WirVsVirus: Beatmungsgerät im Eigenbau

Seite 2: Die Mechanik

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“Jeder soll es nachbauen können – die Daten sind frei zugänglich und die Elektronikkomponenten weltweit kostengünstig und in hohen Stückzahlen verfügbar. Die mechanischen Teile kann man traditionell oder mit 3D-Druck anfertigen”, sagt Gerlinde Michel, Medizintechnikerin.

Zutatenliste mit Zielkosten von unter 300€
  • Rahmen aus 3D-Druck (GitHub)
  • Gehäuse aus Plexiglas oder besser PE (GitHub)
  • Schrittmotor mit Aufnehmer zum Antrieb eines Gurtes
  • Beatmungsbeutel mit O2 Anschluss (Medizinprodukt, ca. 15€)
  • Atemluftfilter (wichtig!), Atemschlauch und Maske (Medizinprodukt, ca. 10€)
  • IoT Octopus (oder ESP8266) mit Arduino Bootloader
  • Sensor BME680 zur Atempuls Überwachung (eCO2, VOC, Humidity)
  • Encoder für die Schrittmotorenüberwachung
  • Encoder für die Parametereinstellung, wichtig mit “Drück”-Funktion
  • Adafruit Featherwing Motor Treiber zur Ansteuerung des Schrittmotors

Optional:

  • LiPO Akku mit Ladeschaltung zur gepufferten Stromversorgung
  • Sparkfun SPO2 Sensor zur Messung des Blutsauerstoffgehaltes und Herzfrequenz
  • Luftmassesensoren zur Messung des Luftvolumens für den Einatem- und den Ausatem-Zyklus

Der Ambu-Beutel, nach der Firma benannt, die in den 1950er Jahren dieses Gerät erfunden hat, ist ein handelsüblicher Beatmungsbeutel. Diese sind sowohl als Einmalprodukt als auch in mehrfach verwendbaren Versionen erhältlich. Je nach Materialeigenschaften könnten die Einmalprodukte auch limitiert aufbereitet und wiederverwendet werden. Sie sind weltweit in ausreichender Zahl vorhanden.

Das händische Zusammenpressen zum Erzeugen des notwendigen Luftdrucks wird hier von einem Schrittmotor ausgeführt, welcher über ein Band die Luft aus dem Beutel in die Lungenflügel drückt. Dieser Beutel wird durch ein Programm so angesteuert, dass eine regelmäßige, unterstützende Beatmung erfolgen kann. Alle weiteren Komponenten wie Schläuche, Filter für die Atemluft und die Atemmaske sind medizinische Produkte.

3D-Modell basierend auf einem Open-Source-Vorschlag

(Bild: Jonas Ohnemus)

Dabei ist die Herausforderung, die Risiken der mechanischen Beatmung soweit zu kontrollieren, dass keine zusätzlichen Schäden am Patienten entstehen. Ist etwa der Luftdruck zu hoch, kann der Lungenflügel reißen, ein sogenannter Pneumothorax entsteht. Auch die Lungenbläschen (Alveolen) können durch Überdruck oder zu rasche Druckveränderungen geschädigt werden.

Ist das Beatmungsgerät nicht sauber, besteht die Gefahr, dass dadurch weitere Keime tief in die Lunge eingetragen werden. Daneben sorgt auch eine längere Beatmung für Veränderungen im Körper. Er gewöhnt sich daran, dass er das nicht mehr selber machen muß. Der eigene Atemantrieb muss in der Folge wieder mühsam erlernt werden.