapanischen Insel Hokkaido ein riesiger Schwarm toter Makrelen angespült. Experten wollten zwar nicht pauschal die Erderwärmung dafür verantwortlich machen. Aber es gibt andere Indizien für eine rasante Veränderung der maritimen Biotope.

So beobachtet das Ministerium für Landwirtschaft und Fischerei seit Jahren, dass deutlich weniger pazifische Makrelenhechte, japanische Flugkalamare und Lachse gefangen werden. Massensterben von Jakobsmuscheln und Austern sowie geringere Ernten von kultiviertem Seetang aufgrund einer kürzeren Anbausaison verschärfen die Situation. Denn die Klimaerwärmung macht auch vor den Meeren nicht halt.

Sicherlich gibt es auch positive Nachrichten für Japans Fischer. Die Fischereikommission für den westlichen und mittleren Pazifik hat Japan diese Woche erlaubt, mehr Roten Thunfisch zu fangen als bisher, da sich die Bestände erholt haben. Aber auch das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es an der Küste zu drastischen Veränderungen der Fischgründe kommt.

Eine der Hauptursachen für die Trends ist die Veränderung der Meeresströmungen, die für Japans Fischreichtum verantwortlich sind. In Japan, das von der Tiefsee umgeben ist, treffen kalte und warme Strömungen aufeinander und schaffen so Lebensraum für viele verschiedene Fischarten.

Die Kuroshio-Strömung, die normalerweise warmes Wasser vom Süden entlang der Ostküste der Hauptinsel nach Norden transportiert, hat sich allerdings seit 2019 immer weiter nach Norden verlagert. Dies führt zu rekordverdächtig hohen Wassertemperaturen, die als "ozeanische Hitzewellen" bekannt sind.

Besonders betroffen ist die Küste der Region Sanriku, 350 Kilometer nördlich von Tokio. Dort lagen die Wassertemperaturen in 300 Metern Tiefe sieben bis acht Grad über dem Normalwert, das Wasser nahe der Meeresoberfläche war immer noch mehr als fünf Grad wärmer. Laut Professor Shoshiro Minobu von der Universität Hokkaido ist die Wassertemperatur nach derzeitigem Kenntnisstand in keinem anderen Meeresgebiet so stark angestiegen.

Die Auswirkungen auf die Fischerei sind drastisch. Vor der nordjapanischen Insel Hokkaido und in der Region Sanriku sind die Lachsbestände auf ein Rekordtief gesunken.

An der Küste der Präfektur Iwate liegt die Lachsrückkehr bei nur etwas mehr als einem Prozent des Durchschnittswertes vor dem Mega-Erdbeben von 2011, als ein riesiger Tsunami mehr als 15.000 Menschen tötete und im Atomkraftwerk Fukushima 1 eine nukleare Katastrophe auslöste. Für die Fischer ist dabei nur ein schwacher Trost, dass andere Fische wie Bonito und Weißer Thun, die in wärmeren Gewässern leben als im kühlen Norden, nun vermehrt in den Netzen landen.

Ein weiteres Problem ist die Versauerung der Meere, die durch einen erhöhten Anteil von Kohlendioxid im Wasser verursacht wird. Austern, Jakobsmuscheln, Seeigel, Krabben und Krebse, beliebte Zutaten der japanischen Meeresküche, drohen von den Speisekarten zu verschwinden.

Die japanische Regierung und Wissenschaftler suchen inzwischen nach Möglichkeiten, die Fischerei an die Veränderungen anzupassen. Verstärkte Forschung zu den Auswirkungen des Klimawandels ist ein Aspekt. Dabei geht es auch um die veränderte Durchmischung verschiedener Meeresschichten mit unterschiedlichem Salzgehalt. "Um solche Veränderungen in der Umwelt zu erfassen, ist es wichtig, sie kontinuierlich mit Forschungsschiffen und Satelliten zu überwachen“, heißt es im jüngsten Weißbuch der Fischereibehörde.

Außerdem betont das Ministerium, dass gleichzeitig Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel notwendig sind. So entwickelt das Ministerium in Zusammenarbeit mit Universitäten Methoden zur Auswilderung von Junglachsen. Beim Anbau von Seetang, einem wichtigen Bestandteil der japanischen Küche, werden Sorten gezüchtet, die auch bei höheren Wassertemperaturen wachsen können. Denn die Ernten haben in den letzten Jahren stark gelitten. Ob die Anpassungen ausreichen, um eine Krise der Fischerei abzuwenden, ist noch unklar. Sicher ist jedoch, dass sich die japanische Fischzucht mit dem Klimawandel verändern wird.

(jle)