Analyse zum Apple Event: 6 Tops und 5 Flops rund um iPhone 15 und Co.

Großer Wurf oder kleines Update? Apple hat das iPhone 15, die Apple Watch Series 9 und die Ultra 2 vorgestellt. 6 Tops und 5 Flops aus Sicht von Malte Kirchner.

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Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

Derjenige, der mit Apple nichts am Hut hat, dürfte über so große Innovationen wie USB-C und 5-fach-Zoom beim iPhone sicherlich eher schmunzeln. Ja, das iPhone 15 ist vor allem eine Verneigung vor Bestandskunden, die ihr geliebtes Apple-Ecosystem mit der iCloud, iOS und all den Diensten mit neuer, zeitgemäßer Hardware kombinieren möchten, zumindest beim 15 Pro und 15 Pro Max. Wechselwillige werden wohl nicht in Scharen die Apple Stores stürmen. Macht aber nichts. Für langjährige Apple-Nutzer sind einige der Veränderungen umso mehr ein Grund zur Freude und dürften Apple gute Umsätze bescheren.

Ein Kommentar von Malte Kirchner

Malte Kirchner ist seit 2022 Redakteur bei heise online. Neben der Technik selbst beschäftigt ihn die Frage, wie diese die Gesellschaft verändert. Sein besonderes Augenmerk gilt Neuigkeiten aus dem Hause Apple. Daneben befasst er sich mit Entwicklung und Podcasten.

Hier 6 Tops und 5 Flops in einer ersten Kurzanalyse:

  • USB-C: Nein, Lob für große Innovationskraft gebührt Apple sicher nicht für den längst überfälligen Wechsel vom eigenen Lightning-Anschluss zu USB-C. Nachdem sich der Kreis mit Macs, iPad Pro und selbst der Fernbedienung des Apple TV geschlossen hat, war absehbar, dass das iPhone im Herbst folgen wird. Aber aus Sicht vieler Apple-Nutzer ist USB-C beim iPhone ein Grund zur Freude. Das Einpacken der Kabel für unterwegs wird endlich einfacher. Und Besitzer von Pro-Modellen können endlich schneller große Datenmengen bewegen, wenn auch nur mit USB 3.
  • Periskop-Kamera: Ein stärkeres Teleobjektiv stand lange auf der Wunschliste der iPhone-Fotografen. 5-facher Zoom ist eine gemessen an den Vorjahren doch spürbare Erhöhung des bisher maximal möglichen. Klar, iPhone-Fotografen sind genügsam und wissen darum, dass andere Hersteller längst im zweistelligen Tele-Bereich unterwegs sind. Aber jetzt gibt es das endlich auch im Verbund mit iOS und dem Apple-Ökosystem.
  • Spatial Video: Räumliche Videos gehören zu den großen Aha-Effekten der Apple Vision Pro, die Anfang 2024 in den USA erscheinen soll. Die Aufnahme von Videos nur mit der Brille zu ermöglichen, fanden einige etwas eigenartig. Glücklicherweise macht Apple das iPhone 15 Pro (Max) frühzeitig zukunftstauglich und ermöglicht die Aufnahme dieser Videos mit Tiefeneffekt. Wir hätten das erst später erwartet.
  • Dynamic Island für alle: Apples raffiniertester Marketinggag des vergangenen Jahres kommt jetzt auch auf die Standard-Modelle. Entwickler wird es freuen – der Einsatz des Bild-in-Bild-Mini-Displays, das eigentlich nur Frontkamera und Sensoren kaschieren soll, lohnt dann umso mehr. Das App-Angebot mit nützlichen Anwendungen dürfte bald noch mehr werden. Überhaupt bekommen die Standard-Modelle des iPhone 15 lobenswerterweise mehr Funktionen, die im Vorjahr noch den Pro-Modellen vorbehalten waren.
  • Action-Button: Soweit ist es schon, dass wir im Jahr 2023 einen zusätzlichen Hardware-Knopf abfeiern. Aber die Idee eines multifunktionalen Buttons hat schon auf der Apple Watch Ultra positiv verfangen. Der Sprung hin zu Apples Pro-iPhones ist nur konsequent. Man möchte ihn einfach drücken.
  • Apples Umweltbemühungen: Apple hat das Umweltthema schon gespielt, als andere Hersteller es noch belächelten. Natürlich ist da auch einiges sehr PR-lastig und zu hinterfragen. Aber gewisse Erfolge auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit wie die CO₂-neutrale Herstellung von Geräten sind Apple nicht abzusprechen. Auch dem Leder geht es buchstäblich an selbiges. Wir wissen nicht, wie viele sich zuletzt noch den Luxus der teuren Apple-Schutzschale aus Kuh oder ein Lederarmband für die Uhr gegönnt haben. Aber dem Aufschrei, dass Apple zugunsten eines veganen Garns dem Leder an selbiges geht, entnehmen wir, dass es offenbar doch noch einige waren. Man kann zu Apples Öko-Initiative stehen, wie man möchte: Zumindest wird der eingeschlagene Weg hiermit konsequent weitergegangen.
  • Das iPhone wird verdeckt teurer: Apple macht das raffiniert. Sinkenden Stückzahlen beim Absatz – die es offiziell natürlich nicht gibt, weil Apple rechtzeitig vor Jahren die Veröffentlichung der Zahlen eingestellt hat – stehen weiterhin gute Umsätze gegenüber. Möglich wird das, weil Apple Interessierte zunehmend zu den teureren Pro-Geräten umleitet. Offiziell werden die Geräte nicht teurer, zumindest in den USA. Doch jetzt geht plötzlich auch noch eine Schere zwischen Pro und Pro Max auf. Wer alle Neuigkeiten und das beste iPhone haben will, muss mehr denn je buchstäblich in den sauren Apfel beißen. Und das 15 Pro Max gibt es nur mit 256 GByte für mehr Geld.
  • Die Farben: Aussehen ist Geschmackssache, aber dieses Jahr könnte Apples Farbpalette auf den ersten Blick auch unter dem Obergriff "Leitz-Ordner-Edition" laufen. Zumindest auf Bildern sehen die neuen Farben eher wenig aufregend aus. Apple-Watch-Fans bedauern es auch, dass sich die Gerüchte über eine dunkle Ultra nicht bewahrheitet haben. “How will people know I upgraded?”, fragen alle Hipster.
  • Zeit für einen anderen Uhrentakt: Die Entwicklungsschritte bei Apples Uhren werden gefühlt immer kleiner. Anerkennend, dass größere Schritte mehr Zeit brauchen, sollte Apple diese sich in Zukunft vielleicht auch mal nehmen. Wo sind endlich neue Gesundheitssensoren? Die Gestensteuerung per Finger gibt es übrigens teilweise schon jetzt in den Bedienungshilfen.
  • Jetzt ziehen die anderen vom Leder: Apples Konsequenz in allen Ehren. Doch es droht bei den Hüllen und Armbändern jetzt womöglich nur eine Verlagerung der Käufer hin zu Drittherstellern, die über das freie (Kuh-)Feld frohlocken dürften. Apples veganen Move sollte man deshalb nicht zu früh feiern – wenn künftig die anderen vom Leder ziehen, droht es zum Greenwashing zu werden.
  • Ein wenig mutlos: Die Vorstellung der Vision Pro im Sommer war auch deshalb so spannend, weil Apple wirklich etwas wagt und ins Risiko geht. Das iPhone-Event mutete dagegen eher konservativ an. Die Änderungen sind maßvoll, teilweise – wie USB-C – wirken sie auch durch äußere Rahmenbedingungen wie EU-Gesetze getrieben. Da geht doch in Zukunft sicher wieder mehr, Apple.

Insgesamt ist die iPhone-15-Generation eine solide Weiterentwicklung. Sie ist auf den ersten Blick ein allenfalls kleiner Schritt für die Smartphone-Industrie, mit USB-C und Periskopkamera aber ein größerer für jene, die sich dem Apple-Universum verbunden fühlen. USB-C hat jetzt endgültig den Ritterschlag als Standard erhalten, die zunehmend nervige Lightning-Hexe ist tot. Und Apple hat für sich selbst einige wichtige Weichen für die Zukunft gestellt.

(mki)